Brüder Des Zorns
sich einverstanden erklärt, wollte aber sein Heer zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht aufteilen. Die Stadt erwies sich als schwer einnehmbar, und sie quälten sich mit dem langwierigen Untergraben der Mauern ab.
»Ich wünschte, sie würden es tun«, antwortete er. »Ich könnte meine Truppen nach Osten führen, den Gegner in der Schlacht besiegen und wieder hier sein, ehe die zusammengepferchte Viehherde da drinnen überhaupt merkt, dass wir fort waren.«
Manchmal fand Larissa die Selbstgefälligkeit ihres Gemahls ein wenig beängstigend. Andererseits war es die Fähigkeit, Träume wahr werden zu lassen, die sie von Anfang an zu ihm hingezogen hatte.
»Vielleicht ist es an der Zeit, Diplomatie walten zu lassen, Gebieter«, meinte sie beiläufig.
»Was schlägst du vor?« Gasam gähnte herzhaft. Das untätige Herumsitzen ermüdete ihn und stimmte ihn missmutig.
»Wir könnten Briefe und Gesandte mit dem Hof von Gran austauschen. Teile ihnen mit, dass du Sono wegen der unentschuldbaren Unfähigkeit König Manas erobertest oder weil er ein Abkommen brach oder etwas in der Art. Erkläre, dass du deinen Feldzug nicht östlich der Grenze fortsetzen wirst und deine Liebe für deinen Bruderkönig Ach’na von Gran grenzenlos und unverbrüchlich ist.«
Er runzelte die Stirn. »Würden sie das glauben?«
»Menschen in großer Furcht glauben alles. Am Hofe Grans gibt es sicherlich kluge Männer in hohen Stellungen, die deine Botschaft durchschauen und bezweifeln. Sie werden sie zu ihrem eigenen Nutzen verwenden und uns insgeheim schreiben, um eine Zusammenarbeit anzubieten, wenn du ihnen Vergünstigungen gewährst, sobald du Gran erobert hast.«
»Mit solchen Dingen kennst du dich viel besser aus als ich«, gab Gasam zu. »Schreibe die Briefe und wähle Gesandte aus. Und zwar sofort.«
»Das werde ich.« Larissa war glücklich, etwas zu tun zu haben. »Am liebsten würde ich selbst reisen, aber sie könnten mich als Geisel behalten. Ich denke, ich schlage ihnen ein Treffen unweit der Grenze vor. So kann ich sie selbst bearbeiten und sicher sein, dass meine Versprechen auf fruchtbaren Boden fallen. Ich fühle mich immer besser, wenn ich die Leute persönlich vor mir habe und sie beeinflusse.«
»Und darin kann es dir kein Mensch gleichtun, meine Königin.«
Sie lächelte ihn an. »Ein Treffen gibt den Verrätern eine Gelegenheit, uns direkt anzusprechen.« Während der Unterhaltung hatten sich die Späher zurückgezogen. Jetzt winkte Larissa dem Anführer zu, näher zu treten.
»Ja, meine Königin?«
»Wird die Grenze zwischen Sono und Gran von einem Fluss gebildet?«
»Ja, aus dem Fluss Kol, Herrin.«
Sie kannte den Kol. Er floss unweit der Nordgrenze Grans und spielte eine bedeutende Rolle in den Plänen, der Stahlmine König Haels habhaft zu werden.
»Meinen Karten entnehme ich, dass der Fluss von Nordosten nach Südwesten fließt, entlang der nördlichen Anbaugebiete Grans, südlich des Giftigen Landes.«
»Das ist richtig, Herrin. In der Nähe der Zone beschreibt er jedoch einen großen Bogen und fließt von dort nach Süden, wo er in den Drachengolf mündet.«
»Liegt eine Insel im Fluss, die groß genug ist, um ein Treffen zweier königlicher Gesandtschaften auf neutralem Boden zu ermöglichen?«
»Ja, Gebieterin. Sie befindet sich etwa drei Tagesritte von hier entfernt an der Stelle, an der die Hauptstraße, die von einer Hauptstadt zur anderen führt, den Fluss quert. Eine Fähre verbindet die Insel mit dem Ostufer. Die Insel liegt näher zum Westufer hin, und eine Brücke führt über den Kanal zwischen Insel und Küste.« Er dachte nach. »Einheimische nennen den Ort ›Insel der Tränen‹, da viele Boote bei Nebel Schiffbruch an den trügerischen Felsklippen unter der Wasseroberfläche erleiden.«
»Wunderbar!« rief die Königin. »Mein Gebieter, mit deiner Einwilligung schlage ich ein baldiges Treffen zwischen mir und den Gesandten Grans auf der Insel der Tränen vor.«
»Selbstverständlich«, sagte Gasam mit zärtlichem Lächeln. »Wiege diese Kreaturen in Sicherheit. Überzeuge sie davon, dass ich zufrieden bin, wenn ich Mana und sein Land verschlungen habe. Sobald du zu dem Treffen aufbrichst, nimmst du eine Shasinnehrenwache mit. Die feigen Südländer könnten versuchen, dich zu hintergehen.«
»Das wagen sie nicht. Trotzdem nehme ich eine starke Truppe Shasinn mit.« Eine wunderbare Aussicht! Sie würde einen königlichen Pavillon auf der Insel errichten lassen. Im Gepäck einer
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