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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Grostan geschlossen hatte, trat Deryn an das Haus heran, doch nichts verriet ihm, wer dessen Bewohner sein mochte. Die Fensterläden im Erdgeschoss waren alle fest geschlossen, und keine Ritze erlaubte ihm einen Blick nach innen.
    Hastig ging Deryn an der Reihe der Häuser entlang und fand schließlich einen Zugang zu dem dunklen Hinterhof des Häuserblocks. Der Hof war von hölzernen Zäunen unterteilt und mit Gerümpel vollgestellt. Vorsichtig tastete Deryn sich zwischen Zäunen, abgestellten Wagen und Haufen von Unrat hindurch, die in dem spärlichen Licht groteske Umrisse bildeten. Endlich erreichte er die hintere Fassade des Hauses, in dem er Grostan vermutete. Auch hier waren die ebenerdigen Fenster dicht geschlossen, nur im Obergeschoss drang ein kleiner Streifen Licht durch eine Lücke im Fensterladen. Suchend schaute Deryn sich in der Dunkelheit um, bis er einen kleinen Wagen entdeckte, der unweit der Wand abgestellt war. Er schob den Karren unter das Fenster und stieß dabei gegen eine Holzlatte, die an die Hauswand angelehnt war. Sein Atem stockte, als das Brett ins Rutschen kam und leise polternd auf den unbefestigten Erdboden fiel. Schnell duckt Deryn sich in den Schatten zwischen dem Wagen und der Hauswand, und für eine Weile wartete er, ob jemand der Quelle des Geräusches nachgehen würde.
    Als alles ruhig blieb, kam Deryn wieder aus seinem Versteck hervor und sah sich erneut um. Er fand eine hölzerne Kiste, die er so leise wie möglich auf die Ladefläche des Wagens wuchtete. Schließlich kletterte er auf den Wagen und stellte sich auf die Kiste. Er war immer noch nicht hoch genug, um in das Fenster schauen zu können. Erst nach einigem Suchen in dem spärlichen Licht sah er, dass die verwitterte Fachwerkfassade genügend Stellen bot, die Händen und Füßen Halt geben konnten. Entschlossen setzte Deryn seinen Fuß in eine Lücke des Mauerwerks und zog sich mit einem Arm nach oben, bis er mit der zweiten Hand das Fensterbrett fassen konnte. Er fand einen Halt für seinen anderen Fuß und brachte so seine Augen auf die Höhe des Spaltes in dem Fensterladen. Erfreut stellte Deryn fest, dass er Glück hatte: Grostan befand sich in dem Raum, in den er blicken konnte, zusammen mit einem weiteren Mann. Dieser war klein und schmächtig, er wandte Deryn allerdings den Rücken zu, sodass sein Gesicht verborgen blieb. Nur mit Mühe verstand Deryn die Unterhaltung der beiden Männer.
    »Es war der Drachentöter«, sagte Grostan. »Ich habe ihn ganz deutlich gesehen. Wir müssen unseren Herrn warnen.«
    »Du weißt, dass er es nicht mag, wenn wir ihn ohne guten Grund rufen«, erwiderte der andere. »Bist du dir wirklich ganz sicher?«
    »Ja, ich bin sicher. Und ich kann den Herrn auch alleine rufen – sein Zorn wird dich nicht treffen, wenn die Botschaft ihn erzürnt. Doch auch seine Belohnung wird auf mich alleine zurückfallen.«
    Erstaunt sah Deryn, wie Grostan einen kleinen Lederbeutel aus seinem Hemd hervorzog und diesem einen funkelnden Kristall entnahm.
    »Warte«, sagte der andere. »Ich werde mich dir anschließen.«
    Der schmächtige Mann wandte sich von Grostan ab, um einen Becher, den er in der Hand hielt, auf dem Tisch abzustellen. Dann zog auch er einen Beutel aus seinem Kragen hervor und förderte daraus einen gleichartigen Stein zutage. Deryn erstarrte, als er den Mann erkannte – es war Wingald, der Schreiber der Fürsten! Beide führten nun ihre Hände mit den Kristallen vor ihre Augen.
    Während er das Geschehen gebannt verfolgte, begann Deryn schmerzhaft zu spüren, wie seine Muskeln erlahmten, denn er hatte einen großen Teil seines Körpergewichts mit einem Arm und einem Bein gehalten. Er versuchte, seine Position zu wechseln, indem er mit seinem rechten Fuß nach einer Lücke in der Fassade des Hauses suchte. Als er sein Gewicht schließlich verlagern wollte, erwies der gefundene Halt sich als trügerisch. Ein Stein löste sich und fiel mit leisem Poltern zunächst auf den Wagen und dann zu Boden.
    Mit beiden Händen klammerte Deryn sich an der Wand fest. Sein ohnehin schon ermüdeter Arm schmerzte unerträglich, seine Finger drohten, den Halt zu verlieren. Er versuchte, wenigstens einen Fuß wieder auf die Kiste zu setzen, die ihm bei seinem Aufstieg geholfen hatte. Sein Fuß ertastete eine Kante, stützte sich darauf, jedoch in einem schrägen Winkel. Die Kiste kippte um, gleichzeitig rutschten Deryns erlahmte Finger ab. Unsanft und mit einem lauten Rumpeln stürzte er auf den

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