Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
Avi mit finsterer Miene. Er hatte das Gefühl, sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. »Ich fasse es nicht, dass Fugit tot ist. Das ist alles nur meine Schuld. Wenn ich nicht den Einfall gehabt hätte …«
Hannah umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und lehnte ihre Stirn an seine. »Wehe, wenn du dir Vorwürfe machst, Avi«, sagte sie. »Das haben Levi und Kellen ganz allein zu verantworten.«
»Und noch dazu war alles vergeblich«, fügte Avi hinzu. »Blink will uns nicht helfen.« Seine Augen wanderten in Richtung Kathedrale. »Wo ist sie nur?«
»Sie wird schon auftauchen, wenn es nicht mehr gefährlich ist«, antwortete Hannah. »Lass uns reingehen.«
Avi betrachtete den Turm der Kapelle, der wie ein Obelisk in den Nebel ragte. Obwohl er nach dem Kampf mit Drake und der Flucht zur Brücke noch immer Herzklopfen hatte, gebar die Verzweiflung bereits eine Idee.
»Was ist?« Hannah schüttelte ihn. »Was denkst du, Avi? Du hast schon wieder diesen Blick.«
»Was für einen Blick?«
Sie sah ihm tief in die Augen. »Ich weiß nicht … aber deine Augen sind … etwas spiegelt sich in ihnen. Ein Meer. Oder vielleicht ein Unwetter. Was hast du vor?«
Er machte sich los. »Nichts.«
Das ist nicht wahr, oder?, sagte er sich.
Eine Löwin tauchte aus dem Dunst auf. Ihr Maul war grün verschmiert. »Iritha!«, rief Avi erleichtert.
Aber etwas schien nicht in Ordnung zu sein. Ihre Schritte waren zu langsam, und sie zog hinkend ein Vorderbein nach. Außerdem wies ihre rechte Seite Schnittwunden auf, die linke war blutverkrustet.
Kapitel 27
I m nächsten Moment sackte ihr Kopf nach vorne, und sie fiel Avi und Hannah zu Füßen. Ihre gewaltigen Flanken hoben und senkten sich unter keuchenden Atemzügen. Hannah schnappte erschrocken nach Luft.
Avi kauerte sich neben Iritha und legte ihr eine Hand auf den riesigen Kopf. »Iritha?«
Ihr Körper schien in sich zusammenzusinken, als sie sich wieder in eine Koboldin verwandelte. Ihr Gewand hatte dunkle Flecken, und ihr Gesicht war blass. Pennie gab ängstliche Schnalzlaute von sich.
»Die Goblins sind tot«, stieß Iritha hervor. »Aber Levi konnte fliehen.«
»Danke«, flüsterte Avi. »Wir wollen dich hineinbringen.«
»Hinein«, wiederholte Iritha und schaute in Richtung Kapelle. »Ja.«
Als sie ihr auf die Füße halfen, verzog sie vor Schmerzen das Gesicht. Ihr rasselnder Atem gefiel Avi gar nicht.
In der Kapelle hatten sich das rote und das blaue Orakel im Schneidersitz vor dem Feenthron niedergelassen. Die Statuen der Wächter ragten schweigend und grau über ihnen auf.
»Sei gegrüßt, Prinz«, sagten die Orakel, ohne sich umzudrehen.
»Wo ist das dritte Orakel?«, fragte Avi. »Das kleine Kind?«
Die Orakel erhoben sich gleichzeitig und zeigten in den hinteren Teil der Kapelle, wo auf einem Holztisch ein Korb stand. Eine grüne Decke lugte über den Rand. Avi ging hin und beugte sich darüber.
Er stellte fest, dass es sich nicht um eine Decke, sondern um das Gewand des grünen Orakels handelte, auf dem ein Baby lag. Es fuchtelte mit winzigen rosigen Fäusten und gab sabbernd gurgelnde Geräusche von sich.
Hinter ihm stöhnte Iritha tief auf und stürzte zu Boden.
Avi eilte zu ihr hinüber. Die Orakel waren für den Moment vergessen. Er presste die Hand auf Irithas blutiges Gewand, schloss die Augen und versuchte mit aller Macht, seine heilenden Kräfte in ihren immer schwächer werdenden Körper hineinfließen zu lassen. Aber dafür befand er sich in der falschen Welt.
»Es tut mir so leid, Iritha«, sagte er. »Ich kann nichts für dich tun.«
Iritha wandte ihm ihr Gesicht zu. »Doch, du kannst«, flüsterte sie.
»Was? Verrat es mir.«
»Du weißt es.«
Avi wollte widersprechen, doch plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Genau das hatte er ohnehin vorgehabt.
»Warte auf mich«, erwiderte er. »Bitte. Warte einfach, bis ich mit Oren zurück bin.«
Hannah, die auf der anderen Seite der Verletzten kauerte, warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Das darfst du nicht!«, widersprach sie. »Nicht ohne Blink.«
Irithas Augenlider flatterten. Avi ließ ihren Kopf sanft auf den Boden sinken. »Ich muss.«
Ganz gleich, wie es auch ausgehen würde, war ihm klar, dass er keine andere Wahl hatte. Als er aufstand, folgte Hannah seinem Beispiel und hielt ihn am Arm fest. »Es ist zu gefährlich«, protestierte sie. »Du wirst nie wieder zurückkommen.«
Avi machte sich los und sah ihr tief in die Augen. »Er ist meinetwegen
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