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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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sagte Roper. »Auch wenn
    ich diesen Sauhaufen verlassen muß, ihr hört noch von mir.«
    (Er sollte recht behalten. Im Spätsommer wurde er
    eingezogen – wohl mit ein Grund, warum Mister Jay-Mac ihn
    entlassen hatte – und kämpfte in der Neunten Armee in
    Europa. Heute ist er Kongreßabgeordneter eines Distrikts in
    West-Georgia, die Reinkarnation eines Handlangers der
    nationalen Waffenlobby.)
    Jumbo machte kehrt, um mich zu holen. Roper zog sich zu
    seinen Leidensgefährten am Pokertisch zurück. Falls Jumbo
    Mitleid mit ihnen hatte, zeigte er es nicht. Er packte mein
    Gepäck, das in seiner Hand zu einem Säckchen Murmeln
    wurde, und duckte sich ins Foyer zurück. Während ich ihm
    folgte, wurde mir klar, daß er mindestens sieben Fuß
    emporragte, vielleicht sogar sieben zwei. In Tenkiller war mir noch keiner über den Weg gelaufen, der auch nur annähernd so
    groß war. Sechs Fuß, das waren absolute Riesen. Ehrlich, Lon
    Musselwhite war der größte, den ich je gesehen hatte, bis
    Jumbo auftauchte, und Muscles hatte ich an diesem Morgen
    zum ersten Mal gesehen.

    Jedenfalls war mir nicht geheuer bei dem Gedanken, hinter
    Jumbo die Treppe zu erklimmen. Die Treppe wurde zur
    ∗
    Bohnenstange. Fie-fei-foh-famm. Die Stufen quietschten. Als
    wir den ersten Stock und die Stufen zum zweiten erreicht
    hatten, erschien mir das Haus mit seiner schimmligen
    Vertäfelung, der welligen Bilderleiste und den unebenen
    Hartholzböden allmählich so hellhörig und kraus wie ein
    verwunschenes Schloß.
    Schließlich betraten wir den zweiten Stock. Der Flur hatte die Form eines ›T‹. Wir gingen durch den ›Querbalken‹ zur
    Südwestseite des Hauses. Jumbo schloß die Tür auf und
    deutete mit einem Kopfnicken in den Raum. Das Zimmer war,
    abgesehen von der Küche, das heißeste, das ich in McKissic
    House kannte, und bei weitem das stickigste. Jumbo wies ohne
    ein Wort mit einem Handschlenker in die Ecke unter der
    Dachschräge. Er schleifte eine Zelttuchliege heran, unter der
    ich meine Sachen verstauen und auf der ich schlafen sollte: ein Feldbett aus Camp Penticuff, gekauft oder geklaut. Jumbo
    klappte es auseinander und stellte es auf.
    Ich schielte zwar nicht nach einer Decke, hätte aber zu gerne
    ein Kissen und ein Laken gehabt. Die Vorstellung, mich vor
    Jumbo auszuziehen, ging mir gegen den Strich, aber da ich
    beim Schlafen gewöhnlich nur die Unterwäsche anbehielt,
    mußte ich wohl oder übel Farbe bekennen – es sei denn, ich
    kniff und legte mich in voller Montur schlafen. Bei der Hitze
    verwarf ich diese Idee sofort wieder. Der erste schlechte
    Traum, selbst wenn ich darin im aleutischen Schnee oder auf
    vereisten Marsden-Matten stand, würde mich in ein
    schreckliches Fieber werfen. Aber ich konnte Jumbo nicht
    sagen, wie mir zumute war, was ich wollte und was nicht,

    ∗ nach fee-faw-fum, dem ersten Knittelvers, gesprochen vom Riesen in dem Märchen Jack the Giant Killer (Jack and the Beanstalk) beim Anblick von Jack

    warum ich am liebsten losgeheult hätte, und er fragte mich
    auch nicht. Wenigstens stand die muffige Liege dicht an einem
    Fenster mit Feuertreppe. Aber nicht deshalb ließ Jumbo mich
    hier kampieren; er war einfach zu groß für die Schräge.
    Jumbos Bett hatte weiße Eisenpfosten, zwei Springfedersätze
    nebeneinander und darauf zwei alte Sperrholzplatten. Es sah
    nicht gerade bequem aus, zugegeben, aber unterwegs zur
    nächstbesten Matratzenfabrik hätte es meins um Längen
    geschlagen. Schwamm drüber. Das war Jumbos Zimmer, er
    war der Hausherr und ich der Gast. Aber warum bekam ich
    nicht auch ein Bett. McKissic House war weder ein Gefängnis noch ein Asyl für Landstreicher.
    »Du wirst dich gewöhnen«, sagte Jumbo. »Nachher ist die
    Hitze ganz erträglich.«
    Wumms! Es war zuviel: mein Status als Neuling, diese
    Mansarde, dieser abscheuliche Tolpatsch, mit dem ich
    auskommen mußte. Ich verlor die Fassung und schluchzte, so
    wie ich im Zug geschluchzt hatte. Alle trampelten auf mir
    herum, ich war total aus dem Häuschen. Bei jedem anderen
    hätte ich versucht, meine Gefühle zu verbergen, nicht so bei
    Jumbo.
    Dann langte ich unter die Liege, zog den Red-Stix-Schläger
    aus dem Sack und stand da und funkelte und wrang den Griff.
    Ich hatte nicht vor, Jumbo zu verdreschen – er hätte vermutlich zurückgedroschen – nein, ich wollte bloß ein bißchen
    Sägespäne da rausquetschen, um damit meine Tränen
    aufzufangen.
    Jumbo besaß einen staubverklebten Ventilator mit

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