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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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hatte, bei seinem Schwertbruder Wache zu halten. Dort war er aber wieder eingeschlafen. Lächelnd breitete Tirandor eine Decke über den Ritter, dann beugte er sich leise über Seregon und fühlte seinen Puls und seine Atmung. Eine Weile verharrte er so, still und reglos, bis er zufrieden nickte und sich wieder seinen Reisegefährten zuwandte. Tan-Thalion saß auf einem Baumstamm und war in die Lektüre eines Buches vertieft, neben ihm saßen Loridan und Herubald und sprachen leise miteinander. Jandaldon hatte sich ihnen gegenüber auf dem Boden niedergelassen und zupfte schweigend eine Melodie auf seiner Laute. Ein wenig abseits von den anderen saßen Sad Adan und Gerric, beide offenbar tief in Gedanken versunken.
    »Seid gegrüßt«, sagte Tirandor, den Blick auf den Sänger gerichtet, der mit einem Nicken antwortete.
    »Wie geht es Seregon?«, fragte Loridan.
    »Besser als ich erwartet hätte. Er ist sehr stark, und ich zweifle nicht mehr daran, dass er durchkommen wird.« Der Heiler blickte kurz in die Runde und wandte sich dann wieder an Jandaldon.
    »Ich bin gerade rechtzeitig erwacht, um Euer Lied zu hören, und es hat mir gefallen. Habe ich Euch richtig verstanden, dass Ihr einst Königin Jeslyn liebtet?«
    »Mitnichten, ich habe nie eine Königin geliebt. Ich liebte Jeslyn, die Schöne, und liebe sie immer noch, auch wenn sich Jeslyn, die Königin, von mir abgewandt hat.«
    »Wenn Ihr noch liebt, dann seid Ihr vielleicht noch nicht so tot, wie Ihr denkt. Ihr wisst, dass ich ein Heiler bin, vielleicht kann ich Euch helfen, wieder ins Leben zurückzufinden.«
    »Nein, meine Liebe hat nichts mit Leben zu tun. Es ist die Liebe, die ein Geist für einen anderen Geist empfindet. Denn es ist Jeslyns Geist, den ich liebe – die Jeslyn in meinen Erinnerungen, nicht die Königin in Car-Tiatha.«
    »Wer weiß, vielleicht empfindet die Königin auch noch etwas von ihren Gefühlen für Jandaldon, den Sänger. Weiß sie, dass Ihr hier im Drachenland lebt, oder denkt sie, dass Ihr bereits tot seid?«
    Jandaldon murmelte etwas Unverständliches, dann verstummte er ganz und blickte schweigend in seinen Becher. Ahnend, dass er einen wunden Punkt berührt hatte, wandte Tirandor sich daher den beiden Drachentötern zu.
    »Habt Ihr bereits über den Fortgang unserer Reise beraten?«, fragte er, und er bemerkte, dass Tan-Thalion sein Buch sinken ließ und erwartungsvoll zu Herubald blickte.
    »Nein«, antwortete der Ritter. »Wir wollten erst abwarten, wie sich Seregons Zustand entwickelt. Könnt Ihr uns sagen, wann unser Kamerad wieder reisefähig sein wird?«
    »Er muss noch eine lange Zeit ruhen, damit seine Wunden verheilen können. In einer Woche wird er vielleicht soweit sein, dass man ihn behutsam transportieren kann – doch auch dann wäre es verhängnisvoll, wenn eine plötzliche Flucht vonnöten sein sollte.«
    »Wir werden uns also entscheiden müssen, ob wir alle hier warten wollen, bis es Seregon besser geht, oder ob wir uns trennen wollen«, sagte Herubald. »Was meint Ihr, Tan-Thalion?«
    »Ich … weiß es nicht«, sagte der Zauberer langsam. »Ich würde gerne weiterreisen, aber ich möchte nicht den Tod eines Menschen verantworten. Ich möchte es Tirandors Urteil überlassen, wie wir verfahren sollen.«
    »Mein Vorschlag ist, dass wir die kommende Nacht und den nächsten Tag hier lagern«, erwiderte der Heiler. »Wenn sich Seregons Zustand in dieser Zeit weiter verbessert, dann können wir aufbrechen und ihn in Carilons Obhut zurücklassen. Andernfalls müssen wir neu beraten. Es gäbe natürlich auch noch die Möglichkeit, dass ich zurückbleibe und die anderen so bald wie möglich weiterreisen. Aber dagegen sprechen zwei Gründe: zum einen meine Abenteuerlust und zum anderen die Möglichkeit, dass noch andere Mitglieder der Gruppe verletzt werden könnten.«
    »Ich befürworte Euren Vorschlag«, erwiderte Loridan. »Einen Tag Verzögerung können wir leicht verschmerzen, denn wir haben genügend Vorräte. Und wir könnten den Tag zur Jagd nutzen, damit wir Carilon und Seregon mit ausreichend Verpflegung für eine lange Wartezeit versorgen können. Immerhin müssen wir damit rechnen, dass wir erst verspätet oder überhaupt nicht zurückkehren.«
    »Auch ich befürworte Euren Vorschlag, Tirandor«, sagte Tan-Thalion. »Und keinesfalls möchte ich Euch hier zurückzulassen.«
    »Dann wäre dies also entschieden«, sagte Herubald und wandte sich an Jandaldon, der die Beratung der Gefährten schweigend verfolgt

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