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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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dass du selbst ein paar von seinen Manierismen übernommen hast? Als wir uns kennengelernt haben, hast du längst nicht so viel mit den Händen herumgewedelt. Es heißt ja, Hunde und ihre Herren sehen sich mit der Zeit immer ähnlicher. So etwas muss das bei euch auch sein.«
    Sie stand auf und trat ans Fenster, sah hinaus auf den hartgefrorenen Rasen; ein kleiner, verwischter Novembermond blickte verloren zu ihr herab. »August, September, Oktober, November«, sagte sie. »Es kommt mir vor wie ein Leben.«
    »Gefällt dir das neue Haus? Fühlst du dich wohl hier?«
    »Ja, sehr. Aber ich hatte nicht gedacht, dass ich so viel allein sein würde.«
    »Möchtest du lieber nach Paris zurück? In der Wohnung ist es wärmer. Ich könnte dich gleich heute Abend mitnehmen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es geht mir gut hier. Ich habe ja meine Eltern.« Sie sah zu ihm auf. »Aber du wirst mir fehlen, Georges.«
    »Es tut mir leid. Ich kann es nicht ändern.«
    Dunkelheit ballte sich in den Zimmerecken. Das Kaminfeuer flackerte auf, Schatten zuckten und tanzten über Dantons narbiges, dunkles Gesicht. Er hielt beide Hände bewusst ruhig, umschloss mit der Rechten die linke Faust, seine Schultern der Wärme entgegengebeugt, Ellbogen auf den Knien. »Wir wissen schon seit einer Weile, dass Dumouriez Probleme hat. Er kommt nicht an Nachschub, und die Engländer haben das Land mit Falschgeld überschwemmt. Dumouriez streitet mit dem Kriegsministerium herum – er sieht nicht ein, dass ihm Leute, die heil und sicher in Paris sitzen, bei der Führung der Truppen dreinreden. Und dem Konvent passt es nicht, dass er der bestehenden Ordnung so sehr den Rücken stärkt – sie erwarten, dass die Revolution propagiert wird. Es ist eine verzwickte Situation, Gabrielle.« Er schob noch ein Scheit ins Feuer. »Buchenholz«, sagte er. »Brennt hervorragend.« Drüben im Wäldchen schrie eine Eule. Unterm Fenster knurrte der Wachhund. »Nicht wie Brount«, sagte Danton. »Brount wacht nur, er macht kein Geräusch.«
    »Heißt das, es ist eine Notlage? Und Dumouriez braucht einen Zeugen an Ort und Stelle?«
    »Zwei von unserer Kommission sind schon aufgebrochen. Der Abgeordnete Lacroix und ich folgen morgen.«
    »Wer ist Lacroix?«
    »Er ist … nun ja … ein Anwalt.«
    »Wie heißt er mit Vornamen?«
    »Jean-François.«
    »Wie alt ist er?«
    »Ich weiß nicht – vierzig?«
    »Ist er verheiratet?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wie sieht er aus?«
    Danton überlegte. »Ganz normal. Aber wahrscheinlich darf ich mir unterwegs eh seine Lebensgeschichte anhören, dann kann ich sie dir erzählen, wenn ich wieder zu Hause bin.«
    Sie setzte sich hin, verrückte ihren Stuhl ein wenig, drehte ihn weg von der Ofenhitze. Das Gesicht halb im Schatten, fragte sie: »Wann kommst du wieder?«
    »Schwer zu sagen. Vielleicht schon in einer Woche. Ich habe nicht vor, mich unnütz aufzuhalten, während Louis hier der Prozess gemacht wird.«
    »Bist du so begierig darauf, Blut zu sehen, Georges?«
    »Denkst du das von mir?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, sagte sie müde. »Es ist sicher verzwickter, als mir klar ist, genau wie die Sache mit Belgien und General Dumouriez. Aber ich weiß, dass es mit dem Tod des Königs enden wird, wenn nicht jemand mit deinem Einfluss für ihn Partei ergreift. Der ganze Konvent soll über ihn urteilen, sagst du – und ich weiß, dass du den Konvent umstimmen kannst. Ich weiß, welche Macht du besitzt.«
    »Aber du begreifst nicht, was es bedeutet, sie auszuüben. Lassen wir das Thema, ja? Ich habe nur eine Stunde.«
    »Geht es Robespierre besser?«
    »Doch – zumindest hat er heute im Konvent gesprochen.«
    »Und er wohnt wieder bei den Duplays?«
    »Ja.« Danton lehnte sich zurück. »Sie halten ihm Charlotte vom Leib. Offenbar hat sie ihre Zofe mit einem Glas Marmelade hingeschickt, und Mme Duplay hat das Mädchen nicht hereingelassen. Sie lässt es nicht zu, dass man ihn vergiftet, hat sie ihr bestellt.«
    »Die arme Charlotte.« Gabrielle lächelte halb. Ihre Züge entspannten sich. Sie war in Gedanken wieder da, wo er sie haben wollte, beim Trivialen, Häuslichen.
    »Jetzt sind es nur noch zwei Monate. Und eine Woche vielleicht.« Bis zur Geburt des Kindes, meinte sie. Sie stemmte sich aus dem Sessel hoch und durchquerte das Zimmer, um die schweren Vorhänge zuzuziehen. »Wirst du wenigstens zum Jahreswechsel hier bei mir sein?«
    »Ich tue mein Möglichstes.«
    Als er fort war, lehnte sie den Kopf an ein Kissen und

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