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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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will zur Beerdigung meines Vaters. – Aborrne Ananas hammse, norr? Oder wollnse das beschdreiden? – Ich habe eine Ananas, weil es bei Ihnen diese Frucht nicht gibt, rufe ich, sie ist für die Familie meines Bruders gedacht. – Aborr wär sachd uns, daß Ihre Ananas ooch würklisch zum Verzähr beschdimmd is? Se müssen uns schon zubillschen, daßmorr die von Ihnen eingeführde Ware nisch so ohne weideres bassiern lassen gönnen. – Isch sahche es Ihnen, isch, Pernhart Werrschoh, sächsele ich, um ihnen zu zeigen, wie blöd sie sind, da sahchen, äh, da sagen die, wennse nude Schdaadsmacht nachäffen wolln, dann wird de Schdaadsmacht sich annnersch mit Ihnen beschäftschen, ganz annersch, Herr Werrrschoh. – Wie denn? – Nu, schraupense erschtmal den Bodn von Ihrm Gofferraum uff. Wer weeß, obs nich ä dobbelder is. – Ja Kruzitürken, ruf ich, machen Sie’s doch alleine, ich nicht, ich nicht. Das war natürlich falsch, falsch war das. Die haben in aller Seelenruhe das Auto auseinandergenommen. Ich mußte so an mich halten. Ich bin fast verrückt geworden. Punkt zehn durft ich endlich weiterfahren, Punkt zehn. Und ich hetz hier rein und werd dafür von dir angeschaut wie ein Verbrecher, Willy. Die Verbrecher stehen da, an eurer Mauer, das sag ich dir!«
    »Verbrecher?« tönte es vom anderen Ende des Tisches.
    Bernhard holte Luft und beugte sich an Willy vorbei, um den Rufer in Augenschein zu nehmen, da griff Willy ihm schnell an den Arm und sagte leise, »ist gut, Bernhard, ist gut, gutgutgut«. Und Bernhard stieß, zischend wie eine Fahrradpumpe, die Luft wieder aus.
    »Iß erstmal was«, sagte Willy versöhnlich, »du wirst hungrig sein. Danach erzähle ich dir, wie’s auf dem Friedhof gewesen ist.« Er winkte der Kellnerin, fragte, ob man denn, bitteschön, noch einen Braten kriegen könnte für einen Nachzügler, er schubste Bernhard leicht mit der Schulter, für meinen Bruder hier. Die Kellnerin verzog den Mund, als läge das in ihren Genen, besann sich aber eines Besseren und antwortete: sehr wohl.
    *
    Und dann beging Willy einen unverzeihlichen Fehler. Jedenfalls sagte er sich das in der folgenden Nacht, in der er keinen Schlaf finden sollte, dabei ist’s mit manchen Geschehnissen nicht anders als mit den großen Strömen auf der Welt, sie suchen sich sowieso ihre Durchflüsse, da hindert sie niemand dran.
    Willy, das war der Lapsus, dessen er sich zieh, führte seinen Bruder zu dem Stuhl gegenüber Herbert Rabe, denn das war der einzig noch freie. Wie dumm … ich hätte den Stuhl holen und neben meinen stellen sollen … aber da war doch kein Platz mehr … dann hätte Bernhard eben die Arme ein wenig anlegen müssen während des Essens, es wäre schon gegangen …
    Bernhard stopfte den Braten mit Heißhunger in sich hinein und mit Genuß, dies war der Geschmack seiner Kindheit, er spürte ihn auf der Zunge, spürte, wie er sich ausbreitete in Kehle, Magen und Därmen, Bernhard entspannte sich langsam und war nun auch soweit, sich umzuschauen: Dort schräg vorn saßen seine Neffen Erik und Matti, die hatte er das letzte Mal vor vier oder fünf Jahren gesehen. Wie groß sie geworden waren! Wie neugierig sie zu ihm herübersahen! Beugte sich, den Jungs gegenüber, nicht auch seine kleine, seine ehemals kleine Nichte Britta vor, um ihn in ihr Blickfeld zu kriegen? Jawohl, das mußte Britta sein.
    Und dieses dünne Männlein hier gleich neben ihm, war das nicht Achim Felgentreu? Bernhard grinste ihn mit vollem Mund an, das heißt, seine Augen lachten, Achim bemerkte es an den Fältchen, die sich über Bernhards Schläfen zogen.
    »Na, lange nicht gesehn«, sagte der Dünne.
    »Kawuusong«, antwortete der Kauende.
    Achim interpretierte es als Bestätigung, etwa der Art: Das kannst du wohl sagen. »Wo hast du deinen Sohn gelassen«, fragte er unvermittelt, mit der ewigen Direktheit derer, die mal zusammen Pferde gestohlen haben, »Willy sagt, du hättest einen Sohn?«
    Bernhard winkte ab: »Ich hab ihn nicht drängen wollen.« Er spießte die Semmelbrösel, die er sich wie früher bis zum Ende aufgehoben hatte, auf die Gabel.
    »Also wollte er nicht?«
    »Was anderes war ihm wichtiger«, sagte Bernhard nebulös. Und durchaus selbstanklagend, ein ganz neuer Ton bei ihm, fügte er hinzu: »Er hätte heute hierher gehört, Scherereien hin oder her. Dann hätte er endlich mal seine Cousins und seine Cousine kennenlernen können, und seinen Onkel, und seine Tante.«
    Achim schwieg, und auch Bernhard brütete

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