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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Maximilien, sind dazu geeignet, ein Land zu regieren.
    Und Camille sagte auch: »Warte, bis Pater Proyart Direktor wird. Dann werden wir alle in den Boden gestampft.« Seine Augen leuchteten bei dieser Vorstellung.
    Diese Haltung war typisch für Camille, dachte Maximilien: Je schlimmer alles wird, desto besser. Niemand anders sah das so.
    Doch wie es sich fügte, wurde Pater Proyart übergangen. Der neue Schulleiter war Pater Poignard d’Enthienloye, ein entspannter, liberaler, begabter Mann. Ihn beunruhigte die Gesinnung, die sich unter seinen Zöglingen breitgemacht hatte.
    »Pater Proyart behauptet, in der Schülerschaft gebe es eine bestimmte Tendenz«, sagte er zu Maximilien. »Er meint, ihr wärt alle Anarchisten und Puritaner.«
    »Pater Proyart mag mich nicht«, sagte Maximilien. »Außerdem übertreibt er meiner Ansicht nach.«
    »Natürlich übertreibt er. Müssen wir eigentlich so trödeln? Ich muss in einer halben Stunde meine Andacht halten.«
    »Puritaner sind wir? Das sollte ihn doch freuen.«
    »Wenn ihr ständig über Frauen reden würdet, wüsste er, was er zu tun hat, aber er behauptet, ihr redet nur über Politik.«
    »Ja«, sagte Maximilien. Er war durchaus bereit, sich den Problemen der Älteren zu widmen. »Er befürchtet, dass die hohen Mauern die amerikanischen Ideen nicht fernhalten können. Und natürlich hat er damit recht.«
    »Jede Generation hat ihre eigenen Leidenschaften. Als Lehrer sieht man das. Manchmal denke ich, dass unser ganzes System schlecht durchdacht ist. Wir nehmen euch die Kindheit weg, züchten in dieser Treibhausluft euer Denken hoch, und dann überwintern wir euch in einem Klima der Despotie.« Nachdem er das losgeworden war, seufzte der Priester. Seine eigenen Metaphern deprimierten ihn.
    Maximilien überlegte einen Moment lang, wie es wäre, die Brauerei zu übernehmen. Klassischer Bildung würde es dazu kaum bedürfen. »Meinen Sie, man sollte erst gar keine Hoffnungen wecken?«, fragte er.
    »Ich meine, dass es ein Jammer ist, erst eure Begabung zu fördern und dann zu sagen:« – der Priester hielt die offene Hand hoch – »Bis hierhin und nicht weiter. Wir können einem Jungen wie dir nicht die Privilegien von Geburt und Reichtum verschaffen.«
    »Nun ja.« Der Junge lächelte – ein schwaches, aber aufrichtiges Lächeln. »Das ist meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen.«
    Der Schulleiter konnte Pater Proyarts Voruteile gegen diesen Jungen nicht verstehen. Er war weder aggressiv, noch schien er auftrumpfen zu wollen. »Was wirst du also tun, Maximilien? Ich meine, was hast du vor?« Er wusste, dass der Junge gemäß den Bestimmungen des Stipendiums einen akademischen Grad in Medizin, Theologie oder Jurisprudenz erwerben musste. »Wie ich höre, war die Idee, dass du eine kirchliche Laufbahn einschlagen würdest.«
    »Das war die Idee anderer Leute.« Maximiliens Ton, dachte der Priester, war sehr respektvoll; er zollte der Meinung anderer die geziemende Achtung und ignorierte sie dann vollkommen. »Mein Vater hatte früher eine Anwaltskanzlei. Die möchte ich gern fortführen. Ich muss wieder nach Hause zurück. Ich bin der Älteste, wissen Sie?«
    Natürlich wusste der Priester das; und er wusste auch, dass Maximiliens Stipendium von widerwilligen Verwandten um einen so kärglichen Betrag ergänzt wurde, dass sich der Junge seiner gesellschaftlichen Stellung immer schmerzlich bewusst sein musste. Im vergangenen Jahr hatte der Quästor einige Hebel in Bewegung setzen müssen, damit der Junge einen neuen Mantel bekommen konnte. »Eine Laufbahn in deiner Heimatprovinz«, sagte er. »Wird dir das genügen?«
    »Nun, ich werde mich dort in meiner eigenen Sphäre bewegen.« Sarkastisch? Vielleicht. »Aber Sie haben sich wegen unserer moralischen Gesinnung gesorgt, Pater. Wollen Sie darüber nicht lieber mit Camille reden? Er kann sich viel unterhaltsamer zu diesem Thema äußern.«
    »Ich missbillige diese Gepflogenheit, nur den Vornamen zu gebrauchen«, sagte der Priester. »Als wäre er berühmt. Gedenkt er denn mit nur einem Namen durchs Leben zu gehen? Ich habe keine gute Meinung von deinem Freund. Und erzähl mir nicht, du seist nicht sein Hüter.«
    »O doch, ich fürchte, das bin ich.« Er dachte nach. »Aber in Wirklichkeit haben Sie doch sicher eine gute Meinung von ihm, Pater?«
    Der Priester lachte. »Pater Proyart behauptet, ihr wärt nicht nur Puritaner und Anarchisten, sondern auch Poseure. Affektiert, unsicher … Das bezieht sich auch auf den

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