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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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begonnen, den Himmel zu erobern, doch zwischen den Bäumen herrschte noch düsteres Zwielicht. Ihre Reise durch das Land der Drachen war bisher ruhig verlaufen, und sogar die ersten Tage, an denen sie sich durch offenes Land bewegt hatten, waren Deryn weniger beängstigend erschienen als auf seiner Hinreise. Stets hatte Loridan eine ruhige Zuversicht ausgestrahlt, selbst dann, als einmal ein Drache in niedriger Höhe an ihnen vorübergezogen war, kaum mehr als hundert Schritte von ihnen entfernt.
    Trotz der ständigen Bedrohung durch die Drachen hatte Deryn begonnen, Freude an dieser Reise zu empfinden. Seit Jahren hatte er nicht mehr so viel Zeit mit Loridan verbracht, und nun hatten sie die Gelegenheit genutzt, um alte und neue Geschichten auszutauschen. Zwei Nächte und eine halbe waren sie im Licht der Sterne und der Himmelswanderer geritten, bevor sie in die weiten Wälder des Hügellandes von Earwain eingetaucht waren. Im Schutz des Waldes war es möglich gewesen, bei Tage zu reisen, und sie waren schneller vorangekommen als in den Nächten zuvor. Einen großen Teil der Zeit hatte Deryn den Erzählungen des Ritters gelauscht – Erzählungen über die Drachen und das Leben der Drachentöter: Die Drachen griffen meistens nur tagsüber an – solange man nicht den Fehler machte, in der Nacht ein Feuer zu entzünden, oder sich im hellen Licht Eril-Firions durchs offene Land wagte. Schon der schwache Lichtschein einer Lampe, der durch eine offene Tür fiel, reichte aus, um die Drachen anzulocken. Das hatten die Bewohner von Car-Elnath oft genug erlebt.
    Niemand hatte je versucht, das Verhalten der Drachen zu begreifen. Die Menschen waren nur froh, wenn sie durch das Einhalten bestimmter Regeln die Begegnung mit den Drachen vermeiden konnten. Nicht einmal die Ritter der Drachengilde wussten mehr über ihre Gegner, als unbedingt nötig war, um einen Kampf mit ihnen zu überleben. Loridan kannte die schwachen Stellen in der hornigen Haut der Drachen, an denen es möglich war, sie mit einem Schwert ernstlich zu verwunden – zumindest mit einem Schwert, das von den Meisterschmieden der Gilde gefertigt und mit einem Zauber der Macht belegt war. Und Loridan hatte es gelernt, gewisse Verhaltensmuster der Bestien zu erkennen. Er wusste, wann ein Drache Feuer speien würde, schon einige Augenblicke bevor die Flammen aus seinem Rachen hervortraten. Aber er wusste nicht, warum die Drachen aus ihrer Heimat im Norden immer wieder in das Reich der Menschen eindrangen, um Tod und Vernichtung zu bringen.
    Gewiss, früher hatten auch hier Drachen gelebt, bevor die Ahnen gekommen waren und sie in den Norden vertrieben hatten. War das womöglich der Grund für ihre Angriffe? Hatten sie ihre eigenen Sagen und Überlieferungen, in denen sie ihre verlorene Heimat beklagten? Oder erinnerten sich die Drachen vielleicht sogar noch an diese Zeit? Wie alt konnte ein Drache werden, bevor er eines natürlichen Todes starb? Auf all diese Fragen und noch viele weitere wusste Loridan keine Antwort.
    Über vierhundert Jahre waren vergangen, seit die Ahnen diesen Kontinent erobert hatten, doch nur zweihundertfünfzig Jahre lang hatte sich das neue Reich entwickeln können, dann waren die Drachen wiedergekommen. Sie drangen allerdings nur in ein begrenztes Gebiet im Herzen des Reiches vor und ließen den Rest des Landes unbehelligt. Und sogar Car-Carioth hatte es geschafft, weiter im Drachenland zu existieren. Wollten die Drachen das Land nicht wieder vollständig zurückerobern? Oder waren sie vielleicht einfach zu wenige, fehlte ihnen die Macht für einen umfassenden Angriff? Immerhin hatten sie drei Städte verwüstet, bevor sie nach Car-Carioth kamen und dort ihren Angriff abbrachen.
    Als sie im Licht des Tages durch das bewaldete Hügelland geritten waren, hatte Deryn halb gehofft, plötzlich Durodan hinter einem Baum hervortreten zu sehen. Dennoch war ihnen während der gesamten Reise kein einziger Mensch begegnet. Nun hatten sie zwei Tagereisen in den Wäldern hinter sich gebracht, und Deryn wusste, dass sie innerhalb eines weiteren Tages Quildons Rasthaus erreichen würden. Als er am Morgen erwacht war, hatte er gesehen, dass Loridan bereits aufgestanden war, und er hatte sich zu ihm gesetzt.
    »Es war eine gute Idee von dir, Danira mitzunehmen«, sagte Loridan leise, um das Mädchen nicht aufzuwecken.
    Deryn zeigte ein schiefes Grinsen. »Eigentlich weiß ich selbst nicht, wie es dazu gekommen ist … aber irgendwie hat ihr Schicksal mich

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