Brüder Des Zorns
Platz zu versorgen. Sie saß auf, und gefolgt von ihrer Eskorte ritt sie zum nächstgelegenen Tor.
Bis jetzt war alles gut gegangen, weitaus besser, als sie zu hoffen gewagt hatte. Die nächsten Stunden würden ebenfalls ohne Schwierigkeiten ablaufen. Erst der letzte Teil ihres Planes konnte tödlich enden, aber ihr fiel nichts Besseres ein, und sie schob die Sorgen beiseite. Entweder hatte sie Erfolg, oder sie starb, und sie würde dafür sorgen, dass es ein schneller Tod war.
In den Hügeln angekommen, machte sie sich daran, Kräuter, Blätter und Steine zu suchen. Nichts davon war von medizinischer Bedeutung. Manche Pflanzen kannte sie überhaupt nicht, veranstaltete während des Pflückens aber übertriebene und umständliche Rituale. Eine Weile beobachteten die Krieger sie aufmerksam, langweilten sich aber bald und unterhielten sich halblaut, ohne Fyana zu beachten.
Der Sklave befolgte ihre Anweisungen genau. Ab und zu murmelte er: »Ja, Herrin.« Er nahm die Drohung der Königin sehr ernst. Am Nachmittag war Fyana völlig sicher, dass er jeden Befehl ohne zu zögern befolgen würde.
»Wir sind fertig«, erklärte sie schließlich. Sie packten zusammen und kehrten in die Stadt zurück. Als sie den Platz erreichten, wandte sie sich an die Krieger. »Ihr könnt gehen.« Wie sie gehofft hatte, ritten sie fort. Man hatte ihnen befohlen, sie außerhalb der Stadt zu begleiten, sonst nichts. »Komm mit«, befahl sie dem Sklaven.
Hundert Schritte vor dem königlichen Zelt ließ sie ihn ein Feuer entfachen und begann mit den angeblichen Vorbereitungen. Fyana schlug Steine zu Staub, hackte Kräuter klein und verbrannte und mischte sie. Die ganze Zeit über sang sie sinnloses Zeug vor sich hin. Das Zelt ließ sie nicht aus den Augen. Einmal kam Gasam heraus und sah sie verächtlich an. Larissa erschien zu einem späteren Zeitpunkt und schenkte ihr einen hoffnungsvollen Blick. Nach einer Weile traten beide gemeinsam vor das Zelt. Nachdem sie noch einmal zu ihr herüberschauten, wandten sie sich ab und gingen davon. Darauf hatte Fyana gewartet. Wie die Schluchtler waren die Shasinn ein Volk, das gerne im Freien lebte. Dir hätte schon gereicht, wenn sich bloß Gasam entfernt hätte. Die Abwesenheit beider war natürlich noch besser. Sie zwang sich, eine Weile zu warten. Dann stand sie auf und deutete auf den Korb, in dem noch Pflanzen und Steine lagen. »Heb ihn auf und trage ihn mir nach.« Der Mann gehorchte, und Fyana nahm ihr Cabo am Zügel und führte es zum Zelteingang. Sie sah sich forschend um. Niemand beachtete sie. Ansas Cabo stand noch immer angebunden neben den Tieren der Shasinn. »Siehst du das Cabo mit den in Grün und Gold bemalten Hörnern? Bring es hierher.« Wortlos eilte er davon. Als er den Befehl ausgeführt hatte, wies sie auf Ansas Habe. »Sattele es und belade es mit den dort liegenden Dingen.«
Als er fertig war, stieg Fyana in den Sattel ihres Cabos und nahm die Zügel des zweiten Tieres in die Hand. »Gut gemacht«, sagte sie zu dem Sklaven. »Du kannst jetzt gehen.« Er entfernte sich.
Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Dann atmete sie langsam aus, um sich ein wenig zu beruhigen, da ihr Herz zum Zerspringen schnell schlug. Sie öffnete die Augen wieder. Jetzt würde sie gewinnen oder sterben.
KAPITEL ZWANZIG
A nsa war beunruhigt. Was hatte Fyana vor? Er hatte sich bemüht, möglichst gelassen zu erscheinen, war aber über ihr plötzliches Auftauchen vollkommen verwirrt. Sie musste in dem Augenblick aufgebrochen sein, als ihr klar wurde, dass er sich nicht in Gesellschaft der Diplomaten befand. Sie hatte nicht auf Larissas Boten gewartet. Wenigstens hatte er einen Teil des Gespräches belauschen können, ehe man ihn in den Hauptraum führte. So blieb ihm Zeit, sich zu sammeln. Schließlich besaß er genügend Kriegerehre, um vor den Feinden nicht als Narr dastehen zu wollen.
Fyana schien überzeugt zu sein, Gasam ihre Kräfte beweisen zu können, die ihm ewige Jugend schenken sollten. Nicht zum ersten Mal dachte er: Und wenn sie es wirklich kann?
Er streckte die Beine aus und bewegte sie hin und her. Man hatte ihm keine Fußfesseln angelegt, da keine Gefahr bestand, dass er den Shasinn davonlief. Seine Hände waren noch immer vorne zusammengebunden, und er beschäftigte sich mit Fingerübungen, damit sie geschmeidig blieben. Voller Widerwillen betrachtete er seine Bewacherinnen. Es waren ältere Frauen mit mürrischen Gesichtern, die kein Interesse an einer Unterhaltung
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