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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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unseligen Land zu suchen. Du kannst es dir immer noch überlegen.«
    Halfas winkte der Schankmagd zu, denn sein Krug war bereits leer, während Jandaldon kaum von seinem Getränk gekostet hatte. Wie zuvor blieb der Sänger verschlossen und still, und er verbrachte eine ganze Weile damit, in sein Bier zu starren. Als er einmal den Blick hob, sah er am Nebentisch eine junge Frau sitzen. Er wunderte sich darüber, denn die übrigen Gäste der Schenke waren ausnahmslos Männer. Und noch mehr wunderte er sich über das Aussehen dieser Frau, denn sie trug ein schlichtes Gewand aus einem dunklen Stoff, und ihr Kopf war wie bei einem Priester kahl geschoren. Nie zuvor hatte der Sänger allerdings einen weiblichen Priester gesehen, und die Priester, an die er sich erinnerte, waren meist farblose Gestalten gewesen, die selten aus ihren Tempeln und Studierzimmern herauskamen. Das Gesicht der Frau und ihre schlanken Arme, die aus ihrem Gewand hervorschauten, waren gebräunt von der Sonne, so als würde sie viel Zeit in der Natur verbringen. Sie war schön, und Jandaldon fragte sich, was diese Frau allein an einen Ort wie diesen führte. Eine Weile beobachtete er sie, während sie unbeirrt von dem Trubel um sie herum eine Suppe aus einer hölzernen Schale löffelte. Eine kräftige Hand auf seiner Schulter riss Jandaldon aus seinen Gedanken.
    »Mir scheint, du hast plötzlich doch dein Interesse für Frauen wiederentdeckt.« Halfas grinste. »Die Priesterin dort drüben – sie scheint dich zu beeindrucken. In der Zeit, die du sie nun schon anstarrst, habe ich meinen zweiten Krug geleert.«
    »Eine Priesterin?«, fragte Jandaldon. »Ich hatte nicht gewusst, dass es in diesem Land weibliche Priester gibt.«
    »Oh doch, es gibt sie. Auch wenn man sie hier an der Küste nur selten sieht.«
    »Was mag sie wohl in einer Spelunke wie dieser wollen?«
    »Nun, sie ist offensichtlich hier, um etwas zu essen«, sagte Halfas. »Aber ich weiß wenig über die Verhältnisse in diesem Land. Sie ist wohl keine Priesterin des Firion.«
    »Keine Priesterin des Firion?« Jandaldon musterte Halfas mit gerunzelter Stirn. »Welchem anderen Gott sollte sie dienen? Etwa Aeon selbst?«
    »Ich denke, sie gehört zu denen, die die göttliche Macht der Elemente verehren. Aber warum gehst du nicht zu ihr und fragst sie selbst?«
    »Das werde ich tun.« Jandaldon erhob sich von seinem Stuhl. »Firion scheint uns wirklich auf dieser Reise geleitet zu haben. Er hat nicht nur dein Schiff durch den Sturm genau vor den Hafen dieser Stadt geführt, er hat mir auch diese Frau gesandt. Sie wird mir sagen können, wo ich die Wunder finde, die ich suche.«
    Entschlossen trat Jandaldon an den kleinen Tisch heran, wo die Frau alleine saß. Er wunderte sich, dass es bisher niemand gewagt hatte, sich ihr zu nähern, denn die anderen Gäste der Taverne hielten einen respektvollen Abstand zu ihr. Eine Weile stand der Sänger schweigend dort und beobachtete die Priesterin, deren Aufmerksamkeit völlig von ihrer Mahlzeit eingenommen schien. Endlich blickte sie zu ihm auf, und sie zeigte ihm ein Lächeln.
    »Betrachtet Ihr mich oder meine Suppe?«, fragte sie.
    »Ich betrachte … ich meine … ich komme aus dem Norden«, sagte Jandaldon.
    »Nun weiß ich also, woher Ihr kommt.« Die Frau musterte den Sänger mit gerunzelter Stirn. »Wollt Ihr mir nun noch sagen, wer Ihr seid und was Ihr von mir wünscht?«
    »Mein Name war … ich meine … mein Name ist Jandaldon. Ich bin Sänger. Und ich bin in dieses Land gekommen, um seine Wunder zu sehen.«
    »Und denkt Ihr, ich bin ein solches Wunder?« Die Frau lächelte wieder.
    »Ja … nein«, sagte Jandaldon, und er fühlte sich unbehaglich unter ihrem forschenden Blick. »Aber man sagte mir, dass Ihr eine Priesterin seid, die sich mit diesen Wundern auskennt.«
    »Ja, ich bin Priesterin. Rhya ist mein Name. Setzt Euch doch und erzählt mir, was ich für Euch tun kann.«
    Jandaldon setzte sich auf einen der freien Stühle, der jungen Frau gegenüber. Im spärlichen Licht der Schenke konnte er die Farbe ihrer Augen nicht erkennen. Ihr kahler Schädel wirkte fremdartig, trotzdem erschien sie ihm schön, außergewöhnlich schön.
    »Ich bin einen weiten Weg gereist, um die Wunder dieses Landes zu entdecken. Feuer, Wasser, Stein, Luft und Eis – die Elemente sollen hier etwas Besonderes sein. Vor allem das ewige Feuer hat es mir angetan. Könnt Ihr mir sagen, wo ich dieses Wunder finde?«
    »Das ewige Feuer? Ja, es mag ewig brennen,

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