Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt

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hoffe, du verstehst nicht mehr nur Bahnhof …«
    »Ja, so langsam verstehe ich ein bißchen was – glaube ich. Aber wenn ich ehrlich bin, traue ich dem Frieden noch nicht ganz. Unwiederbringlich, sagst du?«
    »Unwiederbringlich.«
    »Das heißt, du wirst ihr den Roman, wenn er fertig ist, auch nicht zu lesen geben?«
    »Wie sollte ich denn? Sie ist nicht mehr hier …«
    »Aber was soll dann damit geschehen? Was willst du mit dem Manuskript anfangen?«
    »Keine Ahnung. Ich schreibe ja jetzt ganz für mich allein.«
    »Vielleicht kann man es veröffentlichen – wenn es gut ist. Aber ja! Stell dir nur vor: Ich präsentiere meine Übung, und du präsentierst dein Buch. Und die Premierenfeiern, die legen wir zusammen, wie wäre das?«
    Matti lachte. »Wenn es gut ist … ich habe keinen blassen Schimmer, ob es gut ist, was ich da gerade fabriziere.«
    »Es wird gut, das wird es, du wirst schon sehen! Wir werden feiern wie die Wilden! Im nächsten Jahr! Ich glaube an dich – obwohl du mir gerade mal ein Löffelchen von deiner Geschichte zu kosten gegeben hast und ich eigentlich gar nichts über sie sagen kann. Trotzdem glaube ich an dich!«
    »Ein Löffelchen?« entgegnete Matti ironisch, wie um zu kaschieren, daß er ihr Szenario für nicht ganz realistisch hielt. »Das war ja wohl schon eine Schöpfkelle!«
    »Nur ein Löffelchen!« beharrte Britta.
    »Eine Schöpfkelle!«
    »Löffelchen!«
    »Schöpfkelle!«
    *
    Die neu beladene »Barby« befand sich gerade im gottverlassenen Winkel hinter Havelberg, als ein Kajütboot direkt auf sie zuhielt. Matti hupte, aber der Bootsführer vor ihm änderte seinen Kurs nicht. Matti hupte abermals, wieder erfolglos. Ohne weitere Verzögerung riß er das Steuerrad nach rechts, und langsam, unendlich langsam schwenkte der Bug in Richtung Ufer. Gerade noch rechtzeitig! Sie schrammten knapp an dem Kajütboot, das wie herrenlos dahintrieb, vorbei, hatten nun aber ein neues Problem: Die »Barby« drängte auf einmal viel zu nahe ans Ufer heran. Matti, mit seinen Augen noch das kleine Boot verfolgend, hörte die Gefahr, bevor er sie sah – die Schiffsschraube klang auf einmal höher und heller, zum Bersten laut, ganz so, als würde im Leerlauf Gas gegeben. Gleichzeitig spürte er, daß der Kahn sich kaum noch vorwärts bewegte, sondern immer mehr zur Seite, aufs Land zu. Er war noch nie in einer solchen Situation gewesen, wußte aber von seiner Ausbildung wenigstens theoretisch über sie Bescheid: Die Schraube, repetierte er blitzschnell, will weiter Wasser ansaugen, aber wenn es am Rande eines Kanals oder Flusses nicht mehr genug Wasser gibt, saugt sich das Schiff, mit dem Heck zuerst, wie ein riesiger Propfen ans Ufer.
    Unter ihnen rumpelte es. Sie fuhren schon über Klamotten. Sollte er den Motor ausschalten? Dann würden sie wohl endgültig auf Grund laufen; nein, sofort Drehzahl hoch, und los und durch! Es knackte und knirschte, längst stand Peter Schott weit vornübergebeugt an der Reling und starrte auf das aufgewühlte Wasser, unter ihm schliff und pfiff es, eine gewaltige mißgestimmte Orgel, die vom Flußgrund ihre Töne nach oben warf, die »Barby« ruckte und zuckte – und dann gab es einen Stoß, als werde sie über einen Abhang gekippt, und sie war frei.
    Matti fuhr sich mit beiden Händen langsam übers Gesicht und behielt sie dann am Hals, so stand er im Steuerhaus. Peter Schott stürmte herein und klopfte ihm auf die Schulter: »Hammwa nochma Glück jehabt!«
    »Oder auch nicht«, erwiderte Matti. Er neigte ein wenig den Kopf, hielt sein Ohr zu den Motorgeräuschen hin, fragte Peter Schott: »Hörst du was?«
    »Nö, kloppert wie immer.«
    »Wir müssen trotzdem nachsehen, ob unten irgendwas kaputt ist, sicher ist sicher.«
    Sie nutzten die erstbeste Gelegenheit zum Halten, machten an morschen, teilweise schon bemoosten Bohlen fest, die dabei bedenklich zu wackeln begannen. Erstaunlich, daß an dieser Stelle überhaupt welche in den Grund gerammt worden waren; am Ufer deutete nämlich nichts auf menschliches Leben hin. Annähernd mannshoch stand das blaßgrüne Gras. Unverschnittene Ulmen streckten ihre langen dünnen Äste wie Antennen nach oben. Hinter ihnen, getrennt durch eine schmale, parallel zum Fluß verlaufene Wiese, erhob sich ein Mischwald, und über der Wiese und dem Wald flatterten Wildenten.
    Die Männer hatten, für genau solche Situationen, eine Taucherausrüstung dabei. Peter Schott zwängte sich in sie. Er war schon in voller Montur, als er noch