Brücke der brennenden Blumen
sind wir hier?«
»In Eurem Traum. In meinem Traum. Ich habe Euch zu danken.« Mit
ruhiger Geste wischte Eljazokad die drei Gestalten weg, mit leichtem Licht
löschte er ihre Schattenhaftigkeit. Dann erst begann sein Ãberlebenskampf, denn
die Sklaven kletterten in Aufruhr übereinander, versuchten zu fliehen und
wurden von Wächtern in Muschelrüstungen, die sinnloserweise die Aufgänge unter
Kontrolle zu halten versuchten, niedergehauen. Das Geschrei war ohrenbetäubend,
stetig füllte sich die Halle mit schäumendem, gurgelnden Meer. Der
Schiffskörper schrie wie ein Legendentier.
Niemand kam lebend die Aufgänge hoch. Niemand konnte dem Wasserdruck
entgegen durch ein Leck nach drauÃen schwimmen. Eljazokad beschloÃ, die Zeit
für sich arbeiten zu lassen. Das Unterdeck würde sich ganz mit Wasser füllen.
Spätestens dann würde der Druck an den Lecks nachlassen, und auch die Aufgänge
würden dann nicht mehr umkämpft sein. Die Herren des Schiffes muÃten irgendwann
begreifen, daà das Stadtschiff nicht mehr zu retten war. Eljazokad suchte sich
eine Kammer, in der sich unter der Decke eine Luftblase bilden würde, und blieb
dort, bis um ihn her alles stiller wurde. Dann tauchte er von Luftblase zu
Luftblase, bis er einen Aufgang erreichte. Durch die GliedmaÃen von Ertrunkenen
und Erschlagenen hindurch bahnte er sich einen Weg bis hin zur schimmernden
Meeresoberfläche. Die ganze Zeit über hatte Eljazokad mehr Angst um seine
Pergamente als um sein eigenes Leben. Es war seltsam. Die Ruderarbeit, obschon
sie nur einen Mond dauerte, hatte ihn nüchterner gemacht, weniger schwärmerisch
und zielgerichtet.
Das Meer war ruhig, bis auf das Geschrei der Ãberlebenden in ihren
Booten und auf ihren Planken. Der Bug des Stadtschiffes versank in zwei Hälften
aufgespalten und sah dabei aus wie das nach Luft schnappende Maul eines
riesigen Fisches. Fliegende Fische mit Wespenstacheln schwirrten umher, stachen
und lähmten ein paar unvorsichtige Schiffsbrüchige, um sich an ihnen zu laben.
Eljazokad wich den Wespenfischen und den überlebenden
Schiffswächtern aus, indem er auf jegliche Hilfsmittel zum Schwimmen
verzichtete und sich überwiegend tauchend Richtung Küste bewegte. Er war am
Meer aufgewachsen und schon immer ein recht passabler Schwimmer und Taucher
gewesen.
Er durchstieà die Brandung und erreichte vor allen anderen, die zu
sehr damit beschäftigt waren, andere zu retten, den schwarzen Kiesstrand von
Etridti Djuzul. Sofort überprüfte er sein Tagebuch, das er so fest wie nur
möglich zusammengerollt am Leib getragen hatte. Mehrere äuÃere Seiten waren
unlesbar und aufgeweicht, aber der überwiegende Teil war intakt geblieben. Kein
Schaden also, der sich nicht rekonstruieren lieÃe.
Schnell huschte der Lichtmagier landeinwärts. Noch konnte er im
Tageslicht sehen, wohin er trat, und er wollte weder mit zu Hilfe eilenden
Tenganern noch geretteten Stadtschiffern in Berührung kommen. Zwar konnte wohl
niemand auf die Idee kommen, ihm den Untergang des Schiffes anzulasten, aber er
hatte als Sklave überlebt und würde wahrscheinlich auch weiterhin als Sklave
gelten.
Er schlug sich durch wildes Gelände, schlief zwischen Dornen und
ernährte sich von Beeren, die ihm allerdings Durchfall verursachten. Dann
machte er sich auf die Suche nach Tengan, der Hauptstadt von Etritdi Djuzul,
oder nach irgendeiner anderen Küsten-, Hafen- oder Kleinstadt.
Nichts. Er fand nichts. Etridti Djuzul war eine karge, dornige
Insel, in fünf Tagen in ihrer Breite und in zehn Tagen in ihrer Länge zu
durchwandern, und sie war vollkommen unbewohnt. Da Eljazokad, als er nach
fünfzehn Tagen wieder am Strand anlangte, nicht einmal die Schiffbrüchigen
wiederfand oder feststellen konnte, was aus ihnen geworden war, kam er auf die
Idee, daà diese Insel womöglich unterirdisch bewohnt war, ähnlich wie die
Behausungen der Untergrundmenschen. Er suchte nach einem Eingang und fand
abermals nichts.
Seine andauernden Verdauungsbeschwerden hatten ihn körperlich und
geistig ausgezehrt. Er schrieb wirres Zeug in seine Pergamente. Einmal sah er
ein Pferd, das in Flammen stand. Aber es brannte nicht unter Schmerzen, sondern
die Flammen waren sein Fell und der heiÃe Dampf, der in kühler Morgenluft von
seinem Leib aufstieg. Eljazokad folgte dem Pferd, bis es in den Himmel
hineintrabte. Er warf lachend einen
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