Brüllbeton - Kriminalroman
Nach dieser kurzen Unterbrechung fuhr Mirja fort. »Wenn man die Listen miteinander vergleicht, bekommt man den Eindruck, dass sich Nadjas Tätigkeit mit den Aktivitäten unserer Firma deckt.«
»Wissen Sie eigentlich, wie Ihre Schwester ums Leben gekommen ist?«
»Nein. Aber ich fürchte, Sie werden mir schreckliche Dinge erzählen, die ich gar nicht hören möchte.«
»Ich verstehe. Die Einzelheiten möchte ich Ihnen ersparen. Nur soviel: Sie ist an einer Ãberdosis Dopingmittel im Magen verstorben, und ihre Leiche wurde von fremden Personen auf die Autobahnbaustelle der Hoch und Tief Müller GmbH gebracht und unter der Kiesdecke vergraben. Offenbar wollte man ihren Tod vertuschen. Für uns steht auÃerdem fest, dass Nadja ein Drogenkurier war. Nach dem, was Sie mir da eben gesagt haben, wird es unsere Aufgabe sein, nachzuforschen, ob Ihre Firma, genauer gesagt Ihr Chef darin verwickelt war.«
Kroll wandte sich Kevin zu. »Ich möchte Sie nicht verletzen, junger Mann. Aber trauen Sie das Ihrem Vater zu?«
Kevins Antwort lieà nicht lang auf sich warten. »Wissen Sie, Herr Hauptkommissar, Mirja und ich haben uns diese Frage inzwischen auch gestellt. Wie ich schon sagte. Er kann sehr herrisch sein und auch falsch und rücksichtslos. Auch meiner Stiefmutter gegenüber. Ich weiÃ, dass er sie mit anderen Frauen betrügt, wo er nur kann. Das hat mich immer sehr verletzt, denn ich mag Amelie sehr.«
Die Kellnerin brachte ihm ein neues Glas Cola. Er nippte gedankenverloren an dem Getränk, dann stellte er es vor sich hin. Kroll lieà ihn gewähren. Nach einer Zeit fuhr Kevin fort: »Und da ist noch etwas, was ihn für mich schon immer unheimlich gemacht hat. Er hat so ein merkwürdiges Verhältnis zur Musik. Bei Salsa und Popmusik kann er sehr ausgelassen und fröhlich sein. Auch meinen Umgang mit Punk- und Rockmusik toleriert er. Für Klassik interessiert er sich nicht besonders, allenfalls für Mozart. Wenn meine Mutter Mozart spielt, ist er immer ganz hingerissen. Aber als sie eines Tages irgendein Stück von Franz Liszt auflegte, rastete er wie aus heiterem Himmel total aus und trat den CD-Player so brutal in die Ecke, dass der seinen Geist aufgab.«
Kevin griff erneut sein Glas und hielt es in der Hand. »Ich kenne mich da nicht aus, aber ich fürchte, mein Vater hat irgendwie einen Knacks weg. Er ist dann überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen. Wenn man ihn so erlebt, könnte man leicht auf die Idee kommen, es gäbe irgendeine dunkle Seite in seinem Leben.«
Der junge Mann trank die Cola fast in einem Zug aus. »Um auf Ihre Frage zurückzukommen. Ja, ich traue ihm durchaus zu, Böses zu tun. Aber als Drogenboss kann ich ihn mir nur schlecht vorstellen.«
Die drei schwiegen für eine Weile. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Nach einer Weile winkte Kroll der Bedienung ein Zeichen zu, dass er zahlen wollte.
»Ãbrigens, Mirja, was ich Sie noch fragen wollte. Haben sich eigentlich die Unterlagen zu diesem fraglichen Bauabschnitt, wo man die Tote vergraben hat, wieder gefunden?«
»Nein. Es scheint so, als sei der Vorgang Z 23 aus der Geschichte unserer Firma ausgelöscht worden. Für mich ist das völlig unerklärlich. Ich kann nach alldem, was ich über die Firma weiÃ, den Eindruck nicht loswerden, dass mein Chef das bewusst so inszeniert hat, auch wenn er sich mir gegenüber ziemlich aufgespielt hat, als wäre ich schuld an dem Verschwinden der Unterlagen.«
Der Hauptkommissar wartete mit seiner Antwort ab, bis die Kellnerin abkassiert hatte, und steckte Mirjas Unterlagen ein. Dann sagte er: »Ehrlich gesagt, auch ich bin Ihrer Meinung. Mein nächster Schritt wird sein, die Spur nach Landau zu verfolgen.«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, können wir uns dort treffen. Es wäre mir eine Genugtuung, Ihnen dabei helfen zu können. Der Vorgang Z 23 mag zwar für die Firma offiziell ausgelöscht sein, mein Andenken an meine Schwester jedoch nicht. Ãbrigens habe ich gestern meinen Chef um baldigen Urlaub gebeten, um Abstand von all seinen Vorwürfen zu bekommen. Da käme mir eine Reise in die Pfalz ganz recht.«
Sie standen auf, und Mirja hakte sich bei Kevin unter. »Du wirst hier inzwischen die Stellung halten.«
Kroll gab Mirja seine Visitenkarte und konnte nicht umhin, ihr beim Verabschieden kurz den Arm um die Schulter zu
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