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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Kammerfrau des Prinzen schlief. Schon bevor er die Tür erreichte, öffnete sich diese, und die alte Gwinneth erschien mit einer Öllampe in ihrer Hand. Die kleine grauhaarige Frau erschrak, als sie den gerüsteten Mann vor sich erblickte. Schnell wich sie zurück, doch der Soldat hielt die Tür mit einem raschen Griff offen.
    »Kommt herein, Gwinneth«, sagte er. »Der Prinz braucht Euren Beistand. Und gebt mir Eure Lampe.«
    Eilig trat der Soldat neben seinen Offizier, der neben dem Fremden am Boden kniete, und der Lichtschein fiel auf ein starres Gesicht mit einem kurzen Vollbart. Der Mann trug ein Wams aus festem dunkelgrauem Leder, auf das an der Brust ein rot-weißes Wappen aufgenäht war. Alles war mit Blut besudelt, das aus tiefen Wunden in Hals und Brust des Toten gedrungen war.
    »Ich kenne den Mann«, sagte Angbold. »Es ist der Bote aus Car-Osidia, der vor zwei Tagen hier eingetroffen ist.«
    »Seht dort, Herr«, sagte der Soldat und wies auf einen Dolch, der einen Schritt entfernt von dem Toten am Boden lag. Die schlichte Waffe war aus einem geschwärzten Stahl gefertigt, und die einzige Verzierung, die sie trug, war ein Auge mit geschlitzter Pupille, das in die Klinge graviert war.
    »Das Auge des Bösen«, sagte der Offizier. »Offensichtlich hat Calidor sich mit den Mächten der Finsternis eingelassen, um seine verwerflichen Ziele zu verfolgen. Ich werde sofort der Wache befehlen, den Palast zu durchsuchen. Du wirst hier vor dem Zimmer des Prinzen Posten beziehen und niemanden hinein- oder herauslassen, bis ich wiederkomme.«
    »Ja, Herr. Ich werde den Prinzen mit meinem Leben schützen.«
    »Das will ich auch hoffen. Wenn du deine Sache gut machst, werde ich vielleicht vergessen, dass du vorhin geschlafen hast.«
    »Ja, Herr. Danke, Herr.«
    »Und Ihr werdet nicht von der Seite des Prinzen weichen, Gwinneth«, sagte der Offizier. »Verriegelt die Tür von innen, und öffnet sie erst, wenn Ihr wieder meine Stimme hört.«
    »Ja, Herr«, sagte die alte Frau. »Aber … bitte … wollt Ihr nicht diesen Mann entfernen, bevor Ihr geht?«
    Der einäugige Offizier nickte dem jungen Soldaten zu, und gemeinsam schleiften sie den Toten aus dem Zimmer heraus, eine blutige Spur auf dem Boden zurücklassend. Das Wimmern des Prinzen verstärkte sich, als er zusah, wie der schlaffe Körper zur Tür hinausbefördert wurde.
    *
    Gebannt blickte Danira über das Ruinenfeld, das sich vor ihr ausbreitete. Ein wenig fühlte sie sich an Car-Elnath erinnert, allerdings war die Stadt, die hier vor ihr lag, wesentlich gründlicher zerstört worden. Mit einem Schauder erkannte sie, dass dies die Stadt war, die sie jetzt schon zweimal im Traum gesehen hatte. Es waren dunkle Träume gewesen, und böse Ahnungen stiegen in ihr auf. Immer wieder wanderte Daniras Hand an den Griff ihres Schwertes, das sie schon seit zwei Tagen offen am Gürtel trug – seit sie die Grenze des Drachenlandes überschritten hatten. Auf Grimstans Drängen hin trug sie auch die Lederrüstung, die Angaldir ihr geschenkt hatte, obwohl sie sich darin nicht wohlfühlte. Der Gedanke, nun jederzeit wieder einem Drachen begegnen zu können, ängstigte sie, und nur die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Loridan gab ihr den Mut weiterzugehen. Auch die Dämonen fürchtete sie, denn in ihrem Traum waren sie in irgendeiner Weise mit dieser zerstörten Stadt verbunden gewesen. Gorm, der neben ihr kauerte, schien den Anblick der Stadt ebenfalls nicht zu mögen – er winselte kläglich und lehnte seinen Kopf an Daniras Hüfte.
    »Ist das Car-Angoth, die Stadt des Bösen, von der du erzählt hast?« Fragend blickte Danira zu Grimstan, der neben ihr stand und ihre Reitechse am Zügel hielt.
    »Nein. Car-Angoth liegt weit entfernt im Süden, an der Küste des Meeres der Tränen. Die Stadt, die hier vor uns liegt, wurde Car-Morlogh genannt. Sie wurde von den Wesen Thaur-Angoths errichtet, und sie war bereits zerstört, lange bevor die Menschen dieses Land besiedelten.«
    »Haben die Drachen sie zerstört?«, fragte Danira.
    »Ja«, sagte Grimstan. »Und es würde mich nicht wundern, wenn sie auch jetzt noch regelmäßig hierherkämen, um zu sehen, ob Thaur-Angoths Kräfte sich wieder sammeln.«
    »Woher wissen die Bewahrer überhaupt etwas über die Geschichte der Stadt?«, fragte Timon. Er war zusammen mit Valkar neben Danira und Grimstan getreten.
    »Wir haben Aufzeichnungen, die zurückgehen bis auf die Zeit des Gründers, vor etwa zweihundert Jahren«, antwortete

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