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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Fragment festgehalten wurde, das Timon zuvor von der ausgebrannten Seth-Rune abgetrennt hatte. Das Fragment hatte sich noch nicht mit der Thrya-Rune vereint, doch der Draht hielt es in der richtigen Position, sodass es die Bruchstelle berührte.
    »Khor ad-dan sedlar! Thrya ed-dalar!«
    Schweiß stand auf Timons Stirn, während er die Worte des Zaubers sprach. Sein Blick war auf die Rune gerichtet, und aufmerksam beobachtete er, ob seine magischen Worte eine Wirkung auslösten. Langsam hob der Junge seine Arme, hielt beide Hände über das Amulett. Seine Stirn furchte sich, als er sich auf den Zauber konzentrierte.
    »Khor ad-dan sedlar! Thrya ed-dalar!«, sagte er. »Thrya fai-danan! Estar sadh en-d’dur!«
    Wieder und wieder sprach Timon die gleichen Worte, und seine Stimme wurde immer drängender und verbissener. Als nach kurzer Zeit das Glühen des Amuletts erlosch, schüttelte er betrübt seinen Kopf.
    »Der Zauber hat nicht gewirkt.«
    »Gib nicht auf«, sagte Grimstan. »Noch steht Eril-Angoth nicht am Himmel – wir haben noch einen Versuch.«
    Der alte Mann hob das Amulett vorsichtig mit der Zange an und legte es ins Feuer zurück. Gemeinsam sahen sie zu, wie die Glut das glänzende Metall umwaberte.
    »Ich kann mich einfach nicht auf den Zauber konzentrieren«, sagte Timon. »Ich muss immer noch an den Kampf denken. So viele von uns sind gestorben.«
    »Ja, viele sind dafür gestorben, dass wir nun die Gelegenheit haben, diesen Zauber zu vollenden. Aber der Kampf liegt nun schon zwei Tage zurück. Wir dürfen dieses Opfer nie vergessen, und wir wollen die nicht enttäuschen, die jetzt erwartungsvoll auf uns blicken.«
    »Danke, Grimstan«, sagte Timon mit säuerlichem Tonfall. »Ich kann die Schrecken dieses Kampfes wohl kaum vergessen, wenn du sie mir derartig unter die Nase reibst.«
    »Das wollte ich nicht«, erwiderte Grimstan. »Aber wenn du diesen Zauber vollenden willst, wirst du noch weiter in die Tiefen deiner Erinnerung vordringen müssen. Ein Zauber besteht nicht nur aus Worten – du musst eins sein mit dem Fluss der Magie. Du musst auch Gerugrims Empfindungen und Gefühle wiederentdecken.«
    »Ja, das muss ich wohl«, sagte Timon, und seine Stimme klang noch trauriger als zuvor.
    »Du hast dich diesem Teil deiner Erinnerungen bisher bewusst verschlossen, ist es nicht so?«
    »Ja, das habe ich. Ich fürchte, dass ich nicht mehr ich selbst sein werde, wenn Gerugrims ganzes Wesen wieder erwacht. Nun sehe ich, dass es keinen anderen Weg gibt. Zuviel haben andere schon geopfert – auch ich werde etwas geben müssen.«
    »Ich denke nicht, dass du einen Verlust erleiden wirst. Aber wenn dieser Schritt dich so sehr belastet, dann solltest du dir Zeit dafür nehmen. Gleich wird Eril-Angoth am Horizont erscheinen, vielleicht sollten wir unsere Versuche für heute aufgeben.«
    »Nein, ich werde nicht bis morgen warten. Wer weiß, ob das Wetter uns morgen gewogen sein wird. Gerugrim steht bereit – ich brauche nur die Tür zu öffnen, hinter der er schon seit Tagen wartet. Das Amulett ist jetzt heiß genug, ich werde es noch einmal versuchen.«
    Mit gerunzelter Stirn musterte Grimstan den Jungen, dann griff er zu der Zange, um das Amulett aus der Glut zu heben. Plötzlich veränderte sich etwas in Timons Gesicht. Ein Glitzern trat in seine Augen, und der Ausdruck von Müdigkeit und Unentschlossenheit verschwand. Wie zuvor hielt der Junge seine Hände über das glühende Amulett ausgebreitet, doch dieses Mal schloss er seine Augen, bevor er die Worte des Zaubers sprach.
    »Khor ad-dan sedlar! Thrya ed-dalar! Thrya fai-danan! Estar sadh en-d’dur!«
    Mehrfach wiederholte Timon den Zauberspruch, und jedes Mal schien seine Stimme an Macht zu gewinnen. Angespannt blickte Grimstan auf die Rune, die immer noch unverändert wirkte. Jeden Augenblick musste nun das Auge des Bösen erscheinen, das den Zauber mit seinem unheiligen Licht zunichte machen würde.
    »Khor ad-dan sedlar! Thrya ed-dalar! Thrya fai-danan! Estar sadh en-d’dur!«
    Wieder blickte Grimstan auf die Rune. Das Leuchten war zu einem schwachen roten Glühen verblasst, und immer noch zeichnete sich die Bruchstelle als dunkle Linie ab. Bald würde die Rune so weit erkaltet sein, dass der Zauber nicht mehr gelingen konnte.
    »Khor ad-dan sedlar! Thrya ed-dalar! Thrya fai-danan! Estar sadh en-d’dur!«
    Grimstan spürte, dass dieses Mal etwas anders war, schon bevor er das Leuchten des Amuletts sah. Die Macht des Zaubers lag für einen Moment fast

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