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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Eldilion sich vom Geländer der Brücke ab. »Deine Männer werden sich schon wundern. Und nimm dich in Acht. Die Stadt ist in großer Gefahr – aber sie geht nicht von Calidor aus.«
    Zum Abschied reichten die beiden Männer sich die Hände, dann ging Eldilion zielstrebig durch das Tor, das ihn zurück in die Straßen von Car-Tiatha führte. Valdon folgte ihm langsamer, und geistesabwesend gab er seinen Männern den Befehl, das Tor zu schließen. Sein Blick hing an Eldilions Rücken, der rasch im Dämmerlicht der engen Straßen verschwand.
    *
    Eril-Angoth leuchtete funkelnd am nächtlichen Himmel, sein rotes Glühen wurde heller und heller, bis die anderen Sterne um ihn herum vor seinem Glanz verblassten. Selbst Eril-Firion flackerte und verlosch wie eine Kerze im Wind, und als der Wächter besiegt war, konnte das rote Leuchten sich aufmachen, um den gesamten Himmel zu erobern. Ein Stern nach dem anderen wurde von dem roten Licht verschlungen. Zitternd beobachtete Danira, wie das grausame Licht sich nun Vradil näherte, dessen blasser Glanz zu einem trotzigen Funkeln aufflammte. Dann war auch dieser Stern verschwunden, ausgelöscht durch die unersättliche Macht des bösen Gottes. Und mit der Eroberung des Himmels wurde auch dem Land Thaur-Angoths rotes Siegel aufgepresst. Berge zersprangen unter diesem grausamen Licht, und Flüsse vertrockneten. Tief unter Danira zog das Land dahin – offenbar flog sie auf dem Rücken eines Drachen durch den rot glühenden Himmel.
    Unter ihr lagen die Überreste einer Stadt, die Häuser zerstört bis auf die Grundmauern. Sie erkannte jede Einzelheit der geborstenen Mauern, obwohl sie noch weit entfernt waren. Da erst bemerkte sie, dass sie nicht auf einem Drachen ritt, sondern selbst ein Drache war. Danira fühlte, wie sie mit ihren riesigen Schwingen die Luft durchschnitt, spürte die Stärke eines Körpers, der so schwer war wie viele, viele Menschen. Ja, sie war stark – dank des Drachenblutes in ihren Adern, dank des Drachenzaubers, der nun tief in ihr wirkte. Wieder richtete sich ihr Blick auf die zerklüfteten Ruinen unter ihr. In dem roten Licht erschienen die Mauern, als seien sie mit Blut bedeckt, und durch die verlassenen Straßen heulte der Wind. Es war ein schreckliches Lied, das der Wind sang, so als triebe er ein Heer von verlorenen Seelen durch das Land. Dennoch war es auch ein schönes Lied, erfüllt von einer tiefen Trauer und Verzweiflung.
    Dann erst bemerkte Danira den Schatten, der wie eine Wolke über den Mauern der zerstörten Stadt hing. In den Straßen hasteten Menschen durch die zerstreuten Trümmer, suchten der voranschreitenden Dunkelheit zu entkommen. Und Danira war selbst eine der Gestalten, die sich mühsam auf dem zerklüfteten Boden entlangquälten. Warum war sie kein Drache mehr? Die bedrohliche Wolke war nun über ihr, durchzogen von Blitzen, und durch das Dunkel leuchtete ein geheimnisvolles Symbol. Es war keine der fünf Runen, und doch war die Form Danira vage vertraut. Eine gewundene Linie war es, verschlungen und verdreht und von einem hellen Licht erfüllt. Der Schatten wich vor diesem Licht, nun allerdings sah Danira fünf schreckliche Kreaturen, die in einem Pentagramm aus Licht standen. Auch über ihnen schwebte eine geheimnisvolle Wolke, die in dem roten Schein des Himmelslichts glühte. Und wieder hörte Danira das Lied des Windes, auch wenn es ihr jetzt erschien, als würden unmenschliche Stimmen ein Lied von Tod und Zerstörung singen.
    Die Vision endete, alles wurde dunkel. Danira spürte das sanfte Schaukeln der Wellen, und sie hörte leise Atemgeräusche neben sich. Nur langsam erinnerte sie sich. Sie befand sich auf einem Schiff – dem Schiff, das sie und ihre Gefährten in den Süden bringen sollte. Auch wenn der Traum vergangen war, lag noch immer eine unbestimmbare Drohung in der Luft. Verwirrt sah Danira sich um. Es war fast vollständig dunkel in dem Raum, nur ein schmaler Lichtstreifen war auf ihrer rechten Seite zu sehen, dort, wo die Tür sein musste. Ja, sie war in einer kleinen Kabine des Schiffes, in der außer ihr nur Selina schlief. Vorsichtig stieg Danira aus ihrer Hängematte, denn sie fühlte sich steif durch die ungewohnte Schlafhaltung, und es dauerte einen Moment, bis sie ihr Gleichgewicht fand. Mit ausgebreiteten Armen tastete sie sich zur Tür vor, die sie leise öffnete, um Selina nicht in ihrem Schlaf zu stören. Der Gang, in den sie hinaustrat, war von einer kleinen Lampe erleuchtet. Schneller ging

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