Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
republikanische Pendant zur Salbung. Immerhin ist Tinte das beherrschende Element in eurem Leben, mein Lieber.«
    In der Tat prangte ein Tintenfleck auf Camilles Ärmelaufschlag. Er hatte gerade einen Leitartikel vollendet und sorgte sich darum, was der Setzer damit anstellen würde. Erst kürzlich hatte er Marat als »Apostel der Freiheit« bezeichnet, und erschienen war es als »Apostat der Freiheit«. Marat war in die Redaktion gestürzt gekommen, schäumend vor Wut.
    »Und Sie sind sich auch ganz sicher, M. Duplessis?«, sagte Camille. »So viel Glück ist in meinem Leben eigentlich nicht vorgesehen. Könnte es vielleicht ein Irrtum sein? Sozusagen ein Druckfehler?«
    Annette konnte die Bilder nicht aus ihrem Kopf verbannen – sie wehrte sich gegen sie, aber sie kam nicht gegen sie an. Das Rascheln ihrer Röcke, als sie hier im Zimmer auf und ab gegangen war und Camille befohlen hatte, aus ihrem Leben zu verschwinden. Das Regenprasseln vor den Fenstern. Und dieser Kuss, der Zehn-Sekunden-Kuss, der, wäre Lucile nicht hereingeplatzt, zu einer verschlossenen Tür und überhasteter Befriedigung auf der Chaiselongue geführt hätte. Sie starrte es an, dieses selbe Möbelstück, mit seinen verschossenen blauen Samtpolstern. »Annette«, sagte Claude, »warum schaust du so verbittert?«
    »Ich bin nicht verbittert, mein Lieber«, sagte Annette. »Ich bin blendend gelaunt.«
    »Wirklich? Wenn du es sagst. Ah, die Frauen!«, sagte er liebevoll, mit einem komplizenhaften Blick zu Camille. Camille blickte kühl zurück – wieder das Falsche gesagt, dachte Claude, seine GESINNUNG vergessen. »Lucile scheinen die Gefühle ja ebenso durcheinanderzugeraten. Ich hoffe …« Er trat zu Camille. Er schien im Begriff, ihm auf die Schulter zu klopfen, aber seine Hand verharrte unentschlossen in der Luft und fiel dann wieder herab. »Ja, ich hoffe, ihr werdet glücklich.«
    Annette sagte: »Camille, mein Lieber, Ihre Wohnung ist ja sehr hübsch, aber ich nehme an, Sie wollen sich nun vergrößern? Da werden Sie mehr Möbel brauchen – hätten Sie gern die Chaiselongue? Ich weiß, dass Sie sie immer bewundert haben.«
    Camille schlug die Augen nieder. »Bewundert, Annette? Von ihr geträumt habe ich.«
    »Ich könnte sie neu polstern lassen.«
    »Bitte denken Sie keine Sekunde darüber nach«, sagte Camille. »Lassen Sie sie genauso, wie sie ist.«
    Claude sah verdutzt von einem zum anderen. »Nun, dann braucht ihr mich wohl nicht mehr, wenn ihr jetzt über Möbel sprecht.« Er lächelte tapfer. »Ich muss sagen, mein lieber Junge, Sie überraschen mich immer wieder.«
    Der Herzog von Orléans sagte: »Tatsächlich? Das freut mich für die zwei. Ich bekomme heutzutage so selten freudige Nachrichten.« Ein paar Monate zuvor war ihm Lucile zur Inspektion vorgeführt worden, und er war angetan gewesen. Sie hatte Stil, fast wie eine Engländerin; sie gehörte auf ein Jagdpferd gesetzt. Dieses Kopfwerfen, dieser geschmeidige Rücken … Ich will ihnen ein ordentliches Geschenk machen, beschloss er. »Laclos, was ist mit diesem Stadthaus von mir, diesem leerstehenden mit dem Garten, ein bisschen verwahrlost, zwölf Zimmer? Ecke Soundso-Straße?«
    »Wie wunderbar!«, sagte Camille. »Was wird nur mein Vater sagen! Wir werden dieses Prachthaus haben! Haufenweise Platz für die Chaiselongue!«
    Annette vergrub den Kopf in den Händen. »Manchmal möchte ich die Hoffnung fast aufgeben«, sagte sie. »Was würde nur aus Ihnen, wenn nicht so viele Menschen auf Sie aufpassten? Camille, überlegen Sie doch. Wie können Sie ein Haus vom Herzog annehmen – die größte, sichtbarste Bestechung, die sich nur denken lässt? Wäre das nicht eine Spur verfänglich? Zöge es nicht den einen oder anderen kleinen Kommentar in den Royalistenblättern nach sich?«
    »Wahrscheinlich schon«, räumte Camille ein.
    Sie seufzte. »Bitten Sie ihn doch einfach um das Geld. Und wenn wir schon mal bei Häusern sind, sehen Sie sich doch kurz das hier an.« Sie faltete eine Karte ihres Besitzes in Bourg-la-Reine auf. »Ich habe Pläne für ein Häuschen gezeichnet, das ich für euch bauen will. Hier, dachte ich« – sie zeigte auf das Blatt – »am Ende der Lindenallee.«
    »Warum?«
    »Warum? Weil mir meine Wochenenden zu kostbar sind, um Ihnen und Claude dabei zuzuschauen, wie ihr spitze Bemerkungen austauscht und euch dazwischen bedeutungsschwanger anschweigt. Da könnten wir ja gleich im Fegefeuer Urlaub machen.« Sie beugte sich über ihre Pläne. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher