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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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duftenden, dunkelgrünen Nadeln waren Ansa unbekannt. In den letzten Jahren abgefallene gelbliche Nadeln bildeten einen dicken federnden Teppich unter den Hufen der Cabos. Bei jedem Schritt stieg ihm der würzige Geruch in die Nase. Die Umgebung bot sich ihnen in leuchtenden Farben dar, aber nur wenige Tiere waren zu sehen. Es gab keine Herden, sondern nur kleine, aus Familien bestehende Gruppen.
    Außer den Geräuschen, die sie selbst verursachten, herrschte Stille. Anderswo wäre Ansa die Ruhe unheimlich oder bedrohlich vorgekommen, aber hier empfand er sie als angenehm.
    »Mein Vater würde diesen Ort lieben!« sagte er, als die Schatten allmählich länger wurden.
    »Warum?«
    »Weil er zwei Dinge am meisten liebt: Geister und einen ruhigen Ort, an dem er meditieren kann. Hier gibt es beides.«
    »Glaubst du, dass es hier Geister gibt?«
    »Etwa nicht?« fragte er überrascht. »Ich bin zwar kein Geistersprecher wie mein Vater, spüre aber dennoch die Kraft, die hier herrscht.«
    »Du hast recht«, gab sie zu. »Mein Volk redet nicht von Geistern, aber vielleicht meinen wir beide das gleiche.«
    Ansa war verwirrt, hatte sich aber daran gewöhnt, keine eindeutige Antwort von ihr zu erhalten. Sie setzten den Weg fort und ritten, bis es zu dunkel war, um mehr als hundert Schritte weit zu sehen. Ansa hätte am liebsten schon früher angehalten, aber sein Stolz ließ ihn jede Bemerkung unterdrücken. Als er Fyana schließlich kaum noch erkennen konnte, hatte er endlich genug.
    »Es ist dumm, im Finsteren weiterzureiten. Du hast dich verirrt.«
    Sie drehte sich um, und er sah das Aufblitzen der weißen Zähne. »Ich kenne den Weg sehr gut. Wir reiten noch ein Stück weiter und schlagen dann unser Nachtlager auf.«
    Ansa bereute seine Worte und schwieg verbissen. Er kam sich ein wenig lächerlich vor. Wenig später zügelte Fyana ihr Cabo, und sie saßen ab. Nachdem sie die Tiere an Bäumen angebunden hatten, rieb Ansa erst sein Cabo ab und kümmerte sich dann um Fyanas, bis er einen rötlichen Lichtschein bemerkte. Sie hatte ein Feuer entfacht.
    »Ich habe gar nicht gehört, wie du den Feuerstein benutztest.«
    Sie blickte auf. »Es gibt noch andere Möglichkeiten, ein Feuer anzuzünden.«
    Er rieb das Cabo heftiger ab als notwendig. Neue Ungereimtheiten! Nachdem die Tiere versorgt waren, ging er zum Feuer hinüber und setzte sich erschöpft auf seine Decken. Fyana reichte ihm einen Wasserschlauch, und er trank in gierigen Zügen. Nach dem langen Ritt und der trockenen Luft tat der mit Wasser verdünnte Kräuterwein ausgesprochen gut.
    »Warum sprichst du eigentlich immer in Rätseln?« erkundigte er sich.
    »Es sind keine Rätsel, und ich versuche auch nicht, dich zu verwirren. Auf viele Fragen gibt es jedoch keine einfachen Antworten. Wie erklärst du jemandem, der nie einen Pfeil oder einen Bogen sah, wie man schießt? Wie erklärst du ihm den Unterschied zwischen einem beweglichen Ziel und einem unbeweglichen?«
    Er dachte eine Weile nach. »Ich würde es ihm vorführen.«
    »Das könntest du nur, wenn du den Bogen zur Hand hast. Selbst wenn er verstanden hätte, könnte er deinen Bogen nicht nehmen und so gut schießen wie du, oder?«
    »Nein«, gab er zu. »Ich habe schon als Kind mit dem Bogenschießen begonnen, war aber beinahe erwachsen, ehe ich es zum Meisterschützen brachte.« Ansa warf einen Ast ins Feuer, und Funken stoben gen Himmel.
    »Die Schießkunst wird mittels einfacher Werkzeuge ausgeführt. Wie viel schwieriger ist es wohl, etwas zu erklären, das nur mit geistigen Fähigkeiten ausgeübt wird und eine ganze Lebensweise beinhaltet?«
    »So habe ich es noch gar nicht betrachtet. Allerdings wäre ich dir dankbar, wenn du dich in Zukunft deutlicher ausdrückst, anstatt immer nur geheimnisvoll zu lächeln, als würdest du über ein besonderes Wissen verfügen, das ein dummer Ausländer niemals erlangen wird.«
    Fyana sah ein wenig beschämt drein. »Es tut mir leid. Von nun an werde ich mir Mühe geben, mich verständlich auszudrücken. Hoffentlich gelingt es mir.«
    »Ich weiß deine Bemühungen zu schätzen. Wie weit ist es bis zur Schlucht?«
    »Nicht weit. Ich möchte dir raten, nicht im Dunkeln umherzuwandern, sonst fällst du hinein.«
    »Sehr witzig!« knurrte er und breitete die Decken aus. Dann stieß er den Schaft der Lanze in den Boden und hängte das Messer und das Schwert so an den Sattel, dass sie sofort griffbereit waren, wenn er aus dem Schlaf gerissen wurde.
    Ansa lag noch eine Weile

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