Brüder der Drachen
lernen, einen Schild zu benutzen, und du musst lernen, gegen einen Gegner mit Schild zu kämpfen.«
»Drachen benutzen keine Schilde«, murmelte Danira trotzig.
»Vergiss endlich die Drachen«, sagte Grimstan unerwartet heftig. »Wenn du lernen willst, wie man einen Drachen bezwingt, dann musst du dir einen anderen Lehrer suchen. Jetzt sollten wir ohnehin Schluss machen, morgen haben wir viel Arbeit.«
»Es tut mir leid«, sagte Danira. »Ich wollte nicht unhöflich sein, denn ich bin dir sehr dankbar für das, was du mir beibringst.«
Mit einem unartikulierten Brummen wandte Grimstan sich der Scheune zu, vor der sie ihre Kampfübung durchgeführt hatten. Danira folgte ihm und zog die schwere Schürze aus, um sie an ihren Platz an einem der Stützbalken zu hängen. Ihre Kleidung war durchnässt vom Schweiß, und sie fröstelte, als sie wieder ins Freie trat. Die Sonne war schon hinter der Ummauerung des Gehöfts verschwunden, doch am westlichen Himmel ließ ihr Licht noch ein paar Wolkenstreifen rot aufleuchten. Im Haupthaus des Landgutes traf sie Elea und Aldaron, die mit Kerina und Orryn an einem der langen Tische des Gemeinschaftsraumes saßen, vor ihnen standen Becher und große Krüge. Es war warm, denn in dem offenen Kamin glühten die Reste eines heruntergebrannten Feuers. Aus einer Ecke kam Sardoc hervorgesprungen und leckte mit seiner langen dünnen Zunge über Daniras Hände, während sie seinen Kopf streichelte.
»Sei gegrüßt, Danira«, sagte Elea. »Magst du auch einen Becher Cranog?«
»Ja, gerne«, erwiderte das Mädchen und setzte sich neben Aldaron an den Tisch. Orryn, fast kahlköpfig, obwohl er kaum älter als Aldaron erschien, nickte ihr freundlich zu, und auch seine blonde Frau Kerina grüßte sie leise. Elea holte einen Schürhaken aus dem Feuer und senkte sein Ende in einen der Krüge, wobei ein zischendes Geräusch ertönte. Sie füllte einen Becher und reichte ihn Danira, die durstig einen großen Schluck trank. Das flockige Gemisch aus dem süß-aromatischem Sud der Cranog-Wurzel mit verrührten Echseneiern war ein Genuss, den sie nur aus ihrer frühen Kindheit in Lornmund kannte. In Car-Elnath hatte es diesen Luxus nicht gegeben. Während Elea auch den anderen von dem Getränk einschenkte, blickte Danira ihr verstohlen hinterher. Schmerzlich fühlte sie sich an Loridan erinnert, der nun so weit weg war und sich der schrecklichen Bedrohung durch die Drachen stellte. Dann kamen ihr die Freunde in den Sinn, die sie im Drachenland zurückgelassen hatte, und all die Menschen, die in Car-Elnath gestorben waren. Nein, sie konnte die Drachen nicht so leicht vergessen! Sie seufzte leise.
»Es ist schön, dass du dich so gut mit Grimstan verstehst«, sagte Aldaron. »Hast du schon viel von ihm gelernt?«
»Ich glaube nicht … ich merke jedenfalls nicht, dass ich besser werde.«
»Genau das hat Loridan auch gesagt, als wir Kinder waren und Grimstan ihm zeigte, wie man mit einem Schwert umgeht.«
Dankbar blickte Danira in Aldarons breites, gutmütiges Gesicht, auch wenn sie an seinen Worten zweifelte. Langsam fragte sie sich, ob es nicht besser wäre, wenn sie sich mehr für ein normales Leben interessieren würde – für ein Leben ohne Drachen und ohne Schwerter. Während sie schweigsam ihren Cranog trank, versuchte sie dem Gespräch zu folgen, das Orryn und Aldaron über die Feldarbeit des nächsten Tages führten. Bald merkte sie jedoch, dass sie zu müde war, um über Getreide, Cranog-Wurzeln und Gemüse nachzudenken.
»Ich denke, ich sollte ins Bett gehen«, sagte sie. »Ich bin müde.«
»Natürlich, geh nur. Und schlafe gut«, sagte Elea.
Alle wünschten Danira eine gute Nacht, und sie stieg die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Sie hatte eine kleine Kammer für sich allein bekommen, mit einem Bett, einem Schrank und einem Tisch. Auf diesem standen eine Waschschüssel und ein Krug mit Wasser. Das Fenster des Zimmers zeigte nach Osten, und Danira sah einen letzten Widerschein des Abendrots auf dem Giebel des Stalls leuchten. Der Himmel im Osten war bereits dunkel, verhangen mit dichten Wolken, die kein Sternenlicht passieren ließen. Danira erfrischte sich mit dem kühlen Wasser, das sie in die irdene Schüssel goss, zog ihr Nachthemd an und ging dann zu Bett. Es war noch nicht spät, doch Danira genoss es, ihren müden Körper in die weichen Decken zu hüllen. Wenig später war sie eingeschlafen.
Die hölzernen Läden des Fensters blieben offen, und bald griff die kühle Luft der
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