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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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der Gilde, dennoch waren sie nicht ungerüstet, und das Licht der tief stehenden Sonne glänzte auf Ringpanzern, Schwertern und Helmen. Am bewaldeten Hang eines felsigen Hügels hatten sie ihren Lagerplatz gewählt, abseits der Straße, die von Car-Tiatha nach Car-Osidia führte. Sie hatten einen Späher auf dem Gipfel des kleinen Berges postiert, von dem aus man den Verlauf der Straße überblicken konnte. Das Lager selbst war vor neugierigen Blicken verborgen, denn die Drachenritter legten keinen Wert darauf, anderen Reisenden zu begegnen. Ein lichter Wald schmiegte sich an den Hang des Berges, und zwischen den Bäumen hatten die Ritter ihre Decken ausgerollt und Zeltplanen aufgespannt, um sich vor dem kühlen Abendwind zu schützen. Der Hang, an dem sie lagerten, fiel nach Norden hin ab, doch nicht weit entfernt erhoben sich dort weitere Hügel, und der Horizont war ausgefüllt mit den schroffen Gipfeln der Drachenberge.
    Zwischen den Männern waren auch zwei Frauen, eine von ihnen dunkelhaarig, die andere hatte goldblonde Strähnen, die weit über ihre Schultern reichten. Beide hockten neben einem Mann, der auf dem Boden saß, den Rücken an einen Baum gelehnt. Teris war es, einer der Drachenritter, der bei der Flucht aus Car-Tiatha verletzt worden war. Vorsichtig löste die blonde Frau den Verband von seiner Brust und wusch die Wunde, die darunter verborgen war.
    »Es ist nicht nötig, dass Ihr diese Arbeit tut, Jeslyn«, sagte Eldilion, der leise herangetreten war. »Meine Männer sind alle in der Versorgung von Wunden geschult.«
    »Doch, es ist nötig, denn es ist der einzige Weg, auf dem ich Euch meine Dankbarkeit zeigen kann.« Die Königin blickte nur kurz zu Eldilion auf, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Verletzten zu. »Dieser Mann wurde verwundet, als er dazu beitrug, mich aus meinem Gefängnis zu befreien. Ich stehe tief in seiner Schuld.«
    »Nun gut. Aber sagt mir bitte, wenn es Euch an etwas mangelt. Jeder Wunsch soll Euch erfüllt werden.«
    »Das Einzige, was mir im Moment fehlt, ist mehr sauberes Wasser. Wollt Ihr einen Eurer Männer bitten, Ylee auf dem Weg zum Bach zu begleiten?«
    »Ich werde selbst mit ihr gehen, wenn Ihr mich entschuldigt.«
    »Natürlich tue ich das.« Die Königin lächelte. »Geht nur.«
    Ylee bückte sich, um den Eimer aufzunehmen, der neben dem Verletzten auf dem Boden stand, doch Eldilion kam ihr zuvor und hob das leere Gefäß auf. Lächelnd blickte die Frau in die Augen des Ritters und reichte ihm ihren Arm. Gemeinsam stiegen sie den flachen Hang zu dem Bach hinunter, der nicht weit entfernt durch sein steiniges Bett zwischen den Bäumen hindurchfloss.
    »Ich möchte Euch etwas fragen, wenn ich darf«, sagte Ylee, und sie blieb kurz stehen, um den Ritter anzusehen.
    »Natürlich dürft Ihr«, sagte Eldilion. »Was wünscht Ihr zu wissen?«
    »Ich habe in den Schriften der Bewahrer viel über die Drachen gelesen. Ihr jedoch habt sie gesehen und sogar mit ihrem Oberhaupt gesprochen. Ich wüsste gerne, was Ihr dabei empfunden habt.«
    »Vor allem Kummer und Scham«, sagte der Ritter nach kurzem Zögern. »Zuvor war es der Sinn meines Lebens gewesen, die Drachen zu bekämpfen und sie zu töten. Ich selbst habe einige Drachen erschlagen, trotzdem schien Eisenklaue keinen Groll gegen mich zu hegen.«
    »Die Drachen wurden erschaffen von Aeon, und seine Liebe ist auch in ihnen. Sie hegen einen Groll gegen Thaur-Angoth, doch nicht gegen die Menschen, die seiner Macht zum Opfer gefallen sind.«
    »Trotzdem war es nicht leicht für mich«, sagte Eldilion. »Bis zu diesem Tage glaubte ich, dass ich ein guter Mensch sei. Ich hielt mich sogar für besser als die meisten anderen, denn ich glaubte, für das Gute zu kämpfen. Als ich dann in die Augen von Eisenklaue blickte, war es, als würde mir ein Spiegel vorgehalten, in dem ich alle meine Makel sah.«
    »Nur wenige Menschen sind ohne Fehl. Und noch weniger sind in der Lage, ihre Makel selbst zu entdecken. Die Bewahrer lernen es, in sich selbst hineinzusehen. Wir erkennen unsere Fehler – und doch können wir sie nur selten ändern, denn es ist Thaur-Angoths Wille, dass wir auf seinen Pfaden wandeln.«
    »Ich bin froh, dass ich die Gelegenheit hatte, diese Lektion zu lernen. All der Hass, den ich gegen die Drachen hegte, ist nun aus meinem Herzen verschwunden. Ich fühle nur noch Trauer – darüber, dass ich all dies nicht früher erfahren konnte. Und ich wünschte, dass auch Tanolan es noch erfahren

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