Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
gegebenen Umständen sehe ich keinen Weg, Brissots Leute aus der Regierung herauszuhalten.«
Sein Ton ließ Danton aufblicken. »Sie meinen, dass wir nicht mit ihnen zusammenarbeiten können?«
»Ich meine, dass es unverantwortlich wäre, es auch nur zu versuchen. Sie müssen doch sehen, Danton, worauf ihre Politik abzielt. Sie sind für die Provinzen und gegen Paris – sie sind Föderalisten. Sie wollen die Nation aufsplittern. Wenn das passiert, wenn sie ihr Ziel erreichen – welche Chance hat das französische Volk dann gegen das übrige Europa?«
»Eine sehr verminderte. Gar keine.«
»Ganz genau. Ihre Politik zielt somit auf die Zerstörung der Nation ab. Sie sind Verräter. Sie tragen zur Stärkung des Feindes bei. Und vielleicht – wer weiß – steckt der Feind sogar selbst dahinter?«
Danton hob einen Finger. »Moment. Die zetteln erst einen Krieg an, meinen Sie, und sorgen dann dafür, dass wir ihn verlieren? Nein, wenn ich glauben soll, dass Pétion oder Brissot und Vergniaud die Handlanger der Österreicher sind, dann müssen Sie mir dafür Beweise bringen. Rechtskräftige Beweise.« Und selbst dann, dachte er, werde ich dir nicht glauben.
»Ich werde mein Bestes tun«, sagte Robespierre – ein ernsthafter Schuljunge, der sich an eine neue Hausaufgabe macht. »Was wird mit dem Herzog?«
»Der arme alte Philippe«, sagte Danton. »Er sollte auf keinen Fall leer ausgehen. Ich finde, wir sollten die Pariser dazu ermuntern, ihn in die neue Versammlung zu wählen.«
»Den Nationalkonvent«, verbesserte Robespierre ihn. »Wenn es sein muss.«
»Und dann wäre da noch Marat.«
»Was fordert er?«
»Ach, gar nichts, nicht für sich selbst – ich meine nur, er ist jemand, mit dem wir uns arrangieren müssen. Er hat eine sehr große Anhängerschaft im Volk.«
»Das akzeptiere ich.«
»Sie werden ihn bei sich in der Kommune haben.«
»Und im Konvent? Die Leute werden einwenden, dass Marat zu radikal ist. Camille auch – aber wir brauchen sie.«
»Radikal?«, sagte Danton. »Die Zeiten sind radikal. Armeen sind radikal. Wir stehen an einem Wendepunkt.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Aber Gott ist für uns. Den Trost kann uns keiner nehmen.«
Danton ließ sich diese erstaunliche Behauptung durch den Kopf gehen. »Leider«, sagte er schließlich, »hat Gott uns noch nicht mit Piken ausgerüstet.«
Robespierre wandte das Gesicht ab. Als würde man mit einem Igel spielen, dachte Danton, man tippt ihm nur auf die Schnauze, und schon rollt er sich ein, und man darf sich mit den Stacheln herumärgern. »Ich habe diesen Krieg nicht gewollt«, sagte Robespierre.
»Aber dummerweise haben wir ihn nun mal, und ihn jemand anderem in die Schuhe zu schieben hilft uns nicht weiter.«
»Trauen Sie General Dumouriez?«
»Er hat uns keinen Grund gegeben, ihm nicht zu trauen.«
Robespierres Mund wurde zu einem harten Strich. »Aber das reicht nicht, oder? Was hat er geleistet, um uns von seinem Patriotismus zu überzeugen?«
»Er ist Soldat, man kann also annehmen, dass er der amtierenden Regierung gegenüber loyal ist.«
»Diese Annahme hat sich schon ’89 als irrig erwiesen, als die französischen Garden zum Volk übergelaufen sind. Sie sind ihren natürlichen Interessen gefolgt. Dumouriez und all die anderen adligen Offiziere werden über kurz oder lang den ihrigen folgen. Ich frage mich auch bei Camilles Freund Dillon.«
»Ich sage nicht, dass die Loyalität der Offiziere gewährleistet ist. Aber bis zum Beweis des Gegenteils muss die Regierung von ihr ausgehen. Andernfalls wäre es unmöglich, eine Armee zu unterhalten.«
»Darf ich Ihnen einen Rat geben?« Robespierre ließ Danton nicht aus den Augen, und Danton dachte: Das kann kein Rat sein, den ich gern hören werde. »Sie reden sehr viel von ›der Regierung‹. Sie sind Revolutionär, die Revolution hat Sie gemacht, und in einer Revolution greifen die alten Grundsätze nicht. In Zeiten von Stabilität und Frieden mag der Staat es sich leisten können, seine Feinde einfach zu ignorieren, aber in Zeiten wie diesen müssen wir sie klar benennen und ihnen Kontra bieten.«
Wie ihnen Kontra bieten?, fragte Danton sich. Indem wir mit ihnen diskutieren? Sie bekehren? Sie töten? Aber vom Töten willst du ja nichts wissen, oder, Max? Du lehnst es ab. Laut sagte er: »Diplomatie kann den Krieg begrenzen. Solange ich im Amt bin, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit England nicht eintritt. Wenn ich allerdings nicht im Amt bin …«
»Sie
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