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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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mitreiße. Und wenn ein berühmter Name eine Sache zu der seinen macht –
    [Mirabeau bricht jäh ab. Auf dem zarten dreieckigen Gesicht des jungen Mannes malt sich leise Verachtung. Aber sein Ton ist nach wie vor ehrerbietig.]
    DE ROBESPIERRE : Meine Rede ist eine sehr gute Rede, sie enthält alle nötigen Argumente.
    MIRABEAU : Ja, aber es ist der Redner, der – lassen Sie mich ganz offen sein, M. de Robertpère, ich habe die ganze Nacht an meiner Rede gefeilt und gedenke sie auch zu halten, darum bitte ich Sie in aller angebrachten Herzlichkeit und Freundschaft, sich eine andere Gelegenheit für Ihr Debüt zu suchen oder aber sich auf ein paar wenige Worte zu meiner Unterstützung zu beschränken.
    DE ROBESPIERRE : Nein, dazu bin ich nicht bereit.
    MIRABEAU : Ach, dazu sind Sie nicht bereit? [Befriedigt sieht er, wie der junge Mann beim Klang seiner erhobenen Stimme zusammenzuckt.] Mein Wort ist es, das bei unseren Versammlungen Gewicht hat. Sie kennt keiner. Die Leute werden nicht einmal ihre Privatgespräche unterbrechen, um Ihnen zuzuhören. Schauen Sie sich Ihr Geschreibsel doch an, viel zu blumig, viel zu geschraubt, ausbuhen wird man Sie!
    DE ROBESPIERRE : Sie können mir keine Angst machen. [Kein bloßes Geprahle. Mirabeau fasst ihn ins Auge. Die Erfahrung hat ihn gelehrt, dass er fast allen Menschen Angst machen kann.] Schauen Sie, ich will Sie ja gar nicht daran hindern, Ihre Rede zu halten. Halten Sie sie, wenn es sein muss, und danach halte ich meine.
    MIRABEAU : Verdammt, aber Sie sagen doch genau dasselbe, Mann!
    DE ROBESPIERRE : Ich weiß – ich denke mir nur, da Sie einen Namen als Demagoge haben, traut man Ihnen vielleicht weniger.
    MIRABEAU : Demagoge?
    DE ROBESPIERRE : Politiker.
    MIRABEAU : Und was sind Sie dann?
    DE ROBESPIERRE : Einfach ein normaler Bürger.
    [Das Gesicht des Comte läuft dunkelrot an, er wühlt in seinen Haaren, dass sie wild in die Höhe stehen.]
    MIRABEAU : Sie machen sich zum Gespött.
    DE ROBESPIERRE : Lassen Sie das ruhig meine Sorge sein.
    MIRABEAU : Sie kennen es wahrscheinlich nicht anders.
    [Er wendet sich ab. In Duroveray kommt plötzlich Leben.]
    DUROVERAY : Dürfte ich einen Kompromiss vorschlagen?
    DE ROBESPIERRE : Nein. Ich habe ihm einen Kompromiss angeboten, und er hat abgelehnt.
    [Schweigen tritt ein. Mittenhinein ein tiefer Seufzer des Comte. Reiß dich am Riemen, Mirabeau, befiehlt er sich. Jetzt. Gib dich konziliant.]
    MIRABEAU : M. de Robinspère, das ist alles ein Missverständnis. Wir wollen doch nicht streiten.
    [De Robespierre setzt seine Brille ab und reibt sich mit Daumen und Zeigefinger die juckenden Augenwinkel. Mirabeau sieht, dass sein linkes Augenlid nervös zuckt. Gewonnen, denkt er.]
    DE ROBESPIERRE : Ich sollte jetzt gehen. Sie wollen sich bestimmt noch ein, zwei Stunden hinlegen.
    [Mirabeau lächelt. De Robespierre sieht hinunter auf den Teppich, wo die Seiten seiner Rede liegen, zusammengeknüllt und in Fetzen.]
    MIRABEAU : Ich muss mich entschuldigen. Ein kindischer Affekt. [De Robespierre bückt sich und hebt die Seiten auf, mit einer Geschmeidigkeit, die nichts Müdes an sich hat.] Soll ich sie ins Feuer werfen? [De Robespierre übergibt sie ihm brav. Der Comte entspannt sich merklich.] Sie müssen einmal zu mir zum Essen kommen, de Robertpère.
    DE ROBESPIERRE : Danke, ich komme sehr gern. Und denken Sie sich nichts wegen der Seiten – ich habe noch ein Exemplar, von dem ich meine Rede nachher ablesen kann. Ich hebe meine Entwürfe immer auf.
    [Aus den Augenwinkeln sieht Mirabeau, wie Duroveray scharrend seinen Stuhl zurückschiebt, aufsteht und sich diskret ans Herz fasst.]
    MIRABEAU : Teutch.
    DE ROBESPIERRE : Bemühen Sie Ihren Diener nicht, ich finde allein hinaus. Der Name ist übrigens Robespierre.
    MIRABEAU : Ach. Ich dachte, de Robespierre.
    ROBESPIERRE : Nein. Einfach nur Robespierre.
    D’Anton ging zum Palais Royal, um Camille reden zu hören. Er blieb am Rand der Menge und suchte sich eine Säule zum Anlehnen, sodass er mit verschränkten Armen und überlegenem Lächeln dastehen und dem Treiben zusehen konnte. Camille sagte scharf zu ihm: »Du kannst nicht dein Leben lang Voyeur sein. Es wird Zeit, dass du eine Haltung einnimmst.«
    Worauf d’Anton erwiderte: »Eine Pose, meinst du wohl eher.«
    Camille steckte jetzt ständig mit Mirabeau zusammen. Sein Vetter de Viefville grüßte ihn kaum mehr. In Versailles debattierten die Abgeordneten – als hätte das Debattieren irgendeinen Sinn. Wenn der Comte das Wort

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