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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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in meinen Weg. Ich werde nie den Blick ihrer Augen vergessen, als sie sich über mich beugte. Meine Angst war plötzlich vergessen, denn ich sah Güte in ihren Augen, Liebe und Mitleid. Sonnenfeuer und Donnersturm nahmen mich mit sich in den Norden, hier in dieses Land, in dem wir nun sind. Und sie waren seitdem wie Eltern für mich. Ich lebte mit ihnen im Berg des Feuers, und ihr Sohn Goldschuppe wuchs als mein Bruder auf.«
    »Wie hast du gelernt, mit den Drachen zu reden?« Noch immer hielt Danira ihre Hand in der der jungen Frau.
    »Es hat lange gedauert«, sagte Selina. »Ich weiß nicht mehr genau, wie ich den Anfang gemacht habe. Ich habe wohl Jahre gebraucht, bis ich überhaupt den Versuch machte, mit Goldschuppe in seiner Sprache zu reden.«
    »Aber warst du nicht furchtbar einsam, wenn du über Jahre mit niemandem reden konntest?«, fragte Danira.
    »Nein, ich war nie einsam. Goldschuppe war immer bei mir, und er hat mir seine Zuneigung immer gezeigt, auch ohne Worte. Zumindest nicht mit Worten, die ich verstehen konnte, denn die Sprache der Drachen besteht aus Gedanken und Gefühlen. Goldschuppe hat mit mir geredet, die ganze Zeit, und ich spürte seine Liebe, also verstand ich auch einen Teil seiner Sprache. Irgendwann gelang es mir, ihm meine Zuneigung genauso zu zeigen, und bald lernte ich es auch, meine Gedanken mit den Drachen zu teilen. Auch Sonnenfeuer und Donnersturm haben mir viel geholfen. Es war ihnen sehr wichtig, mit den Menschen zu reden, denn deren Werke sind große Rätsel für sie.
    Sie wurden einst erschaffen, um die Feinde der Menschen zu vernichten, doch dann waren es Menschen, die die magischen Türme bauten und dadurch die Drachen vertrieben. Und als die Drachen zurückkehrten, sahen sie, dass die meisten Menschen verdorben waren. Von Zeit zu Zeit trafen die Drachen auch reine Menschen, die einhellig mit den verdorbenen Menschen zusammenlebten und die kein Vertrauen zu den Drachen zeigten, obwohl diese versuchten, einen ersten Kontakt aufzunehmen. Ich konnte den Drachen keine ihrer Fragen beantworten. Ich war noch zu jung, als meine Eltern starben, trotzdem brachte ich den Drachen neue Hoffnung, denn durch mich wollten sie mit anderen Menschen reden.
    Es war nicht leicht, mich wieder an die Sprache der Menschen zu erinnern, und nur mit Jandaldons Hilfe gelang es mir. Auch er ist ein großes Rätsel für die Drachen. Er war vor einigen Jahren im Drachenland aufgetaucht, und die Drachen hatten gehofft, dass er gekommen wäre, um Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Nun jedoch hat auch er die Drachen verraten, wie es andere Menschen schon vor ihm taten. Warum hat er das bloß getan? Ich frage mich, wo er jetzt ist.«
    »Die Dunkelmenschen haben den Turm erreicht, kurz nachdem Jandaldon ihn betrat«, sagte Loridan. »Auch wenn die Taten des Sängers im Interesse des Dunklen Herrn waren, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Dunkelmenschen ihm freundlich gesonnen waren. Wenn er nicht bald nach uns den Turm verlassen hat, ist es ihm wahrscheinlich übel ergangen.«
    »Und wenn er entkommen wäre – wohin hätte er sich gewandt?«, fragte Grimstan. »Falls er noch lebt, müssen wir ihn finden, denn offensichtlich ist auch er einer der Reinen.«
    »Nun, ich habe eine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte«, sagte Tirandor. »Ich habe mit ihm geredet, an dem Tag, bevor wir den Turm erreichten. Er hatte erwartet, dass er an diesem Tag sterben würde. Aber für den Fall, dass er überleben sollte, hat er mir ein Versprechen gegeben. Er sagte, er würde den Südkontinent besuchen – und ich glaube, dass diese Worte ernst gemeint waren. Wenn er also noch lebt, dann ist er wahrscheinlich auf dem Weg nach Süden.«
    »Ich frage mich, ob wir ihn wiedersehen werden«, sagte Grimstan. »Wenn er wirklich das Land verlassen will, dann ist sein Vorsprung schon groß – wir hätten keine guten Aussichten, seine Spur jetzt noch aufzunehmen. Aber wenn wir keinen anderen Reinen aufspüren, müssen wir ihn früher oder später finden.«
    »Ich denke, wir sollten jetzt nicht von den Entscheidungen abweichen, die wir getroffen haben«, sagte Loridan. »Wir werden nach Norden gehen, denn der Berg des Feuers und die Stadt der Geister sind jetzt unsere nächsten Ziele. Kommt! Es ist an der Zeit, dass wir unsere Reise fortsetzen, wir haben lange genug geruht.«
    Die Gefährten beendeten ihre Rast und kehrten zu den Reittieren zurück, die in einem dichten Gehölz angebunden waren. Der Weg, der sie nach Nordwesten

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