Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
gewesen.
Wieder holte Avi mit dem Schwert aus, doch der Kundschafter vollführte einen Salto rückwärts wie ein Turner.
Gleichzeitig nahm Avi nur einen knappen Meter entfernt eine Bewegung wahr: Blink! Und zwar diesmal der echte.
Beim Anblick seines Bruders fiel Blink schluchzend neben Fugit auf die Knie und wiegte die Leiche in seinen Armen.
Die Klinge ist kalt, dachte Avi. Und dein Verstand muss es ebenfalls sein, sonst ist der Kampf schon verloren.
Von wem stammten diese Worte? Einem Fechtlehrer? Einem Gegner in einem längst vergessenen Wettkampf?
Vielleicht von seinem Vater?
Es spielte keine Rolle. Jedenfalls klangen sie zutreffend.
Als Avi wieder hinschaute, waren Blink und Fugits Leiche verschwunden. Wo sie gerade noch gewesen waren, raunte leere Luft. Avi und der Kundschafter sahen einander an.
»Wir sind uns schon einmal begegnet, richtig?«, stellte Avi fest.
Der Kundschafter grinste und zeigte dabei scharfe gelbe Zähne. »Offenbar ist dein Gedächtnis doch nicht so schlecht, wie alle behaupten.«
»Das erste Mal war im Observatorium in Greenwich, wo du Hannah entführt hast, und das zweite Mal im Globe Theatre.«
Avi hörte, dass Hannah hinter ihm nach Luft schnappte.
»Mein Name ist Drake«, sagte der Kundschafter mit einer leichten Verbeugung. Aus einem Futteral an seinem Rücken zog er ein Schwert, das um einiges länger als das von Avi war und eine gebogene Klinge hatte wie ein Krummsäbel. Drake ließ den Arm sinken, bis das Schwert den Boden berührte. »Meinst du, du weißt noch, wie es geht?«
Ohne Vorwarnung schnippte er Avi mit der Spitze der Waffe eine Ladung Erde ins Gesicht, so dass dieser rückwärts stolperte. Unwillkürlich hob er das Schwert, um einen Schlag von oben abzuwehren. Funken sprühten, als die Klingen aufeinandertrafen, und der Aufprall kugelte Avi beinahe den Arm aus.
Als Drake noch einmal zuschlug, geriet Avi ins Taumeln. Das Schwert wurde ihm aus der Hand gerissen, flog quer durchs Kirchenschiff und landete klappernd auf dem Boden. So viel zu meinen Fechtkünsten, dachte er.
Mit einem hämischen Grinsen griff Drake wieder an. Avi rettete sich mit einem Sprung über eine Bank.
»Hier!«, rief Hannah und warf ihm ihr eigenes Schwert zu.
Avi fing es gerade noch rechtzeitig am Griff auf, um Drakes nächsten Stoß abzufangen, der seine Klinge entlangfuhr. Als Avi ausholte, gelang es ihm, Drake am Bein zu verletzen. Während der Kundschafter, Verwünschungen murmelnd, zurückwich, stieß Avi das Schwert nach ihm. An seiner Spitze funkelte grünes Blut.
Eine große getupfte Katze schlüpfte knurrend zwischen Avis Beinen hindurch.
»Iritha«, sagte er. »Bring Hannah in Sicherheit.«
»Das kann ich selbst«, erwiderte Hannah. Sie stand auf einer Bank, hatte ein großes Stück Holz in der Hand und wartete auf eine Gelegenheit, Drake damit auf den Kopf zu schlagen. »Aber erst, wenn ich es will.«
Iritha hatte den Kopf gesenkt und fixierte den Kundschafter mit großen, grünen Augen. Ohne auf Avis Anweisung zu achten, machte sie zwei Schritte vorwärts.
»Du solltest deinen Haustieren Gehorsam beibringen«, meinte Drake und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Auch Avi schwitzte, denn in der Kirche war es heiß wie in einem Gewächshaus.
Drake umfasste den Griff seines Krummsäbels mit beiden Händen und begann, die Waffe hin und her zu schwingen, dass das Metall zischend durch die feuchte Luft fuhr. Auf einmal ging Avi ein Licht auf: Der Kundschafter hatte Angst.
Offenbar hatte er nicht mit Widerstand gerechnet.
»Verschwinde«, sagte Avi und trat einen Schritt vor. Iritha folgte ihm knurrend. »Lass uns einfach gehen.«
Drake fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich verhandle nicht«, entgegnete er.
Als er mit einem Schrei angriff, sprang Avi elegant zur Seite. Drakes Attacke war zwar kraftvoll, aber unbeholfen gewesen. Iritha kletterte auf einen nahen Baum. Ihre Krallen scharrten an der Rinde. Der Kundschafter stolperte zwar, fing sich jedoch wieder und schwenkte sein Schwert in einem eleganten Bogen herum. Avi wich aus und spürte einen Lufthauch, als die Klinge nur einen Finger breit an seinem Gesicht vorbeisauste.
Drake verstand es, seinen Vorteil zu nutzen, und er trieb Avi Hieb um Hieb zurück. Nun war es Avi, der sich wie ein Gejagter fühlte, denn mit seinen schwachen und schlecht gezielten Schlägen hatte er seine liebe Not, den Gegner abzuwehren. Außerdem geriet er auf dem mit Blättern bedeckten Boden ins Rutschen und trat immer
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