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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Feuer. Immer noch waren seine Augen geblendet durch das Tosen der Flammen, doch er fühlte sich leicht und befreit. Keine Schmerzen quälten ihn mehr – das Einzige, was er spürte, war die Hand des Engels, die ihn sicher leitete. Keine Zeit schien in dem Feuer zu vergehen, und es dauerte eine Ewigkeit, bis die Flammen versiegten und die Hitze endete. Jandaldon atmete einige Male tief durch, spürte, wie die kühle Nachtluft ihn durchströmte. Als seine Augen sich an das Fehlen des Lichts gewöhnten, erkannte er, dass es nicht dunkel war. Das Feuer war immer noch nahe, und der flackernde Schein beleuchte die Gestalt, die neben ihm stand. Erst jetzt sah Jandaldon, dass der Engel verschwunden war, und es war Rhya, deren Hand er in der seinen hielt.
    »Ich dachte schon, du wärst verloren«, sagte sie. »Wie ist es dir gelungen, zu mir zurückzufinden, nachdem du im Feuer verschwunden warst?«
    »Ja, ich war verloren«, sagte Jandaldon. »Doch Firions Engel hat meine Hand gefasst und sie in die deine gelegt.«
    »Und bist du nun bereit weiterzuleben?«
    »Ja, ich werde leben, um die Schuld zu tilgen, die ich auf mich geladen habe. Oder ich werde bei dem Versuch sterben.«
    »Und was willst du nun tun?«, fragte Rhya.
    »Der Engel hat gesagt, dass ich weiterziehen soll, um mein Lied zu singen. Aber wo werde ich jemanden finden, der ihm lauschen wird?«
    »Es gibt nur wenige Orte hier in diesem Land, wo du ein Publikum finden wirst. Car-Gonaredh liegt hinter uns, doch wenn der Engel dir gesagt hat, dass du weiterziehen sollst, dann solltest du weiter dem Weg folgen, den wir bisher gegangen sind. Er wird dich in die Seestadt führen.«
    »Und du? Wirst du mich begleiten?«
    »Ja, das werde ich – zumindest bis zur Seestadt.«
    »Es freut mich, dass du mich nicht alleine lässt«, sagte Jandaldon.
    »Es freut mich, dass du lebst.« Rhya schloss den Sänger in ihre Arme und drückte ihn fest an sich.
    ***

Buch 5: Drachenzauber
Prolog
    Sorgfältig wischte Gingarod das dampfende schwarze Blut von der Klinge seines Schwertes. Fasziniert betrachtete der Ritter die mächtige Waffe, die er nun seit dem dritten Teil eines Jahres trug – die erste Waffe, die von Menschenhand geführt einen Drachen getötet hatte. Nun hatte die Klinge zum zweiten Mal das Blut eines Drachen vergossen.
    Gingarod blickte auf, als sein Schwertbruder an ihn herantrat, und gemeinsam sprachen sie das Dankgebet zu Firion für ihren Sieg über den Drachen.
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Gingarod, und er ging zu seiner Reitechse, um eine tönerne Flasche und eine Axt herbeizuholen. In die Flasche fing er das heiße Blut auf, das immer noch aus der klaffenden Wunde im Hals des getöteten Drachen hervorsickerte. Als das Gefäß voll war, verkorkte er es sorgfältig und stellte es beiseite.
    »Das Blut haben wir«, sagte der Ritter. »Was braucht der Zauberer sonst noch?«
    »Ein paar Zähne«, antwortete sein Schwertbruder. »Und eine Schuppe. Was will er bloß damit?«
    »Er will sie erforschen«, sagte Gingarod. »Und er will den Zauber der Drachen ergründen.«

In finstere Gedanken versunken stand Calidor am Fenster seines Turmzimmers und blickte über sein Land, das sich im Licht des Nachmittags vor ihm ausbreitete. Auch der helle Sonnenschein konnte seine düstere Stimmung nicht mildern, denn zu viele Sorgen suchten ihn heim. Sein Blick war nach Osten gerichtet, auf die fernen Hügel, die sich am Horizont im Dunst verloren. Hinter diesen Hügeln lag das Drachenland, das für die Bewohner der Stadt immer eine ferne, ungewisse Bedrohung gewesen war. Niemals war ein Drache nach Car-Osidia vorgedrungen, oder in das Land, das die Stadt umgab – eine fragwürdige Sicherheit, denn die Propheten hatten oft von der Zeit gekündet, wenn die Drachen Firions Bann endgültig brechen und die unsichtbaren Grenzen ihres Reiches überschreiten würden. Nun waren die Drachen verschwunden, hatten sich zurückgezogen in ein fernes Land, das den Menschen nur aus Legenden bekannt war.
    Seit drei Wochen weilte Carilon schon in Car-Osidia, doch die Nachrichten, die er mitgebracht hatte, erschienen noch immer unfassbar und verwirrend. Mächte des Bösen sollten hinter Gweregons Taten stehen, und Dämonen und andere finstere Wesen suchten das Land heim. Welche Gefahr auch immer die Drachen bisher dargestellt hatten, nun war sie gewichen, um einer neuen, viel greifbareren Bedrohung Platz zu machen. Denn in den Hügeln, die früher die Grenze zum Drachenland gebildet

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