Brüder im Kosmos
Dermod, ist der Feind!
Langsam kam das Fahrzeug auf ihn zu. Dermod spürte eine Trockenheit im Mund. Gleich mußte er spielen, und er hoffte verzweifelt, daß seine Darbietung überzeugend sein würde.
Auch in den Reihen der Männer hinter ihm wuchs die Spannung. Sie wußten, daß jetzt jeden Augenblick eine scheinbar spontane und unkontrollierte Haßdemonstration gegen die Raupenoffiziere im Wagen fällig war. Eine solche Demonstration gab es immer; sie war darauf angelegt, den Feind mit der glühenden Kampfbegeisterung von Männern zu beeindrucken, die in Wirklichkeit nichts als ein Haufen von Feiglingen, Schwächlingen und großmäuligen Prahlern waren. Aber wenn diese Männer die Raupenoffiziere von ihrer Tapferkeit überzeugen konnten, dann würden sie nicht für den Kampf im bevorstehenden Krieg ausgewählt, denn ein Feind, läßt man ihm die Wahl, entscheidet sich für den schwächsten Gegenspieler, und nicht für den stärksten.
Der Wagen war jetzt so nahe, daß Dermod staubige Streifen auf Kühlerhaube und Dach sehen konnte. Dies war der richtige Augenblick. Seine Lippen zuckten und bebten, und ein sich rasch verstärkendes Zittern durchlief seine Arme und Schultern. In den alten Tagen seiner Schulzeit war er eine der Säulen der Schauspielgruppe gewesen. Er wußte, daß sein Gesicht jetzt blaß war, und gut mit Schweiß beperlt. Dermod erreichte den Höhepunkt, als der Wagen in gleicher Höhe mit ihm anhielt, und er klappte zusammen und schlug wie ein Sack auf die Erde.
Dies überraschte die Männer hinter ihm ebenso wie die feindlichen Offiziere, denn die Demonstration begann verspätet und uneinheitlich. Aber auf die ersten vereinzelten Rufe folgte rasch ein allgemeiner Aufruhr, und dann wurde Dermods Welt – gesehen durch fast geschlossene Lider in Bodenhöhe – ein wüstes Durcheinander aus Staub, stampfenden Füßen und Lärm.
Dermod ließ die brüllenden, Fäuste schüttelnden Männer vorbei, dann erhob er sich wankend und schloß sich ihrer Beschimpfung des Feindes an. Er wollte den Eindruck erwecken, daß er ein Truppenführer sei, der noch vor Beginn der Feindseligkeiten beim bloßen Anblick des Gegners ohnmächtig werden konnte, aber er wollte nicht übertreiben …
Eine halbe Stunde später wurde Dermod zum Verwaltungsgebäude des Lagers gerufen und in ein Büro geführt, wo ein grün uniformierter Offizier hinter einem großen, unaufgeräumten Schreibtisch saß. Der Offizier der Wache zeigte zu einem Stuhl.
»Major Dermod«, sagte er nüchtern, »Ihre Mitwirkung am bevorstehenden Krieg ist genehmigt. Ihre Schaustellung von Angst beeindruckte die kelgianische Inspektionsgruppe so, daß sie Sie akzeptierte, ohne auch nur Ihre Personalakte einzusehen. Nun, es ist meine Pflicht, Sie über die Regeln zu belehren, die bei den kommenden Kriegshandlungen einzuhalten sind.
Da das Thema seiner Natur nach blutig ist«, fügte er mit sarkastischem Lächeln hinzu, »hoffe ich, daß Sie mich nicht mit einem neuen Ohnmachtsanfall in Verlegenheit bringen werden …«
Dermod hatte große Mühe, die Flut von Erleichterung und schierem Jubel, die ihn überschwemmte, nicht in seinem Gesicht zu zeigen. Er war angenommen! Statt dessen versuchte er schockiert und bedrückt auszusehen.
Das Operationsgebiet, erläuterte der Offizier der Wache, würde das übliche sein, und die Zahl der Kriegsteilnehmer auf beiden Seiten sei festgesetzt. Keine Verstärkungen seien erlaubt, um Verluste an Menschen oder Kelgieren auszugleichen, und im unwahrscheinlichen Falle eines länger andauernden Kriegs werde man Nachschub nur in Form von Lebensmitteln und von Ersatz für ausgefallenes oder unbrauchbar gewordenes Kriegsmaterial gestatten. Es werde keine medizinischen Einrichtungen geben, abgesehen von jenen, die von der Wache auf Anforderung zur Verfügung gestellt würden.
An Waffen seien für die menschliche Seite Gewehre und Pistolen mit Pulverpatronen und Massivgeschossen sowie Handgranaten zulässig. Die Ausrüstung der kelgetischen Seite sei ähnlich, aber von einem etwas weiterentwickelten Typ, der Explosivgeschosse verfeuere …
Dermod erhob sich halb von seinem Stuhl und öffnete seinen Mund zum Protest. Der Gedanke, was ein Explosivgeschoß anrichten konnte, verursachte ihm ein unangenehmes Gefühl im Magen. Er stammelte: »Aber … aber das ist eine einseitige Bevorzugung!«
»Wir sind der Meinung«, erklärte der Offizier fest, »daß die physiologischen Nachteile der kelgianischen Lebensform durch einen
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