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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Sagen? Hébert. Wir alten Cordeliers sollten zusammenhalten.«
    Eine Zeitlang schwiegen sie. Wir alten Cordeliers … Vier Jahre ist es nun her, dass die Bastille fiel, vier Jahre und drei Monate. Es fühlt sich an wie zwanzig. Danton sitzt da, fett und mit dauergefurchter Stirn, und in seinen inneren Organen braut sich weiß Gott welches Unheil zusammen. Robespierres Asthma hat sich verschlimmert, und sein Haaransatz wandert unübersehbar nach hinten. Héraults Teint ist nicht so frisch, wie er einmal war, und das Doppelkinn, das Lucile seinerzeit schon moniert hat, verheißt nichts Gutes für die kommenden Jahre. Fabre leidet unter Atembeschwerden, und was Camille angeht, so plagen ihn seine Kopfschmerzen immer stärker, und er hat weniger Fleisch auf den zarten Knochen denn je. Jetzt schaut er zu Danton hoch: »Georges-Jacques, kennst du einen Mann, der Comte heißt? Sag mir nur Ja oder Nein.«
    »Ja. Er war für mich in der Normandie als Agent der Regierung tätig. Wieso?«
    »Weil er hier in Paris aufgetaucht ist und gewisse Vorwürfe erhoben hat. Angeblich machst du gemeinsame Sache mit Brissot, um den Herzog von York auf unseren Thron zu heben.«
    »Den Herzog von York? Mein Gott«, sagte Danton bitter. »Ich hätte gedacht, nur Robespierre könnte etwas so durch und durch Bizarres zusammenspintisieren wie den Herzog von York.«
    »Robespierre war zutiefst verstört.«
    Danton hob ganz langsam den Kopf. »Er glaubt dieses Zeug?«
    »Nein, natürlich nicht. Er hat gesagt, es sei ein Komplott, um einen Patrioten in Verruf zu bringen. Aber wir können froh sein, dass Hérault noch mit im Ausschuss sitzt. Er hat Comte festnehmen lassen, bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte. Das war der Grund, warum der Polizeiausschuss David zu dir geschickt hat. Eine reine Formalität.«
    »Ach so. ›Morgen, Danton, sind Sie ein Verräter?‹ ›Ganz entschieden nicht, David – und jetzt ab mit Ihnen zu Ihrer Palette.‹ ›Mach ich, bin grad mitten in einem Schinken.‹ Diese Art Formalität? Für Robespierre ist das natürlich Wasser auf seine Mühlen, stimmt’s? Es bestärkt ihn in seinem Glauben an die weltumspannende Verschwörung.«
    »Ja. Wir denken, dass Comte ein britischer Agent ist. Denn, so sagen wir uns … wir bieten unsere ganze Fantasie auf, um uns vorstellen zu können, dass es wahr ist, und da fragen wir uns natürlich, wie kann diese Null Comte, dieser Lakai, dieses Würstchen, Einblick in Dantons Pläne haben? So denken wir, Robespierre und ich.«
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Camille«, sagte Louise warnend. »Warum fragen Sie ihn nicht auf den Kopf zu, ob irgendwas daran ist?«
    »Weil es absurd ist.« Camille riss der Geduldsfaden. »Weil ich noch andere Loyalitäten habe, und wenn es stimmt, dann ist er ein toter Mann.«
    Louise wich einen Schritt zurück. Ihre Hand fuhr an ihre Kehle. Camille sah ihren Zwiespalt; sein Tod war Schreckensbild und Hoffnung zugleich für sie.
    »Beachte ihn gar nicht, Louise«, sagte Danton. »Geh und sieh zu, dass alles gepackt wird.« In seiner Stimme schlug wieder die Müdigkeit durch. »Du musst lernen zu unterscheiden – die Geschichte ist vollkommen lächerlich. Es ist, wie Robespierre sagt. Reine Verleumdung.«
    Sie zögerte. »Wir fahren trotzdem nach Arcis?«
    »Natürlich. Ich habe uns ja schon angekündigt.«
    Sie ging aus dem Zimmer.
    »Ich muss fahren«, sagte Danton. »Ich muss wieder völlig gesund werden. Sonst ist alles andere zwecklos.«
    »Ja, natürlich musst du fahren.« Camille wandte den Blick ab. »Schon, damit du den großen Prozessen aus dem Weg gehst.«
    »Komm her.« Danton streckte die Hand nach ihm aus. Camille tat so, als sähe er sie nicht. »Ich bin die Menschen so über. Warum kommst du nicht mit, eine kleine Luftveränderung?« Ich habe ihn verloren, dachte er, ihn verloren an Robespierre und diese ewige Kälte, die ihn umgibt.
    »Ich schreibe dir«, sagte Camille. Er trat zu ihm, streifte Dantons Backenknochen mit den Lippen. Es schien das Mindeste, was er tun konnte.
    Es war spät, als sie in Arcis ankamen, und es wurde schon kühl. Er spürte es, sobald seine Füße den Boden berührten: Die Sonne verlor an Kraft, der Boden gab seine letzte Sommerwärme ab. Er streckte den Arm nach Louise aus. »Hier«, sagte er. »Hier bin ich geboren.«
    Sie zog ihren Reiseumhang enger um sich und sah staunend auf das Herrenhaus und die milchige Dunkelheit, die vom Fluss herankroch. »Nein, nicht da«, sagte er, »nicht in diesem

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