Brüder Des Zorns
Hohlraum groß genug, füllen wir ihn mit ölgetränkten Sträuchern. Wenn wir sie in Brand setzen, verbrennen die Balken und schwächen das Mauerwerk. Wenn die Stützen zusammenbrechen, kracht die ganze Ecke herab, und eine Bresche entsteht.«
»Ist die Bresche groß genug, um die Stadt zu stürmen?«
Der Nevaner zuckte die Achseln. »Wenn deine Krieger hart genug kämpfen …«
»Brennt ein Feuer so tief unter der Erde überhaupt?« erkundigte sich Gasam.
»Ich habe vor, eine Reihe Rauchabzüge vom Hohlraum zur Erdoberfläche graben zu lassen. So entweicht die Hitze, während durch den Tunnel frische Luft hereinströmt. Es wird sehr heiß da unten werden, heiß genug, um selbst Steine zu beschädigen.«
»Sehr gut«, meinte Gasam zufrieden. »Fangt sofort an, diesen Feuerraum auszuhöhlen.«
»Wie mein König befiehlt.«
Gasam überlegte. »Du erwähntest Gegenwehr. Was könnten die Verteidiger tun?«
»Wenn sie uns graben hören, werden sie wahrscheinlich ebenfalls einen Tunnel graben.«
»Also können jeden Augenblick Soldaten über uns herfallen?« Seine Finger umklammerten den Speergriff fester. Der Gedanke war nicht unangenehm. Ein guter Kampf war besser als die bedrückende Atmosphäre dieser Umgebung.
»Möglich. Wäre ich Manas Pionierkommandeur, würde ich einen Tunnel vom Fluss her graben lassen, der genau in unseren Gang mündet. Wir befinden uns weit unterhalb des Flusses. Das Wasser würde uns mit aller Gewalt treffen.«
Gasam stellte sich vor, wie sich ein reißender Strom in den Tunnel ergoss, und ihm brach der Schweiß aus. Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Bisher hatte er nur selten echte Angst verspürt, und es behagte ihm keineswegs. Er zwang sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen.
»Ist das wahrscheinlich?«
»Wenn sie ganz in der Nähe graben, hätte ich sie schon gehört«, antwortete der Offizier. »Sobald wir den Hohlraum schaffen, werde ich lange Metallstäbe in den Boden unter der Stadt rammen lassen. Wenn ich das Ohr daran lege, höre ich ganz genau, ob sie irgendwo in der näheren Umgebung graben.«
»Hervorragend. Du hast deine Befehle. An die Arbeit, Nevaner.«
Gasam machte auf dem Absatz kehrt, und sein Gefolge wich zu beiden Seiten des Ganges zurück, um ihn durchzulassen. Er führte sie gemessenen Schrittes hinaus, obwohl er am liebsten gerannt wäre. Dabei gelobte er, die Bewohner der Stadt einen furchtbaren Preis zahlen zu lassen, weil er wahre Furcht verspürt hatte.
Während Larissa einen Brief aufsetzte, sah sie immer wieder zur Stadtmauer hinüber. Der König hatte eine hohe Beobachtungsplattform errichten lassen, die sich knapp außerhalb der Schussweite der Feinde befand, die südliche Mauer um zehn Fuß überragte und einen Blick in die Stadt ermöglichte. Die Königin räkelte sich auf ihrer mit Kissen bedeckten Liege, während sie dem Schreiber diktierte, der mit gekreuzten Beinen vor ihr hockte. Ein Sonnensegel schützte sie vor dem grellen Licht und etwaigen Regenschauern. »An den ruhmreichen und ehrwürdigen König Ach’na von Gran. Eine Botschaft des unbesiegbaren Königs Gasam von den Inseln und seiner Königin, der schönen Larissa.« Sie wandte sich dem Schreiber zu, einem Gefangenen aus Sono. »Wie hört sich das an?«
»Warum nicht: ›der schönen und einzigartigen Larissa‹, meine Herrin?« schmeichelte der Mann.
»Das hört sich noch besser an.« Larissa lächelte. »Schreibe es. So, es geht weiter: Ich, Königin Larissa, grüße den ehrenwerten Herrscher von Gran auf das herzlichste, auch im Namen meines königlichen Gemahls. Bitte nimm unsere aufrichtigsten Versicherungen zur Kenntnis, dass wir große Zuneigung für Dich empfinden. Die derzeitige missliche Lage zwischen uns und König Mana ändert nichts an den Gefühlen, die wir für unseren königlichen Bruder Ach’na von Gran hegen.
Die augenblicklichen Streitigkeiten beruhen einzig auf den Untaten des habgierigen und unverschämten Königs Mana. Er brach ein wichtiges Handelsabkommen mit unserer Flotte, beleidigte uns aufs gröbste und blickte auf uns herab. Jetzt zahlt er den gerechten Preis für seinen Verrat und seine Unhöflichkeit.
Falls – und ich bin mir dessen sicher – der feige und hinterlistige König Mana Dich um militärischen Beistand gebeten hat, Bruder Ach’na, hoffe ich inbrünstig, dass Du ihm keine Beachtung schenkst. Es ist unser Wunsch, dass zwischen unseren Völkern eine friedliche und gedeihliche Beziehung herrschen möge.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher