Brücke der brennenden Blumen
Schwimmhäuten
zwischen den Fingern fanden, pflegten und versorgten ihn, bis er weiterkonnte,
die Küste hinunter. In Uesch lag überhaupt kein Schnee. Es schien eher Frühling
zu sein, gelbe Blumen bevölkerten die Wiesen. Mammuts waren nirgendwo.
In Darigré hatte wieder eine Schlacht getobt. Vielleicht hatten die
Gesunkenen des Stadtschiffes als Geister das Festland heimgesucht. Ein
neuerliches Morden war vorüber, mehrere Tausend weitere Menschen der
Dreifarbenländer waren ihm zum Opfer gefallen. Eljazokad legte sein Ohr auf den
Schädel einer jungen Frau, die am Rande der Schlacht geboren hatte, während ihr
Geliebter focht und fiel, und die daran gestorben war. Er hörte ein trauriges
Lied, gab dem Schädel einen Kuà und zog weiter ins Landesinnere.
Er verfehlte Berumbur, fand das Geweihwasserdorf und wurde als Guérisseur willkommengeheiÃen. Zwischen den beiden
fackelbeschienenen, schneegeschützten Grabhügeln von Bestar und Tjarka, in
einer Höhle, die wie eine Muschel geformt war, lieà er seinen Tränen freien
Lauf. Er trug dabei das dunkle Gewand der Trauer, das die Dörfler ihm gegeben
hatten, und erkannte darin sich selbst wieder, wie er sich in der Vision bei
den Dreimagiern in Warchaim gesehen hatte. Als er versuchte, darüber
nachzudenken, ob er nur ein Schauspieler war, der seine Visionen nachspielte,
oder ob sie ihm tatsächlich die Zukunft gezeigt hatten, fiel ihm auf, wie
unwichtig diese Unterscheidung eigentlich war. Letzten Endes ,
notierte er, spielt jeder im Leben nur die Rolle, die von
ihm erwartet wird und die er von sich selbst erwartet. Wer ist denn schon
wirklich WIRKLICH frei?
So vergingen Jahre, und es war ihm egal. Er lieà sein Haar und
seinen Bart lang wachsen, weil alle Männer im Geweihwasserdorf ihr Haar und
ihren Bart lang trugen. Er kleidete sich dunkel, wie er es schon immer getan
hatte und wie man es im Dorf von einem Weisen erwartete. Eine alte
Kartenlegerin namens Zetaete, die tief im Summenden Wald in einer Hütte hauste,
einer Hütte, die aus unbeschrifteten, in Destrisch gebundenen Büchern
zusammengeleimt worden war, brachte ihm bei, daà seine Magie zu mehr dienen
konnte als nur zum Erzeugen eines Leuchtens. Er erlernte die Wärme, und nachdem
er die Wärme erlernt hatte, übte er sich in der aus der Wärme hervorgehenden
Heilung. Er heilte Kinder, die an einem Fleckfieber erkrankt waren, Greise, die
nicht abhusten konnten, und einen Holzfäller, der sich selbst ins Bein gehackt
hatte. Eljazokad hatte nicht den Eindruck, es in der Heilkunst zu Zetaetes
Meisterschaft gebracht zu haben, aber den Dörflern war das egal; sie waren
froh, einen Guérisseur â einen Heilkundigen â nicht
nur im Wald, sondern sogar in ihrer Mitte zu haben.
Im zweiten seiner Jahre im Geweihwasserdorf begannen seine
Schmerzen. Sie waren zuerst wie dieser Phantomschmerz im Thost, ein brutaler,
reiÃender Hieb im rechten Bein, der Eljazokad schier zu Boden zwang. Später
breiteten sich diese Schmerzen auch auf das andere Bein, die Arme und den
Unterleib aus. Es muÃten dies Echos von Siusans unermüdlicher Folterarbeit
sein, und Eljazokad lernte, Heilenergie und Lichtwärme in sich selbst zu
pumpen, um dadurch die Schmerzen zu lindern und möglicherweise auch die
Verheerungen, die der verrückte Folterer in seiner Thostwaldgruft an seinem
Leib anrichtete, abzumildern.
Da er oft und viel Schmerzen litt und groÃe Anteile seiner Energie
dadurch verbrauchte, sich selbst diese Schmerzen wie ein Drogensüchtiger zu
lindern, wurden sein Haar und sein Bart früher grau, als es normalerweise der
Fall gewesen wäre. Er wurde dadurch Rodraeg ähnlicher, sah manchmal sogar, wenn
er sich in einem polierten Metallschild betrachtete, der ihm als Spiegel
diente, Spuren von Hellas in der Helligkeit aufschimmern. Dennoch hielt er es
aus im Geweihwasserdorf und genoà sogar den überwiegenden Teil seiner Zeit. Guérisseur war ein Ehrenwort, das nicht nur Heilkundiger bedeutete, sondern sogar so etwas wie Heiliger . Dementsprechend gut und zuvorkommend wurde
Eljazokad auch behandelt, und er hatte das Gefühl, daà er seinen ungewollten
Gott-Status hier in diesem Dorf in ein sinnstiftendes Dasein überführt hatte.
Er erinnerte sich an das, was Tjarka gesagt hatte, kurz nachdem er sie in diese
Welt geholt hatte: Kann man nicht einfach hierbleiben? Einen Lebenszyklus vollenden, ein Dasein bis
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