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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Kraft. Es war
nicht der arme Junge, der das Kind mit ihr zeugte. Es war jemand Größeres,
vorher schon. Alles fließt ineinander. Entflammte Liebe, Schönheit,
Jungfräulichkeit, Zauber und Gewalt. Der vollständige Verlust von Beherrschung.
Das ist mein Jagdgebiet. Gib mir das Versprechen, das Tor ist gleich
vollendet.«
    Â»Oscodidan, Dasco, Skandor Rigan«, zählte Eljazokad die Namen auf,
unter denen er den Wolf bislang kennengelernt hatte. »Ich werde dir überhaupt
nichts mehr geben. Nachdem Ganija dich getötet hatte, habe ich für dich
gebetet. Gebetet, daß du deinen Frieden finden mögest. Aber du bist noch immer
ein Frauenschänder und ein Kindsmörder. Es ist gut, daß du tot bist und in
meiner Welt tot bleibst.«
    Das Tier schien zu schrumpfen. Sah beinahe kläglich aus. »Ich bin
der Wolf. Euch Menschen muß häßlich erscheinen, was ich verrichte. Doch der
Vergewaltiger bin nicht ich. Skandor Rigan war einer, und andere vor ihm. Ich
habe sie getötet und in mich aufgenommen, um ihren Fluch zu beenden, doch
manchmal … ist dieser Fluch noch immer stärker als ich. Die Kinder trachte ich
zu schützen. Vor ihren Eltern. Vor dem Leben. Vor der Wahrheit. Du müßtest
älter sein, Jahrhunderte älter, um das alles zu verstehen.«
    Â»Ich verstehe, daß du, als du starbst, uns prophezeitest, wir würden
die Wale nicht schützen können. Aber du hast dich geirrt. Die Wale leben.«
    Â»Ja, die Wale leben. Aber meine letzten Worte waren dennoch wahr.
Ihr habt sie nur nicht richtig verstanden. Nicht ihr habt
die Wale gerettet, sondern jemand anders , die
Gezeitenfrau, die ihr erst finden mußtet, um eure Aufgabe erfüllen zu können. Ihr
könnt nicht herumgehen und die Welt zum Besseren wenden. Das ist naiv und dumm
und kann sogar gefährlich sein, für euch selbst, für eure Welt und auch die
anderen Welten, die durch die Götter mit euch verbunden sind. Ihr müßt andere dazu bringen, die Welten umzuformen. Andere, die
mehr Macht haben als ihr und mehr Wissen, die in ihrer Macht aber zu bequem
sind, sich zu bewegen und zu kümmern. Nur so könnt ihr, die ihr schwach seid
und sterblich, tatsächlich etwas bewirken. Nur so kann euer Mammut ,
das ein Tier ist, das zum Zertrampeln neigt, ein Heiler werden.«
    Die beiden maßen sich über die Entfernung mit Blicken. Eljazokad
reichte dem aufgerichteten Wolfsmenschen nur bis zur Brust, aber er fühlte sich
seltsam ebenbürtig.
    Â»Bist du eigentlich … ein Aufschneider oder ein Gott?« fragte der
Lichtmagier.
    Der Wolf zeigte wieder sein bleckendes Grinsen. »Als … die Götter
noch an Tafeln saßen und zusammen zechten, alle zehn, lange ist das her, … da
war ich ein Hund, der um die Stuhlbeine strich und dem sie die Knochen ihres
Gelages zuwarfen. Als sie dann fortgingen und die Hallen leer standen und Ödnis
herrschte, war der zurückgelassene Hund das Göttlichste, was dieser Welt noch
geblieben war.«
    Â»Das Tor ist offen«, rief Ganija, »wir müssen uns beeilen, es wird nicht
lange stabil sein.«
    Â»Ja«, nickte Eljazokad. »Und wir müssen Tellures davon abhalten,
Tjarka und Bestar aus reiner Rachsucht noch zu töten, nachdem das Tor Siusan
zerrissen hat. Lebwohl, Hund der Götter. Ich weiß nicht, ob ich etwas für dich
tun kann. Ich schätze die Mutter des Kindes, um dessen Zukunft wir hier
schachern, zu sehr, um zu befürworten, daß ihr Sohn ein frauen- und
kinderreißendes Tier wird.«
    Â»Ich schätze sie auch sehr, denn ich habe ihre Liebe geteilt.«
    Darauf fiel Eljazokad nichts mehr ein. Er eilte zu Udin Ganija. Der
Blauhaarige stand besudelt neben einer scheußlichen Öffnung im Schnee. Fleisch
und nasse Innereien, gespannt über Rippenbögen, Scheiben und Bruchteile von
spiegelndem Metall. Das wahre Tor von Bauscheld.
    Â»Kannst du deine Ausrüstung mit hinüber nehmen?« fragte Eljazokad.
    Ganija nickte.
    Eljazokad kramte in seinen Mantelinnentaschen und förderte alles
zutage, was er dort andauernd mit sich herumtrug. Die losen Pergamente von
Destrisch, das Melronia-Heft und das in Baumrinde gebundene Buch, das die
Geweihwasserdorfleute ihm vor zwei Jahren geschenkt hatten. »Meine Tagebücher.
Sie sind wichtig, damit der Kontinent begreifen lernt, was die Provinzen sind.
Es steht sogar darin, wie aus einem Lichtvortäuscher

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