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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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döste ein. Die Uhr tickte dem neuen Tag entgegen, Glut bröckelte knisternd durch den Rost. Draußen strichen Eulenflügel durch die kalte Luft, kleine Tiere schrien im Unterholz. Sie träumte, sie sei wieder ein Kind, frühmorgens in der Sonne. Dann drangen die Geräusche der Jagd in ihren Traum ein, und sie wurde bald zum Jäger, bald zur Beute.
    Robespierre vor dem Konvent, im Januar:
Es gibt hier keinen Prozess zu führen. Louis ist kein Angeklagter, ihr seid keine Richter. Wenn Louis der Prozess gemacht werden kann, dann kann Louis freigesprochen werden, er kann unschuldig sein. Aber wenn Louis freigesprochen werden kann, wenn Louis für unschuldig erklärt werden kann, was wird dann aus der Revolution? … Eure Aufgabe ist es nicht, über Schuld oder Unschuld eines Menschen zu entscheiden, sondern eine Maßregel im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt und Sicherheit zu ergreifen, euch zum Werkzeug der Vorsehung zu machen … Louis muss sterben, damit die Nation leben kann.

4. Erpressung
    (1793)
    RUE DES CORDELIERS, 13. Januar: »Ob Mr. Pitt uns wohl ein bisschen Geld schickt?«, fragte Fabre. »Zum neuen Jahr?«
    »Ach wo«, sagte Camille, »Mr. Pitt schickt immer bloß seine guten Wünsche.«
    »Tja, mit der Glanzzeit des William Augustus Miles ist es vorbei.«
    »Und bald sind wir wahrscheinlich mit England im Krieg.«
    »Das darfst du doch nicht mit so einem Gesicht sagen, Camille. Du hast zu glühen vor patriotischem Eifer!«
    »Ich weiß einfach nicht, wie wir gewinnen wollen. Wenn sich die britische Bevölkerung nun nicht geschlossen erhebt? Wenn sie die Unterdrückung durch ihre eigenen Leute einer Befreiung durch die Franzosen vorzieht? Und neuerdings« – er dachte an die jüngsten Beschlüsse im Konvent – »scheinen wir ja eine Politik der Annexion zu verfolgen. Danton unterstützt sie, im Falle Belgiens zumindest, aber mich erinnert es fatal an den bisherigen europäischen Regierungsstil. Stell dir vor, wir annektieren England. Dann würden Leute, die den Konvent langweilen, als Sonderkommissare nach Newcastle-on-Tyne entsandt.«
    »Bei dir besteht ja nun keine Gefahr, dass du den Konvent langweilst, mein Lieber. Da übe ich jahrelang mit dir, und jetzt kriegst du den Mund nicht auf.«
    »Natürlich, in der Debatte über den Anschluss von Savoyen. Da habe ich gesagt, dass die Republik sich nicht wie ein König aufführen und Gebiete usurpieren darf. Niemand hat die geringste Notiz davon genommen. Fabre, meinst du, Mr. Pitt interessiert es wirklich, ob wir Louis aufs Schafott bringen oder nicht?«
    »Persönlich? Ach was, niemand schert sich einen Pfifferling um Louis. Aber sie finden, dass es kein guter Ton ist, Monarchen den Kopf abzuhacken.«
    »Den Ton haben die Engländer selbst angeschlagen.«
    »Das möchten sie gern vergessen. Und sie werden uns den Krieg erklären, wenn wir ihnen nicht zuvorkommen.«
    »Meinst du, Georges-Jacques hat sich verrechnet? Mit diesem Plan, Louis’ Leben als Verhandlungsmasse einzusetzen – ihn so lange am Leben zu erhalten, wie England neutral bleibt?«
    »Louis’ Leben ist den Engländern egal. Denen geht’s um den Handel. Um den Schiffsverkehr. Bares Geld.«
    »Morgen kommt Danton zurück«, sagte Camille.
    »Ja, er wird sich schwarz ärgern, dass der Konvent nach ihm geschickt hat. Noch eine Woche, und der Prozess gegen Capet wäre zu Ende gewesen, ohne dass er Stellung hätte beziehen müssen. Wo er sich in Belgien so einen schönen Lenz gemacht hat! Zu dumm, dass seine Frau davon Wind bekommen musste. Sie hätte in Sèvres bleiben sollen, abseits von Klatsch und Tratsch.«
    »Den hast nicht zufällig du ihr hinterbracht?«
    »Was für einen Grund hätte ich, ihnen das Leben noch schwerer zu machen?«
    »Deine ganz normale Alltagsbosheit würde völlig ausreichen.«
    » Ich richte keinen Schaden an. Das hier richtet Schaden an, das hier!« Er hob ein Blatt von Camilles Schreibtisch auf. »Ich kann dein Gekrakel nicht lesen, aber der Grundtenor ist ja wohl, dass Brissot sich aufhängen soll.«
    »Na, Hauptsache, dein Gewissen ist rein.«
    »Blütenrein. Du siehst doch, mir wächst schon ein Bauch, so im Reinen bin ich mit mir.«
    »Bist du nicht. Du hast schwitzige Handflächen. Dein Blick huscht von einem Gesicht zum anderen. Du bist wie ein Geldfälscher, der sein erstes Goldstück in Umlauf bringt.«
    Fabre sah Camille misstrauisch an. »Was meinst du damit?« Camille zuckte die Achseln. »Los.« Fabre baute sich vor ihm auf. »Sag mir, was du

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