Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
erkannte, was die Quelle des Schreckens war, den er zuvor empfunden hatte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er Daniras Hand aus seinem Griff entließ und erneut seine Augen öffnete.
    Angestrengt versuchte Danira, ihren Geist noch näher an den alten Mann heranzubringen. Flüchtige Bilder durchströmten sie, sie sah Gestalten – viele verschiedene Gesichter und immer wieder auch Dämonen – riesige geflügelte Dämonen der Finsternis. Erschreckt durch die wechselnden Visionen wollte Danira sich zurückziehen, als die Flut der Bilder stoppte. Alles war plötzlich dunkel – dunkel und still. Und dann erwachten zwei kleine Lichter, die langsam heller wurden. Danira sah, dass es Augen waren. Augen, die sie ansahen. Es waren grausame Augen, voller Bosheit und Hass. Die Augen kamen näher, immer näher. Doch in diesem Moment endete die Vision, als Timon ihre Hand losließ und so den Kreis unterbrach. Mit einem leisen Aufschrei öffnete Danira ihre Augen, und sie bemerkte, dass die anderen verwirrt zwischen ihr und Timon hin- und hersahen.
    »Hast du das Gleiche gesehen wie ich?«, fragte Danira, sie ahnte allerdings, dass es nicht so war, denn immer noch lag das Lächeln auf Timons Lippen.
    »Vielleicht.« Es schien, als ob der Junge angestrengt nachdachte. »Ich glaube, ich weiß nun, in welche Richtung wir uns wenden müssen.«
    »Aber was ist mit Grimstan? Ich habe eine furchtbare Bedrohung gespürt.«
    »Ich bin mir nicht sicher. Auch wenn ich vermute, dass er nicht mehr in Gefahr ist als wir alle.« Timon erhob sich von dem hölzernen Boden. »Ich will zum Kapitän gehen und mit ihm über unseren Kurs reden.«
    »Was ist mit dir?«, fragte Selina, als der Junge sich entfernt hatte. Sie legte eine Hand auf Daniras Arm, und sie spürte, dass das Mädchen immer noch vor Erregung zitterte.
    »Ich weiß nicht, ich … habe eine Drohung gespürt – eine Gefahr, die mit Grimstan verbunden ist.«
    »Ich habe nichts gespürt«, sagte Loridan, und besorgt trat er neben Danira und Selina. »Obwohl ich Grimstan schon fast so lange kenne, wie ich denken kann.«
    »Aber was mag Timon gespürt haben?« Danira schaute auf die Tür, durch die der junge Zauberer verschwunden war. »Er scheint mehr über Grimstan zu wissen als wir alle.«
    *
    Der Tag neigte sich dem Abend zu, als der Seedrache sich dem Ort näherte, den Grimstan ihnen als Treffpunkt genannt hatte. Eine steile Felsnadel hob sich aus dem Wasser des Meeres heraus, einen Steinwurf weit von der ebenso steilen Küste entfernt. Eine Meile weiter im Westen schnitt sich eine geschützte Bucht in die Küste hinein. Die Gefährten sammelten sich auf dem Deck des Schiffes, und eine bange Erwartung machte sich breit.
    Ein halber Tag war vergangen, seit die fünf Auserwählten ihre Gedanken vereint hatten, um nach Grimstan zu suchen. Auf Timons Rat hin hatte Raydan das Schiff in Sichtweite der Küste immer weiter nach Westen gelenkt. Obwohl die Fahrt ohne sonderliche Ereignisse verlaufen war, hatte eine beständige Sorge die Gefährten ergriffen. Der Sturm hatte sie tatsächlich zu weit nach Osten getrieben, und so waren sie gezwungen gewesen, Car-Angoth zu passieren. Raydan hatte das Schiff wieder so weit nach Süden gelenkt, dass die Küste nur ein undeutlicher Dunststreifen am Horizont gewesen war. Im Laufe des Tages hatte das Wetter sich weiter gebessert, und das helle Tageslicht hatte die Hoffnung in den Herzen der Gefährten keimen lassen. Erst am Abend waren sie sich wieder der Gefahren bewusst geworden, die die Nacht mit sich bringen würde. Endlich hatten sie den steilen Felsen gesichtet, der den Ort markierte, wo Grimstan und die anderen sie erwarteten.
    Raydan lenkte das Schiff vorsichtig in die kleine Bucht hinein, doch bald ließ er den Anker fallen, denn er fürchtete Untiefen in dem unbekannten Gewässer. Die Bucht war von steilen Hängen umgeben, nur an einer Seite befand sich ein schmaler Streifen flachen Landes, und dort standen zwei Gestalten und winkten. Loridan und Herubald bestiegen als Erste das Beiboot des Seedrachen, das sie an Land bringen sollte, und Timon und Danira schlossen sich ihnen an. Das kleine Boot würde mehrere Male den Weg zwischen dem Schiff und der Küste zurücklegen müssen. Der Kapitän rief einen letzten Gruß hinter den Gefährten her, als sie sich rasch vom Seedrachen entfernten.
    Erwartungsvoll schauten Loridan und seine Begleiter dem Ufer entgegen, und bald erkannten sie, dass es Grimstan und Eldilion waren, die dort

Weitere Kostenlose Bücher