Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
mit drei zu vier knapp
    gegen Lanett gesiegt hatten. Alle, die in McKissic House
    wohnten, bekamen Post an die Adresse Angus Road, doch
    Miss Giselle sortierte sie säuberlich in die Postfächer im Foyer ein. Von Mamas Briefen – sie schrieb nie mehr als eine Seite –
    bekam ich zwar Heimweh, aber auch die Kraft
    weiterzumachen. Ich schickte ihr Zeitungsausschnitte, um
    wettzumachen, daß meine Briefe nie länger waren als die
    Beschriftung eines Listerin-Fläschchens*.
    In einem von Mamas Briefen – ich habe sie heute noch –
    beklagte sie sich über einen Beschluß, den der Kongreß
    kürzlich gefaßt hatte:
    Diese hinterlistigen Schwätzer in Washington haben sich das
    legale Verbrechen PAY AS YOU GO* ausgedacht. Man
    verlangt von deinem Boss, daß er überschlägt, was du am
    Jahresende an Steuern zahlen mußt, und dann muß er dir soviel
    vom Monatslohn abhalten, daß die Steuer damit abgedeckt ist.
    Man greift dir in die Tasche, PER GESETZ. Geld, mit dem ich
    sonst gerechnet hab, krieg ich dann nicht mehr. Angeblich,
    damit wir am Stichtag nicht vor einem ›Schuldenberg‹ stehen.
    Aber warum zulassen, daß diese DIEBE IM FEINEN ANZUG
    an unser Verdientes gehen? Nur damit das arbeitende Volk
    sich ›nicht übernimmt‹? Das ist Bevormundung, wenn du mich
    fragst, Anmaßung und Diktatur. Paß auf, Danny, dich kriegen
    sie auch dran. Der alte FDR wird jedes Jahr roter. Wenn dieser VERFLUCHTE KRIEG vorbei ist, seh ich schon Hammer &
    Sichel auf dem Sternenbanner.

    Mitte Juni hatten wir zwischen dem Sieg über die Seminoles in
    Marble Springs und unserem Heimspiel am Freitag gegen die
    Eufala Mudcats vier Tage Ruhe. An einem der Tage waren wir
    noch ein paar Stunden unterwegs, doch die anderen drei,
    Dienstag bis Donnerstag, waren wie Ferien. Vormittags
    Training im MacKissic Field, dösend heiße Nachmittage und
    Abende mit Radiomusik.
    Junior zeigte mir, wie man Poker spielt, und er, Fadeaway,
    Skinny und ich ergingen uns im halsbrecherischen Five-Card-
    Stud-Poker mit Haufen von Chips (Knöpfe aus Kizzys
    Beständen) und Krügen voll Limo (gleicher Herkunft). Drohte
    ein Spiel in Handgreiflichkeiten auszuarten, dann drohte uns
    Miss Giselle mit Geldstrafe oder Stubenarrest. Sie brauchte das in der Regel nicht zweimal zu tun. Einmal allerdings
    behauptete Skinny, Fadeaway habe ein As verschwinden
    lassen, stand vom Tisch auf und holte sich einen
    Baseballschläger, um Fadeaway auf den Pfad der Tugend
    zurückzuprügeln. Als er in den Clubraum zurückkehrte,
    verstellte Miss Giselle ihm den Weg, rang ihm das Schlagholz
    ab und schickte ihn aufs Zimmer.
    Unter den älteren Hellbenders gab es etliche, die ›nebenher‹
    in Rüstungsjobs arbeiteten. Sie lochten zwei- oder dreimal die Woche am frühen Nachmittag ein, an Tagen ohne Spiel oder
    Pflichtversammlung, und kehrten nach einer
    Achtstundenschicht gegen Mitternacht heim, schlapp wie
    gekochter Spargel und auch fast so bleich. Zu den
    ›Doppelverdienern‹ gehörten Muscles, Curriden, Hay, Nutter,
    Sudikoff und Dunnagin. Sie alle hatten Sonderverträge mit
    Foremost Forge, der hiesigen Torpedofabrik, oder mit
    Highbridge Box & Crate, unserem Laufrosthersteller. Mister JayMac hatte zwei Hände und zehn Finger im Spiel – nicht,
    um sie aus der Wehrerfassung rauszuhalten, wie Ira Crawford

    unterstellt hatte, sondern um ihnen einen Kriegsjob zu
    verschaffen, der sich mit Baseball vereinbaren ließ.
    Als ich von diesen Abmachungen hörte, kapierte ich
    jedenfalls, warum Sosebee bei der Sitzung des
    Rollkommandos am Montagmorgen keine Unterstützung
    gefunden hatte, als er sich über Jumbos Sonderstatus
    beschwerte. Jeder Hellbender hatte einen Sonderstatus. Der eine schien dabei ein bißchen besser wegzukommen als der
    andere, aber kaum einer brauchte zum Frühstück die eigenen
    Eier zu essen – wenn Sie wissen, was ich meine. Spieler in den großen Ligen und auch ein paar erstklassige Negerstars
    mochten mehr verdienen als wir, aber dafür wurde Highbridge
    ∗
    als Sittin’ Pretty City gehandelt.
    Eins wunderte mich allerdings. Wieso eigentlich war die
    Sache mit Jumbo und dem Caddy nicht zur Sprache
    gekommen? Sein Auto zu verleihen, war etwas sehr
    Persönliches – das kostete einen mehr, als seinen politischen Einfluß geltend zu machen. Sein Auto zu verleihen, das war
    Vertrauenssache. Und wenn dem Betreffenden keine
    Benzinmarken zustanden, dann mußte man auch noch das
    Gesetz beugen.
    Am Donnerstag bekam Jumbo wieder den Cadillac

Weitere Kostenlose Bücher