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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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in seinen Stuhl zurücksinken. »Und wenn in einem Monat«, sagte er, »Chabot zu euch kommt und von einer Verschwörung anfängt, dann werdet ihr euch hoffentlich daran erinnern, wer euch diese Namen als Erster genannt hat.«
    »Sie«, sagte Robespierre, »werden ihn selbst befragen.«
    Fabre schluckte. »Bürger«, sagte er, »es tut mir sehr leid, das Werkzeug Ihrer Desillusionierung gewesen zu sein. Sie haben sicher viele dieser Leute für aufrechte Patrioten gehalten.«
    »Ich?« Mit einem freudlosen kleinen Lächeln blickte Robespierre auf. »Ich habe die Namen dieser Ausländer bereits in meinen Aufzeichnungen stehen. Jedermann kann sie dort lesen. Dass sie korrupt und gefährlich sind, weiß ich schon lange, aber jetzt sprechen Sie von systematischer Verschwörung, von Geldern, die Pitt auszahlt – meinen Sie, ich hätte das nicht begriffen, klarer als irgendjemand sonst? Die wirtschaftliche Sabotage, die extremistischen Forderungen, die sie bei den Jakobinern und den Cordeliers vertreten, die blasphemischen, intoleranten Ausfälle gegen den christlichen Glauben, die das brave Volk verschrecken und gegen die neue Ordnung einnehmen – meinen Sie, ich hätte nicht längst den Verdacht, dass das alles zusammenhängt?«
    »Doch«, sagte Fabre. »Doch, ich hätte mir natürlich denken müssen, dass Sie den Zusammenhang selbst sehen würden. Werden Sie Festnahmen anordnen?«
    »Ich glaube nicht.« Der Blick, mit dem Robespierre sich am Tisch umsah, lud nicht zu Widerspruch ein. »Da wir nun über ihre Schachzüge vollständig im Bilde sind, können wir ruhig zulassen, dass sie noch eine Woche oder zwei ihre Kräfte verausgaben.« Wieder sah er sich um. »Auf diese Weise werden wir ihre sämtlichen Komplizen entdecken. Wir werden die Revolution ein für alle Mal säubern. Haben Sie genug gehört?« Ein, zwei Männer nickten, ihre Gesichter verwirrt, angespannt. »Ich noch nicht, aber wir wollen Ihre Zeit nicht noch länger in Anspruch nehmen.« Er stand auf, schob mit den Fingerspitzen seine Papiere zusammen. »Kommen Sie«, forderte er Fabre auf.
    »Kommen?«, wiederholte Fabre begriffsstutzig.
    Robespierre zeigte mit dem Kopf in Richtung Tür. Fabre stand auf und folgte ihm. Er fühlte sich schwach und zittrig. Robespierre führte ihn in einen kleinen, kargen Raum nicht unähnlich dem, in dem sie während der Krawalle neulich beratschlagt hatten.
    »Arbeiten Sie oft hier drin?«
    »Je nachdem. Ich habe es gern, wenn ich mich irgendwohin zurückziehen kann. Sie können ruhig Platz nehmen, es ist nicht schmutzig.«
    Vor Fabres innerem Auge erschien ein Heer von Schlossern, Fensterputzern und besenschwingenden alten Weiblein, die die Dachböden und Keller öffentlicher Gebäude schrubbten, um saubere Verstecke für Robespierre zu schaffen. »Lassen Sie die Tür offen«, sagte Robespierre, »dann kann keiner daran lauschen.« Er warf seine Aufzeichnungen auf den Tisch – die Geste ist nicht von ihm, dachte Fabre, die hat er von Camille. »Sie wirken nervös«, bemerkte Robespierre.
    »Was – ich meine, was möchten Sie denn noch von mir hören?«
    »Was immer Sie mir erzählen wollen«, sagte Robespierre zuvorkommend. »Wir könnten noch ein paar kleinere Details klären. Die echten Namen der Brüder Frei zum Beispiel.«
    »Emmanuel Dobruska. Siegmund Gottleb.«
    »Es wundert mich nicht, dass sie sie geändert haben. Sie etwa?«
    »Warum haben Sie mich das nicht vor den anderen gefragt?«
    Robespierre überging es. »Dieser Proli, Héraults Sekretär, der bei den Jakobinern verkehrt. Manche Leute behaupten, er sei der uneheliche Sohn des österreichischen Staatskanzlers Kaunitz. Stimmt das?«
    »Ja. Jedenfalls ist es gut möglich.«
    »Mit Hérault ist das etwas Seltsames. Er ist als Aristokrat zur Welt gekommen und wird doch nie von Hébert attackiert.« Hérault, denkt Fabre, und seine Gedanken wandern wie so oft dieser Tage zurück zum Café du Foy. Er hatte aus seinem jüngsten Werk gelesen ( Augusta im Théâtre des Italiens lief nicht mehr so recht), und herein kam, in einen schwarzen Anwaltsanzug gezwängt, dieser riesige, grobschlächtige Junge, der sich zehn Jahre zuvor auf der Straße von ihm hatte zeichnen lassen. Der Junge hatte sich ein vornehmes Näseln zugelegt, und er hatte über Hérault geredet – »er sieht blendend aus, er ist weit gereist, alle Damen am Königshof stellen ihm nach« –, und neben ihm hatte dieser mädchenhafte, großäugige Egoist gestanden, der sich als der außereheliche

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