Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
Leben nicht gerechnet hätte – ein sprachloser Fabre d’Églantine.« Danton war angeheitert; alle paar Minuten langte er über den Tisch und tätschelte seiner frischgebackenen Ehefrau die Hand. »Na, Fabre, immer noch baff?«
»Nein, nein«, sagte Fabre beklommen. »Sicher, ich würde auch niemandem wünschen, mit Saint-Just in einem Ausschuss sitzen zu müssen. Und ja, wie du sagst, Robert Lindet ist schließlich gewählt worden, und er ist ein standhafter Patriot, dem wir vertrauen. Und Hérault ist gewählt worden, und er ist unser Freund …«
»Du klingst nicht überzeugt. Hör zu, Fabre, ich bin Danton , geht das nicht in deinen Schädel? Der Ausschuss braucht vielleicht mich, aber ich brauche den Ausschuss nicht. So, und jetzt trinke ich auf mich, mit Verlaub, da kein anderer die Güte besitzt. Auf mich – den neu gewählten Präsidenten des Konvents.« Er prostete Lucile zu. »Und jetzt auf meinen Freund General Westermann«, befahl er. »Auf dass er den Rebellen in der Vendée heimleuchten möge.«
Er kann froh sein, dachte Lucile, dass er Westermann nach dieser letzten Niederlage wieder zu seinem Kommando verhelfen konnte. Westermann kann froh sein, dass er auf freiem Fuß ist. »Auf das Herz von Marat«, sagte Danton. Louise warf ihm einen scharfen Blick zu. »Pardon, mein Liebes, das sollte nicht lästerlich sein, ich wiederhole nur das, was der arme, irregeleitete Pöbel auf der Straße plappert. Warum lässt die Gironde Marat meucheln? Der Mann war doch sowieso mehr tot als lebendig. Andererseits, wenn dieses Weibsstück aus eigenem Antrieb gehandelt hat, wie sie behauptet, beweist das nur wieder meine alte These: Frauen haben kein politisches Gespür. Sie hätte Robespierre abstechen sollen – oder mich.«
So darfst du nicht reden, flehte Louise ihn an, auch wenn sie die Vorstellung schwierig fand: ein Küchenmesser, das durch diese kompakten Schichten von Muskeln und Fett schnitt? Dantons Blick wanderte den Tisch ab. »Camille«, verkündete er, »ein Tropfen Tinte aus deiner Feder wiegt alles Blut in Marats Körper auf.«
Er füllte die Gläser neu. Eine Flasche trinkt er sicher noch, dachte Louise, und vielleicht schläft er dann ja gleich ein. »Und auf die Freiheit«, sagte er. »Heben Sie Ihr Glas, General.«
»Auf die Freiheit«, sagte General Dillon mit Nachdruck. »Auf dass wir noch lange so frei sein können, sie zu genießen.«
26. JULI : Robespierre saß mit gesenktem Kopf da, die gefalteten Hände zwischen den Knien eingeklemmt; er bot ein Bild des Jammers. »Siehst du?«, sagte er, »deshalb habe ich solche Verstrickungen immer vermieden, deshalb habe ich nie ein Amt annehmen wollen.«
»Ja«, sagte Camille. Ihm brummte noch der Schädel von gestern Nacht. »Die Gegebenheiten ändern sich.«
»Denn jetzt, verstehst du …« Robespierre hatte einen kaum wahrnehmbaren Tic entwickelt, der ihn jedoch extrem irritierte; immer wieder unterbrach er sich mitten im Satz, um die Hand an die Wange zu drücken. »Es ist klar, dass eine starke Zentralgewalt … jetzt, wo der Feind an allen Fronten vorrückt … Du weißt, dass ich den Ausschuss immer verteidigt habe, ihn immer als notwendig angesehen …«
»Ja. Hör auf, dich zu entschuldigen. Du hast eine Wahl gewonnen, nicht ein Verbrechen begangen.«
»Und es gibt Gruppierungen – soll ich Hébert anführen, soll ich Jacques Roux anführen? –, die gegen eine starke Regierung in Frankreich sind. Sie machen sich die natürlichen Unzufriedenheiten des kleinen Mannes auf der Straße zunutze, sie missbrauchen sie als Vorwand, um Zwietracht zu säen. Sie fordern Maßnahmen, die nur ultra-radikal genannt werden können, Maßnahmen, die anständigen Menschen abstoßend und bedrohlich vorkommen müssen. Sie bringen die Revolution in Misskredit. Sie führen sie ad absurdum. Deshalb nenne ich sie Handlanger des Feindes.« Wieder hob er die Hand ans Gesicht. »Wenn nur Danton«, sagte er, »nicht grundsätzlich alles auf die leichte Schulter nähme.«
»Ja, er misst dem Ausschuss offensichtlich nicht so viel Bedeutung bei wie du.«
»Solange nur klar ist«, sagte Robespierre, »dass ich nicht nach dem Amt gestrebt habe. Bürger Gasparin ist krank geworden, es wurde mir aufgedrängt. Ich hoffe bloß, dass jetzt niemand anfängt, vom Robespierre-Ausschuss zu sprechen. Ich werde nur einer unter vielen sein …«
Ein bester Freund aus dem Ausschuss ausgeschieden. Der andere beste Freund neu hineingewählt. Camille ist es gewohnt,
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