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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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zurückbleiben«, sagte Grimstan. »Es wäre ein zu großer Verlust, wenn ihr etwas geschehen sollte.«
    »Nein«, entgegnete die Frau. »Ich werde nicht zurückbleiben. Ich habe dich immer geachtet wie einen Vater, Grimstan, aber du kannst mir nicht gebieten wie einer Tochter. Ich bin für diese Reise besser geeignet als Duram, und ich denke, dass er unser Vermächtnis bewahren sollte.«
    »Ylee hat recht«, sagte Duram. »Ich bin zu alt für diese Reise, und ich will mich darum kümmern, dass der Bund der Bewahrer weiter besteht, auch wenn ihr nicht zurückkehrt.«
    *
    Es war ein warmer Sommertag, und die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel auf die Straßen von Car-Tiatha hinunter. Auch wenn das Land sich im Krieg befand, hatte sich für die Menschen in der Hauptstadt nur wenig geändert. Auf dem Marktplatz herrschte ein buntes Treiben, in den Straßen und Hinterhöfen spielten Kinder.
    Schon vor Wochen war das Heer abgezogen, und auch Angbold war gegangen, der die Garnison mit eisernem Willen regiert hatte. Für die verbliebenen Soldaten war schnell die alte Routine zurückgekehrt. Mit Verwirrung zunächst und dann mit zunehmender Freude hatten sie bemerkt, dass niemand da war, der Angbolds Stellung einnahm. Jotaan, einer der Vertrauten des alten Offiziers, versuchte zwar, in dessen Fußstapfen zu treten, er verbrachte jedoch einen großen Teil jedes Tages im Palast des Königs. Die Dienste waren hart, denn die Besatzungen der Wachtürme waren verstärkt worden, doch der Diensteifer der Soldaten hatte merklich nachgelassen. Niemand glaubte ernsthaft daran, dass jemals ein feindliches Heer aus dem Westen vor den Toren der Stadt erscheinen würde. In dem hellen Sonnenschein, der seit Tagen herrschte, klangen auch Gerüchte über Dämonen und andere Kreaturen der Nacht weniger bedrohlich. Der Krieg würde weit entfernt stattfinden, in Ländern und Städten, die das einfache Volk von Car-Tiatha nur vom Hörensagen kannte.
    Die Fürsten aus Faladhon und Adonath hatten einen Teil ihrer Soldaten zurückgelassen, um die Garnison von Car-Tiatha zu verstärken, und auch aus anderen Städten des Reiches waren viele junge Männer einberufen worden. Manche von ihnen kamen aus Orten, von denen die Menschen in der Stadt kaum einmal gehört hatten. So hatten Bürger und Soldaten die Gelegenheit, Geschichten aus weit entfernten Städten zu hören wie Car-Adonath, das weit im Nordosten lag, oder aus Car-Niëllath, der Stadt der Zauberer. Für die Menschen in Car-Tiatha war der Krieg wie ein großes Volksfest, und an den warmen Sommerabenden sah man überall Gruppen von Soldaten, die sich auf den Plätzen der Stadt versammelten und sich mit Bier und billigem Wein betranken.
    Viele schliefen während ihrer Wachen, weil sie die Nächte durchzecht hatten, oder sie tranken sogar während ihres Dienstes. Auch die beiden Wächter am Westtor waren müde und verschlafen, obwohl die Sonne erst kurz vor dem Mittag stand. Sie beachteten kaum die wenigen Menschen, die sich über die staubige Straße bewegten, und sie blickten nicht einmal auf, als zwei Männer sich der Zugbrücke näherten, die auf das Tor zuführte. Es waren ein alter Mann mit wirrem Haar und schäbiger Kleidung und ein jüngerer, der ein Priestergewand trug. Die beiden Männer waren schon fast an den Wachen vorbei, als der jüngere stehen blieb und sich den Soldaten zuwandte.
    »Seid gegrüßt, meine Freunde.« Sad Eldon zeigte ein freundliches Lächeln.
    »Was kann ich für Euch tun, Vater?«, fragte einer der Soldaten.
    »Ich bin gekommen, um Neuigkeiten aus dem Westen zu hören. Mein Dorf liegt im Norden, und lange ist dort kein Bericht über den Krieg mehr vernommen worden.«
    »Es … es gibt keine Neuigkeiten«, erwiderte der Soldat mit einem verlegenen Lächeln.
    »Gibt es sonst etwas zu berichten, hier aus der Stadt?«
    »Nein … nein.« Der junge Mann schaute Hilfe suchend zu seinem Kameraden.
    »Nun, dann will ich dich nicht von deinem Dienst abhalten.« Sad Eldon legte eine Hand auf die Schulter des Soldaten. »Firion sei mit dir.«
    Der Priester folgte seinem Gefährten, der bereits das Tor durchschritten hatte, das sie in die Straßen von Car-Tiatha führte.
    »Wann bist du zuletzt in dieser Stadt gewesen, Grimstan?«, fragte Sad Eldon.
    »Ich habe die Stadt seit vielen Jahren gemieden.« Der alte Mann schüttelte seinen Kopf. »Immer war hier ein Sammelpunkt unserer Feinde.«
    »Ja, doch nun können wir davon ausgehen, dass sie die Stadt verlassen haben. Nur

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