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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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wollte schon immer ein niedliches kleines Hüttchen entwerfen. Gut, in meinem Laien-Enthusiasmus kann es natürlich passieren, dass ich ein paar wichtige Einzelheiten vergesse. Aber keine Angst, ich werde euch ein hübsches Schlafzimmer einrichten. Und ihr werdet ja auch nicht aus der Welt sein. Nein, wenn es mich packt, komme ich sicher einmal zu Besuch.«
    Sie lächelte. Wie zwiegespalten er aussah. Hin- und hergerissen zwischen Grauen und Vergnügen. Die nächsten Jahre dürften interessant werden, in jeder Hinsicht. Camille hat wirklich faszinierende Augen: tiefdunkelgrau, so nah am Schwarz, wie ein menschliches Auge nur sein kann, die Iris fast verschmelzend mit der Pupille. Jetzt gerade scheint ihr Blick auf die Zukunft gerichtet.
    »In Saint-Sulpice«, sagte Annette, »ist um drei Uhr Beichte.«
    »Ich weiß«, sagte Camille. »Es ist schon alles in die Wege geleitet. Ich habe Pater Pancemont Nachricht geschickt. Ich fand es richtiger, ihn vorzuwarnen. Ich habe ihm gesagt, dass er um Punkt drei mit mir rechnen kann, dass ich so etwas nicht alle Tage mache und dass er mich nicht warten lassen soll. Sind Sie so weit?«
    »Lassen Sie den Wagen vorfahren.«
    Vor der Kirche wandte sich Annette an den Kutscher. »Wir sind in … Wie lange brauchen wir? Planen Sie eine ausführliche Beichte?«
    »Ich habe nicht vor, überhaupt etwas zu beichten. Vielleicht ein paar kleine Kavaliersdelikte, rein anstandshalber. Dreißig Minuten.«
    Ein Mann im dunklen Mantel schritt ein Stück weiter auf und ab, einen Ordner mit Dokumenten unterm Arm. Die Uhr schlug. Er kam auf sie zu. »Drei Uhr, M. Desmoulins. Wollen wir hineingehen?«
    »Das ist mein Anwalt«, sagte Camille.
    »Was?«, sagte Annette.
    »Mein Anwalt, öffentlicher Notar. Sein Fachgebiet ist kanonisches Recht. Mirabeau hat ihn mir empfohlen.«
    Der Mann wirkte geschmeichelt. Wie interessant, dachte sie, dass du noch mit Mirabeau verkehrst. Aber die Vorstellung als solche beunruhigte sie: »Sie nehmen einen Anwalt zur Beichte mit, Camille?«
    »Eine weise Maßnahme. Kein ernsthafter Sünder sollte sie verabsäumen.«
    In sehr unheiligem Tempo fegte er mit ihr durch die Kirche. »Ich will nur kurz niederknien«, sagte sie und bog nach der Seite weg, um von ihm fortzugelangen. Es war still: nur eine Handvoll alter Mütterchen, die um die Rückkehr der alten Zeiten beteten, und ein kleiner Hund, der schnarchend zusammengerollt lag. Der Priester sah anscheinend keinen Grund, seine Stimme zu dämpfen. »Sie sind also gekommen«, sagte er.
    »Schreiben Sie das mit«, befahl Camille dem Notar.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, muss ich gestehen. Als Ihre Nachricht kam, habe ich es für einen Scherz gehalten.«
    »Es war ganz und gar kein Scherz. Schließlich muss ich im Stand der Gnade sein, so wie jeder andere, oder etwa nicht?«
    »Sind Sie Katholik?«
    Eine kurze Pause.
    »Warum fragen Sie?«
    »Wenn Sie kein Katholik sind, kann ich Ihnen nicht die Kommunion spenden.«
    »Also gut, dann bin ich Katholik.«
    »Haben Sie nicht« – Annette hörte, wie der Priester sich räusperte – »haben Sie in Ihrer Zeitung nicht geschrieben, die Religion Mohammeds sei ebenso gültig wie die Jesu Christi?«
    »Sie lesen meine Zeitung?« Camille klang tief befriedigt. Schweigen. »Dann wollen Sie uns also nicht trauen?«
    »Nicht, ehe Sie sich nicht öffentlich zum katholischen Glauben bekennen.«
    »Sie haben kein Recht, das von mir zu verlangen. Sie müssen mein Wort dafür nehmen. Mirabeau sagt –«
    »Seit wann ist Mirabeau ein Kirchenvater?«
    »Oh, das erzähle ich ihm, das wird ihm gefallen. Aber überlegen Sie es sich doch bitte noch einmal, denn ich bin bis über beide Ohren verliebt, und ich kann nicht bleiben wie Sie, und es ist besser freien als von Begierde verzehrt werden.«
    »Wenn wir schon bei Paulus sind«, sagte der Priester, »darf ich Sie daran erinnern, dass die Obrigkeit von Gott verordnet ist? Und dass wer sich der Obrigkeit widersetzt, Gottes Ordnung widerstrebt; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen?«
    »Ja, das Risiko muss ich wohl eingehen«, sagte Camille. »Wie Sie sehr wohl wissen, ist – Vers vierzehn – der ungläubige Mann geheiligt durch die Frau. Wenn Sie sich querstellen, muss ich die Sache vor den Religionsausschuss bringen. Sie wollen mir schlicht Steine in den Weg legen, Sie bringen Ihren Bruder zu Fall. ›Es ist schon ein Fehl unter euch, dass ihr miteinander rechtet. Warum lasst ihr euch nicht lieber unrecht tun?

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