Brüder der Drachen
Gerugrims zu unterscheiden. Und vielleicht gibt es da noch mehr …« Das Lächeln verschwand aus Timons Gesicht, und er wandte sich von dem Händler ab, um weiterzugehen.
»Lass uns noch auf Loridan und Selina warten«, sagte Danira. »Sonst verlieren wir sie aus den Augen.«
Erwartungsvoll blickte sie ihren Freunden entgegen, die ein Stück zurückgeblieben waren und die Auslagen eines Händlers betrachteten. Loridan und Herubald hatten lange darüber beraten, ob sie es wagen sollten, mit der gesamten Gruppe die Stadt zu betreten. Car-Niëllath lag am äußersten Rand des Ostreiches, dennoch galten auch hier die Gesetze und Befehle von König Gweregon. Nichts in dieser Stadt wies jedoch darauf hin, dass das Land sich auf einen Krieg vorbereitete, und so hatte schließlich die Neugier der Gefährten gesiegt.
Während Herubald sich zusammen mit Gerric und Tirandor ins Hafenviertel aufgemacht hatte, war der Rest der Gefährten zum Marktplatz aufgebrochen. Es war Loridans Wunsch gewesen, in dieser Stadt so wenig Aufsehen zu erregen wie nur möglich. Er und Herubald hatten ihre auffälligen Rüstungen schon abgelegt, als sie sich vor zehn Tagen von Eldilion und den anderen getrennt hatten. Auch Danira hatte sich anpassen müssen, indem sie ihr Schwert nun wieder in eine Decke eingewickelt auf ihrem Rücken trug. Ihre Rüstung hatte sie in dem Gasthof zurückgelassen, in dem sie eine Reihe von Zimmern gemietet hatten. Trotz all ihrer Bemühungen um Unauffälligkeit bemerkte Danira, dass ihnen zuweilen die Blicke der Passanten folgten, allerdings war sie nicht selbst der Gegenstand dieses Interesses. Selina hatte ihr langes blondes Haar zu einem Knoten gebunden und mit einem Kopftuch verhüllt, dies reichte jedoch offenbar nicht aus, um ihre Schönheit zu verbergen.
Die junge Frau schien das Interesse der Menschen nicht zur Kenntnis zu nehmen. Sie hielt Loridans Hand in der ihren, und manchmal lehnte sie ihren Kopf an die Schulter des Ritters. Danira ahnte, dass Selina unter der Macht des Bannzaubers litt, denn seit dem Morgen waren sie wieder in der Reichweite des östlichen Turms, der die Drachen daran hinderte, in die Stadt der Zauberer einzudringen. Für eine Weile beobachtete Danira, wie Selina und Loridan sich ihr langsam näherten, als eine laute Stimme sie aufschreckte.
»Amulette! Magische Amulette!«
Mit einem Lächeln schaute Danira zu Timon hin, der ebenfalls auf den Händler aufmerksam geworden war. Es war ein vierschrötiger Geselle, doch er trug einen blauen Kittel, der dem Gewand eines Magiers ähnelte. Timons Blick war ernst, als er an den Stand des Händlers herantrat. Auf einem schäbigen hölzernen Gestell lag eine schmutzige Decke, und darauf war eine Reihe von bronzenen Schmuckstücken ausgebreitet. Diese waren rund, und ihre Oberflächen waren mit verschiedenen Mustern verziert. Ohne den Händler zu beachten, der ihn mit einem mürrischem Blick musterte, fasste Timon nach einem der Amulette. Nach einer kurzen Begutachtung legte der Junge es auf den Tisch zurück.
»Es ist billiger Tand, den du verkaufst«, sagte er.
»Verschwinde, Junge, oder es setzt Hiebe.« Der Händler trat einen Schritt auf Timon zu, doch Danira zog den Jungen rasch weiter.
»Wie kannst du so etwas sagen?«, fragte sie, halb belustigt und halb besorgt. »Er hätte dich verprügeln können.«
»Ich habe die Wahrheit gesagt. Es ist nichts Magisches an den Amuletten, die er verkauft.«
»Hast du nicht vor ein paar Wochen noch das Gleiche getan?«
»Ja, das habe ich wohl.« Timons Stimme klang mürrisch. »Doch ich erinnere mich nur ungern daran.«
»Das ist schade«, sagte Danira. »Denn ich denke gerne an den Tag, als wir uns zum ersten Mal trafen. Es macht mich nur traurig, dass das Amulett zerstört wurde, das du mir damals geschenkt hast.«
»Es war ohnehin nicht viel wert. Nun trägst du eine echte Zauberrune – du hast einen guten Tausch gemacht. Aber lass uns jetzt weitergehen.«
Entschlossen setzte Timon seinen Weg fort, um sich die letzten Marktbuden anzusehen, die am nordöstlichen Rand des Platzes aufgereiht waren. Nachdenklich blickte Danira ihm hinterher, bis ihre Aufmerksamkeit von einer Schar Nunis angezogen wurde, die unter den Ständen herumhüpften und nach besonderen Leckerbissen suchten. Seltsamerweise waren diese Vögel gelb und nicht blau wie ihre Verwandten, die weit im Westen und Norden lebten. Bald bemerkte sie, dass Timon sich schon ein Stück von ihr entfernt hatte, denn er ging rasch an
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