Brüder Des Zorns
tranken, aber Ansa bezweifelte, dass sie ihm gegenüber Mitleid zeigten. Diese Erwartung wurde nicht enttäuscht.
Gegen Mittag traf Larissa ein. Die restlichen Krieger der Leibwache begleiteten sie, und Sklaven führten Nusks, die mit Zelten und Vorräten beladen waren. Offenbar hatte man die Verhandlungen beendet, und es war an der Zeit, sich auf den Weg zu Gasam zu machen. Ansas Herz wurde noch schwerer.
Die Königin saß ab und wies auf Ansa. »Wascht ihn!« befahl sie. Man löste die Fesseln, und zwei Krieger zerrten ihn zu einem klaren Fluss ganz in der Nähe des Lagers. Sie entkleideten ihn und stießen ihn kopfüber ins Wasser.
Zuerst konnte er seine Arme nicht bewegen und wäre beinahe in Panik ausgebrochen. Er sagte sich, das Wasser könne nicht allzu tief sein, und er schaffte es, die Beine auf den Grund zu stellen. Dann stieß er den Kopf über Wasser. Erleichtert stellte er fest, dass ihm das Wasser nur bis zu den Schultern reichte. Nach kurzer Zeit kehrte der Schmerz in seine Arme zurück, und er litt Höllenqualen. Die Shasinn standen lachend am Ufer, und als er den Schmerz nicht länger ertrug, tauchte er unter und schrie seine Qual heraus, damit ihnen nicht vergönnt war, ihn zu verhöhnen. Er musste mehrmals untertauchen, ehe der Schmerz erträglich wurde. Als er wieder an die Oberfläche kam, sah er Larissa, die am Ufer saß und ihn beobachtete.
»Ich möchte nichts Hässliches oder Abstoßendes in meiner Nähe haben«, erklärte sie. »In dir ist genug von den Shasinn, dass du annehmbar aussiehst. Ein tägliches Bad wird dazu beitragen.«
»Ich werde in deiner Nähe sein?«
»Ich lasse dich nicht aus den Augen, bis ich dich dem König übergebe.«
»Das lässt mich mein Schicksal leichter ertragen.«
Sie lächelte freundlich. »Du hältst dich tapfer. Ich hoffe, du bist genauso mutig, wenn du König Gasam gegenüberstehst.«
Als der Schmerz aus seinen Händen gewichen war, schrubbte er sich ab. Er kam nicht auf den Gedanken, sich zu ertränken. Es wäre auch vergebens gewesen. Die Shasinn hätten ihn in wenigen Sekunden daran gehindert, und sicherlich schwammen sie so gut, wie sie alles andere außer Reiten und Bogenschießen konnten. Außerdem hoffte er immer noch auf Flucht. Aus dem Gerede der Männer entnahm er, dass eine zwei- oder dreitägige Reise vor ihnen lag. In dieser Zeit konnte vieles geschehen.
Als er aus dem Wasser stieg, gab man ihm seine Hose zurück. Alles andere war nicht mehr da. Sie fesselten ihm die Hände – diesmal auf den Bauch – und setzten ihn auf ein Cabo. Es war nicht sein eigenes, temperamentvolles Tier, sondern ein älteres, sanftes Cabo, das für eine Flucht ungeeignet war, selbst wenn man es mit so schlechten Reitern wie den Shasinn zu tun hatte. Er sah sich suchend nach den bunt bemalten Hörnern seines Cabos um. Es wurde von einem mit Narben übersäten Krieger geritten, der größer und älter als die übrigen war. Er sah nicht anders als andere erfahrene Kämpfer aus, hätte aber auch unter besseren Umständen einschüchternd gewirkt. In seiner derzeitigen Lage war es Ansa unmöglich, den Mann zu überwältigen, auch wenn es ihm gelang, die Fesseln zu lösen. Er war sicher, dass er die Shasinn auf seinem eigenen Cabo abgehängt hätte.
Ansa dachte an Fyana. Er hatte sie ungern im Palast zurückgelassen. Jetzt war er froh, dass sie nicht bei ihm war. Verglichen mit seiner Lage erschien ihm ihre geradezu paradiesisch. Was mochte sie denken, wenn die Diplomaten ohne ihn zurückkehrten? Was würde Floris ihr erzählen? Ansa verdrängte Fyana aus seinen Gedanken und sann auf Möglichkeiten zur Flucht.
Noch ehe sie weit geritten waren, gesellte sich Larissa zu ihm. Sie schien sehr auf eine Unterhaltung erpicht zu sein, und wenn er an den Hass dachte, den sie für seinen Vater empfand, und an das, was ihm bevorstand, begriff er ihr Verhalten nicht.
»Geht es dir gut?« fragte sie. Eine vollkommen unsinnige Frage.
»Den Umständen entsprechend geht es mir recht gut. Ich bin unverletzt.«
»Deine Fesseln sind nicht zu eng? Ich möchte dich auf der Reise nicht unnötig quälen.«
Er bewegte die Finger auf dem Sattelknauf. »Sie sind nicht zu eng. Es wäre noch bequemer, wenn man sie mir abnehmen würde.«
»So zuvorkommend kann ich nicht sein. Denke daran: Flucht ist unmöglich, und dein Schicksal ist besiegelt.« Sie schwieg eine Weile und gab sich dann Mühe, möglichst beiläufig zu klingen: »Ich habe von deiner Schluchtlerin gehört und weiß, dass
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