Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
entgegengeblickt, und als er an sie herantrat, kreuzten sie ihre Hellebarden.
    »Verzieh dich, Junge«, sagte einer von ihnen.
    »Ich will zum Meister der Gilde«, erwiderte Timon mit fester Stimme. »Meldet ihm mein Kommen.«
    »Und wen sollen wir melden?«, fragte der zweite Soldat mit einem rauen Lachen. »Den Prinzen von Car-Tiatha oder den Urenkel von Gerugrim dem Großen?«
    »Narr«, erwiderte Timon. »Ich bin …«
    Timon verstummte rasch, als Daniras Hand seinen Arm fasste und ihn mit sich zog. Einer der Wächter war einen Schritt nach vorne getreten, eine Hand zum Schlag erhoben, doch er folgte Timon nicht, als dieser zusammen mit dem Mädchen die Stufen hinuntereilte. Am Fuß der Treppe verharrten die beiden, und Danira betrachtete den Jungen mit gerunzelter Stirn und einem verwirrten Lächeln. Noch bevor sie etwas sagen konnte, erkannte sie, dass Loridan und Selina sich ihnen näherten. Der Ritter trug ein unförmiges Bündel aus einem festen Stoff über seinem Arm, das ein Umhang oder ein Mantel sein mochte.
    »Was ist geschehen?«, fragte Loridan, dem Timons Erregung offenbar nicht entgangen war.
    »Dies ist die Magiergilde«, sagte der Junge, und er wies mit seinem Arm die Stufen hinauf, wo ihn die Wächter immer noch grimmig betrachteten. »Ich kenne diesen Ort. Ich meine … gerade habe ich mich daran erinnert, dass ich einst hier lebte – als Gerugrim, oder unter noch einem anderen Namen. Aber die Wachen wollten mich nicht einlassen.«
    »Du hast mit ihnen gesprochen?«
    »Ja, das habe ich, sie waren allerdings sehr unfreundlich.«
    »Ich hoffe, du hast ihnen nichts von Gerugrim erzählt«, sagte Loridan, und Besorgnis verdüsterte sein Gesicht.
    »Nein, das habe ich nicht.« Timon blickte zu Danira hinüber. »Aber ich hätte es getan, wenn Danira mich nicht weggezogen hätte.«
    »Ich denke nicht, dass er dir geglaubt hätte«, sagte Danira, und trotz ihrer Erregung lächelte sie den Jungen an. »Er wollte dich gerade verprügeln, weil du ihn einen Narren genannt hast.«
    »Ja, das habe ich – und zwar mit Recht. Früher hat die Gilde ihre Wachen mit mehr Bedacht ausgewählt.«
    »Früher?«, fragte Loridan. »Wann war das?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Timon. »Vielleicht werde ich es herausfinden, wenn ich mit dem Gildenmeister rede.«
    »Ich halte dies für keine gute Idee«, sagte Loridan. »Wenn du dich als Gerugrim zu erkennen gibst oder als ein anderer Zauberer, der schon lange tot sein sollte, dann wird das für Aufsehen sorgen. Und genau das wollten wir vermeiden.«
    »Aber ich kann diese Stadt nicht verlassen, ohne die Gilde besucht zu haben. Ich könnte viel über meine Vergangenheit lernen.«
    »Wir wollen später darüber reden.« Loridan schaute zum Himmel, um den Stand der Sonne zu erkunden. »Es ist schon Nachmittag, und wir wollen uns wieder mit Herubald und den anderen treffen. Vielleicht haben sie bereits ein Schiff gefunden, das uns in den Süden tragen wird.«
    Die Gefährten wandten dem imposanten Gebäude den Rücken zu, und Danira war froh, diesen Ort hinter sich zu lassen, an dem Timon wieder einmal sein wandelbares Wesen offenbart hatte. Sie verließen den Marktplatz nicht auf dem Weg, den sie zuvor gekommen waren, und nun liefen sie zwischen Gebäuden hindurch, die ähnlich eindrucksvoll wirkten wie das Haus der Magiergilde. Kunstvoll beschnittene Bäume und Büsche säumten die mit flachen Steinen gepflasterte Straße.
    »Diese Stadt ist etwas Besonderes«, erklärte Loridan. »Es gibt keinen Fürsten, der über das Schicksal der Stadt bestimmt, sondern einen Rat, der aus den Obersten der Magiergilde und den bedeutendsten Zünften der Stadt gebildet wird. Ich nehme an, dass hier irgendwo das Ratsgebäude liegt.«
    »Ja, es liegt dort drüben«, sagte Timon. »Und auch die Gildenhäuser der Händler und Handwerker befinden sich in diesem Viertel. Einst war ich Mitglied des Hohen Rates, und oft bin ich über diese Straße geschritten. Der Rat wählt jedes Jahr einen Sprecher, und dieser ist nur dem König selbst verantwortlich. Von jeher haben die Könige in Car-Tiatha diese seltsame Regelung akzeptiert, denn die Abgaben aus Car-Niëllath haben den Königshof stets schneller und zuverlässiger erreicht als die der übrigen Städte.«
    Während der Junge sprach, sah Danira sich staunend um. Nicht nur die Gebäude hier wirkten prächtig, auch die Menschen unterschieden sich von denen, die sie gerade noch auf dem Marktplatz gesehen hatte. Männer und Frauen trugen

Weitere Kostenlose Bücher