Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
hat sich schon vor Jahrzehnten als unnütz erwiesen. Ich selbst habe es miterlebt, als Fürst Edbald vor nun bald vierzig Jahren den Versuch wagte. Sechs Geschütze, auf Wagen montiert und von Echsen gezogen, machten sich auf den Weg nach Car-Tiatha. Zwanzig Männer brachen auf, nur sechs kehrten zurück, und ich war einer von ihnen. Fürst Edbald hatte weniger Glück, er starb schon im ersten Feuerstoß, der unsere Gruppe zersprengte.«
    »Ja, solange die Drachen noch hier sind, hat Euer Bruder nichts zu befürchten«, meldete sich jetzt auch Fürst Gorlac zu Wort, der bisher geschwiegen hatte. Sein kurz geschnittener schwarzer Bart, in dem erste graue Strähnen zu sehen waren, gab ihm ein strenges Äußeres, und nur ein grimmiges Lächeln auf seinen Lippen milderte den Eindruck. »Auch wir hier haben von Tan-Thalions Plänen gehört. Ich muss zugeben, dass ich die Drachen vermissen würde, wenn es wirklich gelingen sollte, sie zu vertreiben. Vieles von dem, was diese Stadt in all den Jahren geleistet hat, würde schnell in Vergessenheit geraten, wenn wir wieder eine von vielen Städten in Gweregons Reich werden sollten. Und auch Ihr Drachenritter werdet wahrscheinlich bald vergessen werden.«
    »Ein Grund mehr, um Tan-Thalion von seinen Plänen abzuhalten«, erwiderte Carilon.
    *
    Langsam lief Danira durch die vom Regen aufgeweichten Straßen der Stadt, die einmal ihre Heimat gewesen war. Mit gerunzelter Stirn musterte sie die Fassaden der Häuser, denn alles um sie herum erschien ihr unvertraut und fremd. Loridan und Deryn schritten neben ihr her, ebenso schweigsam wie sie selbst. Deryn trug wieder seinen rostroten Umhang mit dem Wappen des Königs, denn vor vier Tagen hatten sie in Quildons Rasthaus Halt gemacht, und dort hatte Loridan auch sein Versprechen eingelöst und Danira eine Übungsstunde im Schwertkampf erteilt. Zwei weitere Nächte hatten sie auf den Rücken ihrer Reittiere verbracht, denn zwischen Quildons Rasthaus und Lornmund lag offenes Land. Erst am letzten Abend hatten sie den Unterricht fortgesetzt, nachdem sie ihr Lager in der Scheune eines einsamen Bauernhofs aufgeschlagen hatten – der ersten bewohnten Siedlung jenseits des Drachenlandes. Noch jetzt schmerzte Daniras Arm von den Übungen, bei denen sie anstelle eines Schwertes mit einer schweren Holzkeule gekämpft hatte.
    Nun waren sie in Lornmund eingetroffen, und obwohl es erst gegen Mittag war, hatten die drei Gefährten beschlossen, an diesem Tag nicht mehr weiterzureiten. Die beiden Reitechsen hatten sie in einem Stall untergebracht, und nach einem Mittagsmahl waren sie aufgebrochen, um die Stadt zu erkunden, in der Danira die ersten Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Lornmund war eine Stadt, der man ansah, dass sie einmal bessere Zeiten erlebt hatte. Die hoch aufragenden aber verblichenen Fassaden der großen Handelshäuser am Marktplatz zeugten noch vom früheren Wohlstand. Car-Lorna war damals der Name dieser Stadt gewesen, eine der großen Städte des Reiches – doch das war vor langer Zeit gewesen, als der Handel mit den nördlichen Küstenstädten noch geblüht hatte.
    Danira war immer noch verwirrt durch die Menge der Bürger, die bei hellem Tageslicht durch die Straßen eilten. Überall, wo sie hinsah, waren Menschen – Frauen, die ihre Einkäufe nach Hause trugen, Handwerker, die schwere Balken zu einer Baustelle schleppten, Kinder, die unbefangen in den schmutzigen Straßen spielten.
    Anfangs hatte Danira an den Häusern nichts Vertrautes finden können – kein Anzeichen, das ihr gesagt hätte, wo sie einmal gelebt hatte. Erst als sie den Tempelplatz erreichten, keimte ein Funke der Erinnerung in ihr. Das Tempelgebäude überragte die umstehenden Häuser wie ein einzelner Baum am Waldrand sich über Büsche und Sträucher hinweg erhebt. Die Flanken des Haupthauses ragten senkrecht empor, gemauert aus großen Quadern eines dunklen Steins, dessen Oberfläche mit metallisch glänzenden Einschlüssen durchsetzt war. Kleine Fenster aus getöntem Glas waren in die Wände eingelassen, von außen erschienen diese allerdings farblos und dunkel. Noch viel höher als das Haupthaus war der Turm, der sich mächtig und erhaben in den wolkenverhangenen Himmel erhob, gekrönt von dem Symbol des heiligen Kreises.
    Eilig trat Danira zwischen den wenigen Marktständen hindurch, an denen trotz des schlechten Wetters ein paar Händler ihre Waren feilboten. Kleine, blau schillernde Vögel, die auf dem Boden nach Nahrung suchten, flatterten

Weitere Kostenlose Bücher