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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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endlich gefunden?«
    »Ja, wir haben uns gefunden. Wir haben nur auf dich gewartet.«
    »Aber ich sehe außer uns nur noch zwei Menschen«, sagte die Frau. »Wo ist der fünfte?«
    Danira sah sich um und stellte fest, dass tatsächlich nur Timon und Loridan neben ihr standen. Sollte nicht auch Valkar an ihrer Seite sein? Endlich bemerkte sie, dass sich noch eine Gestalt am Rand ihres Sichtfeldes befand, die sie nicht klar erkennen konnte.
    »Dort«, sagte Danira und zeigte in Richtung der Gestalt. »Dort ist der fünfte Auserwählte.«
    »Gut«, sagte die Frau und lehnte sich wieder zurück. »Dann hat der Kampf wieder Sinn, denn nur vereint sind wir stark.«
    »Aber dieser Mann ist nicht Valkar«, sagte Danira, nachdem sie die fremde Gestalt noch eine Weile beobachtet hatte. Tatsächlich war es ein Fremder, der dort stand – weniger kräftig als Valkar war er, und nur ein kurzer Bart zierte sein Gesicht.
    »Nein, er ist es nicht«, sagte die Frau. »Trotzdem sind wir vollzählig – die Zusammenkunft kann jetzt stattfinden. Wer sind die anderen Auserwählten?«
    »Timon aus Ber-Sedion und Loridan von der Gilde der Drachentöter sind ihre Namen«, sagte Danira. Sie zögerte kurz, bevor sie weitersprach. »Du hast mir deinen Namen noch nicht genannt. Willst du ihn mir nicht sagen?«
    »Mein Name ist Selina«, sagte die Frau mit einem Lächeln. »Tochter von Donnersturm und Sonnenfeuer.«
    *
    Es war schon spät in der Nacht, und alles war ruhig im königlichen Palast von Car-Tiatha. Der lange Korridor war nur von wenigen flackernden Laternen erleuchtet, die an eisernen Wandhaltern hingen. Große Wandteppiche mit Darstellungen von Schlachten und Heldentaten waren im Halbdunkel nur vage zu erkennen. Dazwischen hingen rostrote Stoffbahnen, verziert mit kunstvoll gestickten Abbildern des Narvi-Vogels.
    Ein Wachposten lehnte schläfrig an der Wand, gerüstet mit Ringpanzerhemd und Helm, die Hand an der Hellebarde. Nur mit Mühe gelang es ihm, seine Augen offen zu halten. Unvermittelt schreckte er auf, glaubte, etwas gehört zu haben. Unsicher darüber, ob er geschlafen hatte, blickte er suchend nach links und rechts. Alles war ruhig, nichts regte sich in dem Korridor – bis plötzlich ein seltsames Flimmern dicht vor seinem Gesicht in der Luft zu sehen war. Trotz seiner Überraschung schloss der Soldat seine Augen, kämpfte nicht länger gegen den Schlaf. Den Rücken gegen die Wand gestützt und mit beiden Händen am Schaft seiner Hellebarde sackte er in sich zusammen.
    Er sah nicht, wie sich schattenhafte Gestalten durch den dunklen Gang bewegten und leise eine der Türen öffneten. Er hörte nicht das dumpfe Geräusch, als ein schwerer Gegenstand oder ein Körper zu Boden fiel. Erst der Schrei, der durch die halb geöffnete Tür drang, weckte den jungen Wächter aus seinem Halbschlaf. Es war der Schrei eines Kindes.
    Der Soldat war sofort hellwach, und mit tiefem Schrecken erkannte er, dass die Geräusche aus dem Zimmer des Thronfolgers erklungen waren. Mit stoßbereiter Hellebarde stürmte er nach vorne und sah, dass die Tür nur angelehnt war, dahinter war unterdrücktes kindliches Wimmern zu hören. Ob der Prinz nur einen schlechten Traum gehabt hatte? Aber warum war die Tür geöffnet? Leise schob der Soldat die Tür nach innen, um in das Zimmer hineinzusehen, doch dann erschrak er, als ihm die Tür aus der Hand gerissen wurde. Vor ihm stand Angbold, der Hauptmann der Burggarnison.
    »Wo bist du gewesen, Soldat? Hast du nicht gemerkt, dass der junge Prinz in Gefahr war?«
    »Nein, Herr. Verzeiht, Herr. Ich kam sofort, als ich den Prinzen schreien hörte.« Vergeblich versuchte der Soldat, an dem Offizier vorbei einen Blick in das düstere Zimmer zu erhaschen. Nur das Wimmern ertönte immer noch – dem Anschein nach war dem weinerlichen Prinzen also nichts Ernstes widerfahren.
    »Du hast Glück, dass ich gewacht habe, denn ein Fremder hat sich hier hereingeschlichen. Ich habe ihn im letzten Moment getötet, bevor er ein Unheil anrichten konnte. Geh und wecke die Kammerfrau des Prinzen, sie soll eine Lampe mitbringen.«
    Angbold trat zur Seite, und der Wachsoldat sah den Thronfolger zitternd in eine Ecke seines riesigen Bettes gedrängt, nur undeutlich zu erkennen im schwachen Licht, das vom Flur hereinfiel. Auf dem Boden, nicht weit entfernt von dem Bett, lag eine zusammengekrümmte Gestalt. Der Soldat lehnte seine Hellebarde gegen die Wand und ging quer durch das Zimmer auf die Seitentür zu, hinter der die

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