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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Massengräbern verscharren wollen – was haben sie noch zu verlieren?«
    Er schob eine Hand um Carolines Taille, und sie fuhr mit den Fingern über seinen Handrücken. Unten brandete Geschrei auf, die Menge forderte die Koalition heraus, Welle um Welle der Verhöhnung, des Trotzes, der Wut.
    [Zoppis Café in der Rue des Fossés-Saint-Germain. Ein Tag in der langen Geschichte der Caféhaus-Verschwörungen.]
    DANTON : Ihr kennt euch ja alle, oder?
    LEGENDRE : Komm zur Sache. Das ist keine Tischgesellschaft.
    DANTON : Falls noch irgendwer Zweifel hatte, das ist Legendre. Der große Herr dort heißt Westermann. Er stammt aus dem Elsass, und wir kennen uns schon eine ganze Weile. Er war früher Armeeoffizier.
    FABRE [zu Camille] : Muss schon sehr lange her sein. Jetzt treibt er sich als kleiner Gauner im Palais Royal herum.
    CAMILLE : Also genau unsere Kragenweite.
    DANTON : Das ist Antoine Fouquier-Tinville.
    LEGENDRE : Sie erinnern mich an jemand.
    DANTON : Fouquier-Tinville ist Camilles Vetter.
    LEGENDRE : Na, eine entfernte Ähnlichkeit vielleicht.
    FABRE : Mir fällt nichts auf.
    HÉRAULT : Vielleicht sind sie um mehrere Ecken verwandt.
    FABRE : Man muss seinen Verwandten nicht ähnlich sehen.
    HÉRAULT : Vielleicht kann er ja auch sprechen?
    FABRE : Vielleicht haben Sie eine Meinung dazu, Camilles Vetter?
    FOUQUIER : Fouquier.
    HÉRAULT : Guter Gott, Sie erwarten doch nicht, dass wir Ihren Namen lernen? Wir werden Sie einfach ›Camilles Vetter‹ nennen. Das ist leicht für uns und demütigend für Sie.
    FRÉRON [zu Fouquier] : Ihr Vetter ist nicht ganz dicht.
    FABRE : Er ist ein Massenmörder.
    FRÉRON : Er ist Satanist.
    FABRE : Er lernt Giftmischerei.
    HÉRAULT : Und Hebräisch.
    FRÉRON : Er ist ein Ehebrecher.
    HÉRAULT : Er ist ein Schandfleck für uns alle.
    [Pause]
    FABRE : Seht ihr? Er hat keinen Funken Vetternliebe.
    FRÉRON : Wo bleibt Ihr Familienstolz?
    FOUQUIER [gleichmütig] : Es kann alles stimmen. Ich habe Camille lange nicht mehr gesehen.
    FRÉRON : Manches davon stimmt. Das mit dem Ehebruch und mit dem Hebräisch.
    FABRE : Satanist könnte auch stimmen. Ich habe ihn schon mal mit de Sade reden sehen.
    HÉRAULT : De Sade ist kein Satanist.
    FABRE : Ach, ich dachte.
    HÉRAULT : Wozu lernst du Hebräisch, Camille?
    CAMILLE : Für meine Studien der Kirchenväter.
    DANTON : Großer Gott.
    CAMILLE [im Flüsterton zu Hérault] : Siehst du, wie eng seine Augen beisammenstehen? Seine erste Frau ist auf rätselhafte Weise umgekommen.
    HÉRAULT [flüsternd] : Ist das wahr?
    CAMILLE : Ich spreche nie die Unwahrheit.
    DANTON : M. Fouquier sagt, er ist zu allem bereit.
    HÉRAULT : Dann ist er eindeutig mit Camille verwandt.
    LEGENDRE : Können wir endlich mit dem Planen fortfahren? [Zu Fouquier] Die behandeln mich wie einen Schwachsinnigen. Alles nur, weil ich keine Schulbildung genossen habe. Ihr Vetter macht hämische Bemerkungen in fremden Sprachen über mich.
    FOUQUIER : Sprachen, die Sie nicht sprechen?
    LEGENDRE : Ja.
    FOUQUIER : Woher wissen Sie es dann?
    LEGENDRE : Sind Sie Anwalt?
    FOUQUIER : Ja.
    DANTON : Ich würde sagen, etwa eine Woche noch.
    In Mousseaux, dem Sitz des Herzogs von Orléans, ließ die Stimmung am Tisch Festlichkeit vermissen, genauer gesagt, sie war muffig. Charles-Alexis schaute unbehaglich drein – ob aufgrund der Paté oder royalistischer Drohgebärden, konnte der Herzog nicht einschätzen. Sein banger Blick glitt über die Taubenbrüstchen, ausgelöst und mit Spargel und Morcheln gefüllt, schweifte über die Gäste und fiel schließlich auf Robespierre. Er sah noch genauso aus wie ’89, dachte Philippe, mit diesem perfekt sitzenden Rock (demselben wie damals!) und dem untadelig gepuderten Haar. Es musste eine gewaltige Umstellung für ihn sein, nach dem Tisch des Schreiners. Ob er dort auch so aufrecht saß, so wenig aß, sich im Geiste Notizen machte? Neben seinem Weinglas stand ein Glas Wasser. Der Herzog beugte sich fast schüchtern vor und berührte ihn am Arm.
    PHILIPPE : Ich fürchte … Kann es sein, dass etwas aus dem Ruder gelaufen ist? … Die Royalisten sind so stark … Es ist Gefahr im Verzug. Ich habe beschlossen, nach England zu gehen, ich bitte Sie, kommen Sie mit mir.
    DANTON : Wenn jetzt einer wagt, noch auszusteigen, dann schlitze ich dem Dreckskerl die Kehle auf. Es ist alles geplant. Wir ziehen das verdammte Ding durch.
    PÉTION : Mein lieber Danton, es gibt da ein paar Probleme.
    DANTON : Und Sie sind eins davon. Ihre Leute wollen vom König doch nur

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