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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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noch nicht. Ich liebe meinen Gemahl zu sehr, um ihm das vorzuenthalten.«
    Ansas Herz sank, denn nun war das Schlimmste geschehen. Die Shasinn packten ihn grob unter den Armen und zogen die Speere zurück. Er wurde auf die Beine gezerrt und in den Sattel seines Cabos geworfen. Ein Krieger fesselte seine Beine unter dem Bauch des Tieres. Der erlegte Bock hing auf dem Rücken eines anderen Cabos.
    »Meine Gäste werden sich an deiner Beute laben«, erklärte Larissa fröhlich. »Es war ein hervorragender Schuss.«

 
KAPITEL ACHTZEHN
     
    D ie erste Nacht verbrachte Ansa unter strenger Bewachung in einem Lager unweit der Insel. Krieger kamen und gingen, aber jederzeit waren mindestens zehn Männer um ihn. Sie hatten kleine Hütten zum Schlafen errichtet, sperrten ihn aber nicht ein. Stattdessen band man ihn an einen Pfahl. Er saß auf der Erde, den Rücken an den Pfahl gelehnt und die Handgelenke dahinter zusammengebunden. Selbst wenn er sich aufrappelte, lag die Pfahlspitze so hoch über ihm, dass er seine Hände unmöglich befreien konnte.
    Nicht, dass die Krieger es so weit kommen ließen. Immer waren sie in seiner Nähe und unterhielten sich. Nachdem er die erste Angst überwunden hatte und sich damit abfand, nicht fliehen zu können, musterte er seine Umgebung. Aufmerksam betrachtete er seine Bewacher und lenkte sich von düsteren Gedanken ab.
    Im Gegensatz zu ihrem zurückhaltenden Benehmen in Gegenwart Fremder verhielten sich die Shasinn jetzt völlig ungezwungen. Sie redeten und lachten viel. Ein Lächeln ließ ihre hübschen Gesichter noch anziehender aussehen. Offensichtlich war ein in Kürze toter Feind nicht der Mühe wert, die übliche Arroganz an den Tag zu legen.
    Irgendetwas kam ihm sonderbar vertraut vor, und schon bald fand er heraus, was es war. Ein paar Krieger standen in seltsamer Haltung herum. Sie stemmten die Speere vor sich auf den Boden und standen auf einem Fuß, den anderen auf das Knie des ersten gestützt. Im Laufe der Jahre hatte er diese Haltung hin und wieder bei seinem Vater gesehen. Ansa fiel auf, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen diesen jungen Burschen und seinem Vater gab; die anmutigen Bewegungen und Gesten und die edlen Züge, die sie fast wie übermenschliche Wesen erscheinen ließen. Obwohl er es sich nicht eingestehen wollte, vermisste er seinen Vater in diesem Augenblick sehr.
    Erst am späten Abend, als sich ein paar Krieger aus Übermut balgten, während die übrigen lachend und klatschend zusahen, wurde ihm bewusst, wie jung sie noch waren. Er hatte gehört, dass bei den Shasinn oft vierzehn- oder fünfzehnjährige Knaben zu Kriegern ernannt wurden, aber die Burschen waren ihm so erfahren vorgekommen, dass er sie für älter hielt. Jetzt, da weder Fremde noch ihre Königin anwesend waren, gaben sie sich ganz ungezwungen, denn Ansa zählte nicht. Das gab ihm Hoffnung. Vielleicht bestand die Möglichkeit zur Flucht, wenn sie aufbrachen, um sich Gasam anzuschließen. Dem folgte ein ernüchternder Gedanke: Wenn diese noch Knaben waren, wie mochten dann erwachsene Krieger aussehen?
    Wenigstens beschimpften und quälten sie ihn nicht. Er musste zugeben, dass sein Volk einen Gefangenen weniger sanft behandelte, obwohl sein Vater jede Folter untersagt hatte. Verbrecher und Geächtete durften erst nach einer Verhandlung bestraft werden, und Kriegsgefangene blieben am Leben, bis sie verkauft oder gegen eigene Leute ausgetauscht wurden. Da alte Bräuche nicht so leicht auszurotten waren, geschah es häufig, dass ein Gefangener verfrüht zu Schaden kam.
    Ansa vermutete, dass Königin Larissa befohlen hatte, ihn nicht zu verletzen, bis er zum König gebracht wurde. Ihre Befehle waren für die Krieger wie Naturgesetze. Er versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, aber sie beachteten ihn nicht. Entweder war ihnen verboten, mit ihm zu sprechen, oder sie fanden es sinnlos, sich mit einem minderwertigen Menschen abzugeben. Er vermutete letzteres.
    Irgendwann gelang es ihm, seine verkrampften Muskeln zu ignorieren, und er fiel in einen unruhigen Schlummer, aus dem er hin und wieder aufschreckte. Die Feuer waren herabgebrannt, aber jedes Mal saßen Shasinn in der Nähe, die wachsam zu ihm herübersahen. Weshalb schliefen sie nicht, wie es gewöhnliche Männer taten? Natürlich hätte ihm das auch nichts genutzt.
    Hunger und Durst quälten ihn, als er erwachte, und er hatte kein Gefühl mehr in den Armen. Jegliche Empfindung endete im Bereich der Schultern. Die Krieger aßen und

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