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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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jede Schmach, jedes Blutbad, wenn man hernach König von Frankreich war. Dann war Félicité gekommen und hatte alles über den Haufen geworfen – und recht hatte sie, denn wer wollte schon heute König sein und morgen tot? Aber seit Jahren ließ er sich nun schon von anderen antreiben, steuern, herumkommandieren, freiwillig oder unfreiwillig. Ihm blieb keine Zeit, den Kurs neu auszurichten, und er war nahezu bankrott.
    »Dieser verdammte Danton«, schimpfte er, »sogar Agnès habe ich ihm gelassen.«
    »Niemand ›lässt‹ Danton etwas«, sagte Charles-Alexis. »Er nimmt es sich.«
    »Aber irgendetwas muss er doch auch dafür geben«, wandte Philippe ein. »Das Volk wird etwas von ihm verlangen. Was will er den Leuten geben?«
    »Er wird ihnen das Pro-Kopf-Stimmrecht geben. Das ist etwas, das ihnen noch keiner gegeben hat.«
    »Stimmt, das wird ihnen gefallen. Dafür werden sie auf die Straße gehen.« Der Herzog seufzte. »Trotzdem, der 14. wäre nett gewesen.« Er dachte zurück an ’89. Das war meine größte Zeit, schoss es ihm durch den Kopf. Er äußerte den Gedanken.
    »Deine blauäugigste«, sagte Charles-Alexis.
    Am 10. Juli wurde der Notstand ausgerufen. Die Stadt war voll von Militärkapellen und Rekrutierungsbuden mit blau-weiß-roten Wimpeln. Durch ihr Schlafzimmerfenster konnte Lucile Dantons persönliche Rekrutierungskampagne hören, die lauteste weit und breit. Die erste klare Regung, die sie auf dem Gesicht ihren Sohnes ausmachen konnte, sah sehr nach Entnervtheit aus. Als sie hinreichend wiederhergestellt war, um zu reisen, fuhr sie hinaus nach Bourg-la-Reine. Camille kam am Wochenende nach und schrieb eine ellenlange Rede.
    Der Generalrat der Kommune trat am 24. Juli zusammen, um sie zu hören. Es war Dantons politisches Manifest, das allgemeines Wahlrecht und allgemeine Mitverantwortung verkündete und die Bürger jeder Sektion dazu ermächtigte, sich zu versammeln, wann immer es ihnen beliebte, sich zu bewaffnen und gegen Unterdrückung und unmittelbare Bedrohung mobil zu machen. Als Camille prophezeite, dass die Monarchie in den nächsten Tagen fallen würde, verschränkte Danton die Arme, wechselte Blicke mit seinen engsten Mitstreitern und mimte Überraschung.
    »Danke«, sagte Pierre Chaumette. »Das wollten wir hören.«
    René Hébert nickte ihm zu. Er rieb sich die dicklichen weißen Hände; so gefiel ihm die Politik.
    Vor dem Rathaus drängte sich eine riesige Menge. Sie brach in Jubelrufe aus, als Camille herauskam. Danton legte ihm seine Pranke auf die Schulter; solche Popularität, fand er, war dazu da, dass man sie teilte. »Das fühlt sich doch anders an als letztes Jahr«, sagte Camille, »als wir flüchten mussten.« Er winkte seinen Anhängern und warf ihnen Kusshände zu. Die Leute lachten und rangelten, drängten sich nach vorn und streckten die Arme nach ihm aus, als brächte es Glück, ihn zu berühren. Sie warfen ihre roten Mützen in die Luft und stimmten eine der blutrünstigeren Versionen von »Ça ira« an. Dann sangen sie das neue Lied, die »Marseillaise«.
    »Seltsame Kreaturen«, sagte Danton milde. »Hoffen wir, dass sie in ein, zwei Wochen ihren Mann stehen.«
    Der Herzog von Braunschweig, der Oberbefehlshaber der Koalition, veröffentlichte ebenfalls ein Manifest. Es forderte das französische Volk auf, die Waffen niederzulegen und zuzulassen, dass die einrückenden Truppen die öffentliche Ordnung wiederherstellten. Alle Städte, die Widerstand leisteten, würden zerstört. Jeder Abgeordnete, jeder Nationalgardist und jeder öffentliche Beamte in Paris hafte persönlich für die Sicherheit des Königspaares. Sollte der königlichen Familie die geringste Beleidigung zugefügt werden, so würden sämtliche der genannten Personen vor ein Kriegsgericht gestellt, sobald die Koalitionstruppen Paris erreichten – und sie brauchten auf kein Pardon zu hoffen. Falls sich der Angriff auf die Tuilerien vom Juni wiederholte, würde die Stadt Paris dem gänzlichen Ruin preisgegeben und ihre Bewohner durch militärische Exekution liquidiert werden.
    Danton stand mit Caroline Rémy an einem der oberen Fenster des Palais Royal. Unter ihnen verlas Camille der Menge die Erklärung der Koalition. »Ist er nicht gut?«, bemerkte Caroline. »Da hat Fabre wirklich hervorragende Arbeit geleistet.«
    »Braunschweig hat uns perfekt in die Hände gespielt«, sagte Danton. »Wenn die Leute wissen, dass die Massenhinrichtung auf sie wartet, wenn sie wissen, dass die Deutschen sie in

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