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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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normal, oder?« sagte Dunnagin.
    »Bring ihn hier raus, heilige Mutter Gottes!«
    Dunnagin tanzte in die Hose und hangelte sich ins T-Shirt,
    salutierte mit dem Zeigefinger und lotste mich aus der Tür, die Treppe hinunter und nach draußen.
    Auf Zehenspitzen ging es durch die Gemüsereihen eines
    Victory-Gartens, wobei Dunnagin das dicke Ende meines
    Schlägers hielt. Wir überquerten eine Rasenfläche unterhalb
    von Mister JayMacs Bungalow und landeten in einer
    Sommerlaube in der Nähe eines stattlichen Weihers.
    Die Elshtains in Tenkiller hatten auch so eine Laube. Als Dad
    noch geschreinert hatte, hatte er solche Lauben für Leute aus
    der Stadt gebaut, die einen großen Garten hatten und das
    Bedürfnis, ihren Wohlstand zu zeigen. Im Süden schießen die
    Sommerlauben wie Pilze aus dem Boden. Ich weiß nicht,
    warum. Sie machen nicht viel Sinn – blöde Dinger mit Dach
    aber ohne Wände, mehr zum Herzeigen als zum täglichen
    Gebrauch. Doch Dunnagin zog mich die Stufen hinauf und
    dirigierte meinen Hintern auf eine Bank im Innern der Laube.

    Das Schlagholz hielt ich zwischen den Knien, was aussah, als
    hätte ich einen gewaltigen Ständer. Dunnagin lachte. Ich legte ihn auf den Boden und schob ihn mit dem Fuß unter die Bank.
    »Danke«, sagte Dunnagin und begann auf und ab zu gehen.
    Es war noch nicht ganz dunkel. Erst zwei Sterne funkelten am
    Himmel. Da waren diese typischen Hothlepoya-County-
    Gerüche, die aus der Stadt oder vom Land hereinwehten und
    miteinander stritten. Die gepflügte Erde, die wie fauliges
    Sackleinen roch. Der schwere, süße, keimige Duft aus der
    Goober-Pride-Fabrik, wo die Erdnußbutter gemacht wurde.
    Damals wurde Highbridge von letzterem förmlich
    heimgesucht, vor allem die Fabrikdistrikte an den Bahngleisen.
    In den Wohnvierteln, wo Traubenrüster, Ahornbäume und
    Eichen ein gut Teil des Gestanks aus der unbewegten Luft
    filterten, war es erträglicher. Seither muß ich bei der geringsten Spur dieses Geruchs zuerst an Sommerlauben und dann an
    Highbridge denken.
    »Nur keine Panik, Danny«, sagte Dunnagin, während er
    barfuß auf und ab ging. Seine Hände steckten in den
    Gesäßtaschen. Haufenweise Platz war darin – er hatte so gut wie keinen Hintern. »Bis jetzt hat Jumbo noch keinen
    umgebracht. Er sieht aus wie der Sensenmann in
    Zeppelingröße und Schlachtschiffgrau, aber, ich meine, he, ein Mensch ist er doch, oder?«
    War er das? Schwer zu sagen.
    »Seine Geschicklichkeit im Umgang mit anderen ist nicht so
    entwickelt wie sein Wortschatz, zugegeben, aber das braucht
    dich nicht zu erschüttern – du bist auch kein Mister
    Menschenfreund, wenn ich das richtig sehe, und selbst Harpo*
    hat ‘nen größeren Wortschatz als du.« Er quetschte die
    Gummibirne einer imaginären Hupe: Biep, hieb.
    »Sieh mal«, fuhr Dunnagin fort, »eigentlich müßtest du stolz
    sein, daß er dich genommen hat. Clerval war hier der einzige

    mit einem Einzelzimmer.« Er blieb stehen. Mein Blick klebte
    an seinen Füßen. Dunnagin redete erst weiter, als ich ihm ins
    Gesicht sah. »Mister JayMac hat ihm letztes Jahr diese
    Mansarde gegeben, da war Clerval noch kein Jahr bei uns, und
    eher hätte ich erwartet, daß Hitler auf ‘ner koscheren Party in Miami aufkreuzt, als daß Clerval sich ‘nen Zimmergenossen
    nimmt. Du solltest dich geehrt fühlen. Geradezu auserkoren.«
    Ich bekam Augen so rund wie Radkappen. Irgendwie
    auserkoren kam ich mir schon vor, aber auserkoren wozu?
    »Tja, er ist groß. Sechs Fuß zehn, sieben, vielleicht sieben
    zwei. Schwer zu sagen. Er läßt die Schultern hängen. Größer
    noch als Howie Schultz. Schultz macht den First-Base-Mann
    für Brooklyn. Die Sportreporter nennen ihn ›Kirchturm‹.
    Wurde vom Militär zurückgestellt, weil er zu groß war. Ein
    Grund, warum Mister JayMac es so eilig hatte, ihn unter
    Vertrag zu nehmen – Clerval, meine ich: Er wird nicht
    eingezogen. Außerdem ist er ein guter Outfielder. Ein bißchen
    langsam, mäßiger Aktionsradius, aber ein Champ, wenn es
    darum geht, schlechte Würfe aufzuschaufeln und Bälle aus der
    Luft zu pflücken, an die sonst keiner drankam. Außerdem kann
    er pfeilschnelle Überwürfe stoppen und Bälle aus der Foul
    Line* schnappen, damit sie nicht reinkommen und Extra-Base
    Hits* machen.«
    Ich zog mein Schlagholz unter der Bank heraus. Ich rollte den
    Griff zwischen den Handtellern, her und hin und hin und her.
    »Tja, und schlagen kann er. Auf seine Weise. Letztes Jahr hat sein Schlagschnitt

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