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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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willst.«
    »Dann hast du nichts dagegen, dass deine Frau dich anbetet?«
    »Das hängt davon ab, habe ich mir sagen lassen, ob man das Gewicht ihrer Erwartungen schultern kann oder nicht. Man sollte sich bei einer Frau nie in eine Situation bringen, in der man immerzu recht haben muss – habe ich mir sagen lassen.«
    »Wer sagt dir so etwas?«
    »Camille natürlich.«
    Das Kind schrie. Sie machte sich los. Dieser Tag, dieses kleine Gespräch sollte ihm noch auf Jahre hinaus immer wieder in den Sinn kommen: das Weinen des Säuglings, ihre milchtriefenden Brüste, die süße Harmlosigkeit, die dem Ganzen anhaftete. Und der Duft nach Möbelpolitur und Farbe und neuen Teppichen, ein Stapel Rechnungen auf der Kommode, Sommer in den frisch belaubten Bäumen vor dem Fenster.
    Preisinflation 1785–1789
Weizen  
Roggen  
Fleisch  
Feuerholz  
66 %
71 %
67 %
91 %
    Stanislas Fréron war Journalist und ein alter Schulfreund von Camille. Er wohnte um die Ecke und gab eine Literaturzeitschrift heraus. Er machte spitzzüngige Scherze und legte zu viel Wert auf seine Kleidung, aber Gabrielle ertrug ihn tapfer, weil er der Patensohn einer Hoheit war.
    »Und das ist dann wohl Ihr Salon, Mme d’Anton?« Er ließ sich in einen ihrer neuen tiefroten Armsessel fallen. »Nein, machen Sie nicht so ein Gesicht. Warum sollte die Frau eines königlichen Rates keinen Salon haben?«
    »Es passt nicht zu mir.«
    »Ah, ich verstehe, das Problem sind Sie, ja? Ich dachte, vielleicht wären wir das Problem. Vielleicht betrachten Sie uns als zweite Wahl.« Sie lächelte höflich. »Gut, einige von uns sind natürlich zweite Wahl. Und Fabre beispielsweise ist dritte Wahl.« Fréron beugte sich vor und legte die Finger zu einem Spitzdach aneinander. »All diese Männer«, sagte er, »die wir in unserer Jugend bewundert haben, sind inzwischen tot oder vergreist oder haben sich ins Privatleben zurückgezogen, mit einer Rente, die ihnen der Hof zuerkannt hat, um die Glut ihres Zorns niederzuhalten – wobei ich befürchte, dass der Zorn ohnehin nur ein geheuchelter war. Erinnern Sie sich doch an die Aufregung, als M. Beauharnais seine Stücke aufführen wollte und unser fetter, des Lesens kaum mächtiger König sie höchstpersönlich verbot, weil sie nach seiner Ansicht die staatliche Ordnung gefährdeten – der beste Beweis, dass es M. Beauharnais’ eigentlicher Ehrgeiz war, die opulenteste Stadtvilla in ganz Paris zu besitzen, und jetzt baut er sie sich, in Sichtweite der Bastille und in Riechweite einiger der verlottertsten Armensiedlungen der Stadt. Andererseits – aber nein, ich könnte unbegrenzt fortfahren. Die Ideen, die vor zwanzig Jahren als umstürzlerisch galten, sind heute ganz selbstverständlich in aller Munde – aber im Winter erfrieren die Leute immer noch auf den Straßen, sie verhungern immer noch. Während wir für unseren Teil uns nur dann gegen die herrschende Ordnung auflehnen, wenn wir es nicht schaffen, ihre schmutzige Erfolgsleiter zu erklimmen. Wenn etwa Fabre morgen in die Akademie gewählt würde, schlüge sein Revoluzzertum über Nacht in lammfromme, wohlgemute Angepasstheit um.«
    »Hübsche kleine Rede, Karnickel«, sagte d’Anton.
    »Ich wünschte, Camille würde mich nicht so nennen«, sagte Fréron in würdevoller Verzweiflung. »Jetzt heiße ich bei allen so.«
    D’Anton lächelte. »Erzähl weiter«, sagte er. »Über diese Leute.«
    »Von mir aus … Kennt ihr Brissot? Er ist jetzt in Amerika, ich glaube, Camille hat einen Brief von ihm bekommen. Er berät alle bei ihren Problemen. Er ist ein großer Theoretiker vor dem Herrn, ein großer Politphilosoph, auch wenn er kaum ein Hemd auf dem Leib hat. Und alle diese professionellen Amerikaner, professionellen Iren, professionellen Genfer – all die Exilregierungen, all die Schreiberlinge und gescheiterten Anwälte – alle diese Leute, die in geheucheltem Hass gegen das schwelgen, was sie am meisten begehren …«
    »Du kannst es dir leisten, so zu reden. Deine Familie ist privilegiert, deine Zeitschrift würde nie zensiert werden. Du darfst dir den Luxus einer radikalen Einstellung gönnen.«
    »Du verunglimpfst mich, d’Anton.«
    »Du verunglimpfst deine Freunde.«
    Fréron streckte seine Beine aus. »Ende der Debatte«, sagte er. Er runzelte die Stirn. »Wie kommt er nur auf Karnickel?«
    »Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.«
    Fréron wandte sich wieder an Gabrielle. »Trotzdem, Mme d’Anton, meines Erachtens haben Sie alles, was es zu

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