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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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von so hoch oben gesprungen ist, muß sie schrecklich zugerichtet sein.«
    Willy nickte.
    »Können wir sie trotzdem sehen?«
    »Das wäre möglich. Aber man hat uns unbedingt davon abgeraten. Wir würden sie nicht mehr wiedererkennen.«
    Britta begann abermals zu weinen, diesmal auf eine lautlose und stete Art.
    Die Männer einigten sich dann mit Brittas wortlosem Einverständnis, die Leiche ungesehen in Berlin verbrennen zu lassen. In Gerberstedt würde demzufolge ein Urnenbegräbnis durchgeführt werden. Schnell waren sie sich auch darüber einig, daß dieses Begräbnis im allerkleinsten Kreise stattfinden sollte. Einzig und allein Marieluise Wehle und Achim Felgentreu wollte man einladen.
    *
    Am Abend vor der Zeremonie klingelte aber auf einmal Achim und erklärte Willy an der Tür, eigenmächtig noch jemanden dazugebeten zu haben.
    Eigenmächtig, wiederholte Willy; wer das sei?
    Das sei jemand, den man keinesfalls ausschließen solle, jemand, der Ruth auch sehr nahegestanden habe, aber er, Achim, wolle nicht viele Worte verlieren, der Jemand sei nämlich schon hier. Achim machte eine Winkbewegung nach hinten, und aus der Dunkelheit trat Bernhard hervor.
    »Ich lasse euch dann mal allein«, murmelte Achim, und gleich war er wieder weg.
    Und da standen sich also die alten Brüder gegenüber. Keiner sagte einen Ton, und keiner bewegte sich, Willy, weil er zu verblüfft war, Bernhard, weil er Willy Zeit lassen wollte, sich zu fassen.
    Schließlich fragte Bernhard: »Willst du mich reinlassen?«
    Willy nickte ruckartig und trat schnell zur Seite. Ging dann aber doch selber voran, weil Bernhard ja eine Tasche dabeihatte und es sonst eng geworden wäre im Türrahmen.
    Im Wohnzimmer saßen die Geschwister, denen sagte er, mit dem Arm auf seinen Bruder weisend: »Das ist Bernhard.«
    Die drei sprangen überrascht auf, aber sie mußten auch lächeln über Willys Worte. »Wir kennen doch noch Bernhard«, sagte Erik.
    »Ja«, sagte Willy, »ich wollte auch nur sagen, daß Bernhard da ist.«
    Bernhard umarmte die Geschwister und drückte ihnen seine Anteilnahme mit den Worten aus, »das ist so traurig, daß eure Mutter tot ist«, aber da nun sie von ihm bedacht worden waren, offenbarte sich erst recht, daß er noch nichts zu Willy gesagt hatte. Willy stand auch so, als erwarte er endlich eine Beileidsbekundung. Bernhard trat auf ihn zu, nur schien ihm nichts einzufallen, oder das, was ihm einfiel, war ihm zu salbungsvoll. Er biß sich auf die Lippen und murmelte, »eine schöne Scheiße ist das mit der Ruth«, und weil er so was nun schon gemurmelt hatte, winkelte er seinen Arm an und hielt die Hand vor die Brust, auf daß Willy einschlage. Willy schlug jedoch nicht ein, jedenfalls nicht richtig, eher war das ein Hineinlegen der Hand. Dann griff Willy zu, immer kräftiger, und Bernhard tat das auch, es sah aus, als veranstalteten sie einen Wettkampf im Armdrücken, dabei wollten sie einander bloß spüren.
    Die Kinder, die von der langen Funkstille zwischen den Brüdern natürlich gewußt hatten, schickten sich an, das Wohnzimmer zu verlassen. Sie sagten, sie würden ein bißchen was kochen, Bernhard sei bestimmt hungrig.
    Bernhard erwiderte aber, sie brauchten nichts zu kochen, sie brauchten nur was in den Ofen zu schieben, das er mitgebracht habe, Leberkäs, dazu gebe es Brezn und Kartoffelsalat; was richtig Bayerisches gell. Es befände sich in der Tasche gleich oben, sie sollten es einfach rausnehmen.
    Lag nicht allen auf der Zunge, ihn zu fragen, ob er damit die Grenze anstandslos habe passieren können? Doch alle schwiegen, bis auf Britta, die lächelte und aufs unverfänglichste sagte: »Also keine Ananas diesmal.«
    »Keine Ananas«, lächelte Bernhard zurück, er wußte, er sollte sich jetzt Willy zuwenden, er schaute, sein Lächeln beibehaltend, zu dem. Willy winkte demonstrativ genervt ab, das war alles, was sie über jene unselige Episode sagten, über ihren Zwist. Freilich schlugen sie, als die Kinder das Zimmer verlassen hatten, erst einmal die Augen nieder. Mochte ihr langes Schweigen nun auch beendet sein, es hatte doch Fremdheit hinterlassen und sogar Skepsis. Man war sich des anderen gar nicht mehr sicher.
    Dann fragte Bernhard, woran Ruth gestorben sei, und Willy fragte überrascht zurück, ob Achim ihm das nicht schon erzählt habe. Bernhard schüttelte den Kopf.
    In knappen Worten klärte Willy ihn auf. Bernhard stöhnte und fragte, warum sie das getan habe, da berichtete Willy von Ruths Schändung und

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