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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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jungen Männer in der Stadt zurückblieben, doch der Druck von Elaines Hand in der seinen versicherte ihm, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Allerdings fühlte er Bedauern, weil er die Fürsten nicht hatte überzeugen können, sich den Flüchtenden anzuschließen. Und obwohl Deryn in den Augen vieler Soldaten las, dass sie lieber bei ihren Frauen und Kindern geblieben wären, verstand er auch den Willen der Fürsten, ihre Stadt nicht kampflos aufzugeben.
    Als sie den Rand des Platzes erreicht hatten, wandte er sich noch einmal zu dem Turm hin, auf dem die Fürsten immer noch standen. Er hörte den lauten Klang einer Kriegspfeife, mit der Garwyn die Aufmerksamkeit des Volkes auf sich lenkte. Das Murmeln der Menge verstummte, und dann hörte man die Stimme von Fürst Gorlac, die von dem Turm aus weit über den Platz schallte. An verschiedenen Orten standen Ausrufer auf kleinen Podesten, die die Worte des Fürsten laut wiederholten.
    »Bürger von Car-Carioth«, rief Gorlac. »Die Stunde des Abschieds ist nun gekommen. Ein langer Weg liegt vor euch, durch ein Land voller Gefahren. Prinz Fardhan soll nun euer Herr sein, und meine Tochter Elaine und Deryn, der nun mein Sohn ist, sollen euch sicher geleiten. Fürchtet nicht den Weg, den ihr gehen werdet, und fürchtet nicht das Ziel, das vor euch liegt. Vertraut in Firion, und ihr sollt gerettet werden. Und auch die, die nun in dieser Stunde der Not hier in Car-Carioth verweilen, sollen nicht verzagen. Wir werden unsere Stadt verteidigen, so wie unsere Väter es seit vielen Generationen getan haben. Und wenn Firion es will, dann werden die, die sich nun trennen, sich wiedersehen in einer glücklicheren Zeit.«
    Und dann blies der Fürst in die Kriegspfeife, die Garwyn ihm gereicht hatte, sodass das Signal weit über die Stadt hinwegschallte. Es war das Zeichen zum Aufbruch.
    *
    Die Schatten der Dämmerung wurden dichter, als Loridan und Herubald den Rand des Waldes erreichten. Sie konnten die Bäume, die ihnen am nächsten standen, nur schemenhaft erkennen. Wie große traurige Gestalten sahen sie aus – groteske Silhouetten gegen die undurchdringliche Schwärze, die tiefer im Wald brütete. Kein Blatt war an den hängenden Zweigen der Bäume, doch sie waren bedeckt mit Moos und Flechten.
    Im Osten schimmerten die beiden Himmelswanderer – Eril-Firion, dessen Licht immer mehr zu verblassen schien, und Eril-Angoth, der heller funkelte als je zuvor. Ein Schauder lief über Loridans Rücken, denn er glaubte, den rötlichen Schein in den Zweigen der kahlen Bäume widergespiegelt zu sehen. Auch seine Echse zischte unruhig, und der Blick des Tieres war starr auf die Dunkelheit zwischen den Bäumen gerichtet.
    »Vielleicht gibt es Raubechsen in diesem Wald«, sagte Herubald, als er sein Reittier neben Loridan zum Stehen brachte. »Wir sollten nicht bei Nacht in den Schatten dieser Bäume vordringen.«
    »Du hast recht. Lass uns zu den anderen zurückreiten.«
    Loridan war froh, dem unheimlichen Wald den Rücken zuzukehren, und er trieb seine Echse zu einem eiligen Schritt voran. Schon bald tauchte der Schein eines Feuers vor ihnen auf, dem sie rasch entgegenstrebten. Das Gelände stieg zu ihrem Lager hin an, denn mit Bedacht hatten sie es am südlichen Hang eines felsigen Hügels errichtet.
    Sie waren sich bewusst, wie gering die Hoffnung war, einen einzelnen Mann in der Weite dieses Landes aufzuspüren. Schon während des Tages hatten sie ein weiteres Mal ihre Gedanken vereinigt, um nach Jandaldon zu forschen, und wieder hatte Selina geglaubt, den Sänger in südlicher Richtung zu erfühlen. Wenn er tatsächlich in der Nähe sein sollte, dann würde das Feuer ihn vielleicht anlocken – ihn oder wenigstens andere Reisende, die Neuigkeiten aus dem Süden brachten. Missmutig schüttelte Loridan seinen Kopf. Wenn tatsächlich jemand ihr Feuer erblicken würde, dann wären es womöglich irgendwelche Bewohner des finsteren Waldes, die sie aus dem undurchdringlichen Dunkel zwischen den Bäumen heraus beobachteten. Und er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Geschöpf Firions sich diesen Wald zum Wohnort wählen würde.
    Als die beiden Reiter sich dem Lager näherten, konnten sie im Schein des Feuers bereits ihre Gefährten erkennen. Timon brütete wieder einmal über seinen magischen Artefakten, wie er es auch an den meisten vergangenen Tagen getan hatte, während Gerric und Tirandor sich um die Abendmahlzeit kümmerten. Selina erhob sich von ihrem Platz neben dem

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